Überlebenskampf im Vakuum
An der Grenze zum Absurden: Die Ausstellung „Genius Loci“zeigt junge Kunst aus der Akademie in der Galerie Setareh an der Hohe Straße.
DÜSSELDORF „Genius Loci“heißt eine Ausstellungsreihe der Setareh-X-Galerie, die dem Nachwuchs gewidmet ist. Die Wünschelrute des Kurators Felix Fischer traf auf vielversprechende Jungkünstler aus Düsseldorf. Sie erstaunen durch ihre technische Perfektion. Zugleich führen sie ihre Werke bis zur Grenze des Absurden.
An den Wandpfeiler hängt Moritz Riesenbeck eine alte Rettungsmatratze aus Bundeswehrbeständen.
Es ist keine schwimmende Insel für das Vergnügen am Strand, sondern ein Schlauchboot im Überlebenskampf. Wird ein Verletzter in solch eine Bahre gelegt und festgeschnallt, saugt eine Pumpe die Luft aus der Gummimatratze. So können Sanitäter den Verletzten abtransportieren.
Riesenbeck evakuierte jedoch kein Unfallopfer, sondern legte sich selbst in die Transportunterlage und schaltete die Vakuumpumpe ein. Während sich die Folie mit dem Schaumstoff um ihn schmiegte, drückte sich sein Körper ab. Als er ausstieg, hinterließ er seinen Körperabdruck als Negativform. Er bleibt so lange bestehen, wie die Luft nicht wieder hineingelassen wird. Dem Studenten geht es wie seinem Lehrer Gregor Schneider um den menschlichen Körper im Raum, der dort ein mulmiges Gefühl hinterlässt. Riesenbecks Skulptur handelt vom Künstler, der im Werk anwesend und abwesend zugleich ist. Was bleibt, ist der von ihm verlassene Raum.
Emil Walde (Klasse Hörnschemeyer) benutzt gleichfalls ein Fundobjekt,
einen großen Wassertank, den er aufschneidet, perforiert, mit Luken und Klappen versieht und dem er Atmungslöcher beifügt. Über eine Öffnung könnte sich ein schlanker Mensch, der sich ganz klein macht, im Inneren auf ein pinkfarbenes Kunstfell legen und über einen Sprecheinlass mit dem Betrachter kommunizieren. Das Objekt ist doppeldeutig, ist Rettungskapsel, Reliquienschrein, Peepshow und Spielbox. Auch hier ist es ein ans Absurde grenzendes Szenarium, eine selbst gefertigte Gefängniszelle,
in der es um das Verhältnis von Innenraum und Körperlichkeit geht.
Steffen Jopp (Klasse Schneider) erzeugt im Zeitalter der Covid-Maske ein großes, futuristisches Spiegelschild, das so ausschaut, als wolle es Ungeheuer abwehren. Er ließ ein Edelstahlblech mechanisch polieren, rundete es über einem Bock ab und knickte es prismatisch mithilfe eines Plasmaschneiders, sodass die Oberfläche an das Auge einer Kobra erinnert. Das Ergebnis wirkt wie ein indigenes Gesicht oder ein verspiegelter Brustpanzer.
Wo die Flamme das Blech berührte, hat sich das Blech regenbogenartig verfärbt. Wer das Objekt allerdings berührt, wird von den scharfen Kanten geschnitten.
Weitere Mitstreiter sind Emma Lökke mit farblich durchscheinenden Monotypien auf Gaze und Theresa Weber mit Silikonreliefs.
Info „Genius Loci“, Hohe Straße 53, bis 31. Juli; donnerstags und freitags, 12– 18 Uhr, samstags 11–16 Uhr. Im August ist die Ausstellung auf Anfrage geöffnet. Mehr unter www.setareh-x.com.