Der Tierschutzhof nimmt seine Arbeit auf
Auf dem Gelände leben Ponys, Hühner und 35 Katzen. Nach und nach bekommen sie Besuch von Kindergruppen und Schulkassen.
HELLERHOF In der Wirtschaft würde man das, was der Düsseldorfer Tierschutzverein im Augenblick auf dem Gelände der Alten Schäferei in Hellerhof macht, wohl als Soft Start bezeichnen. Bedingt durch die Pandemie und verschiedene Verzögerungen bei der Einrichtung des Geländes hat die offizielle Eröffnung des neuen Tierschutzhofes noch nicht stattgefunden – trotzdem gibt es bereits ein kleines Ferienprogramm, und auch erste Schülergruppen konnten im Rahmen von AGs das Gelände erkunden und die Tiere kennenlernen.
Die ehemalige Besitzerin hat den Hof an den Tierschutzverein verschenkt, seither wird dort renoviert und saniert. 2018 wurde auf der historischen Anlage, die direkt an der Frankfurter Straße liegt, Richtfest gefeiert. Seither hat sich viel verändert – und Projektleiterin Natascha Karvang ist stolz, wenn sie heute über das Gelände geht, auf dem Hühner, Ziegen, Schafe, drei Ponys und 35 Katzen ein Zuhause gefunden haben. „Die Anlage soll in erster Linie dazu dienen, Tiere artgerecht unterzubringen“, erklärt Karvang.
Die Katzen etwa stammen aus dem Düsseldorfer Tierheim, gelten aber als nicht vermittelbar –
Natascha Karvang Umweltpädagogin und Projektleiterin
und können deswegen in Hellerhof ihr eigenes, selbstbestimmtes Leben führen, in dem Menschen nur zum Füttern oder Säubern in Erscheinung treten. Manche der Tiere sind durch diese Lebensweise so aufgetaut, dass sie ihr Verhalten grundlegend geändert haben, freundlicher geworden sind – und inzwischen tatsächlich adoptiert wurden. Für die Katzen gibt es ein Außengelände, auf dem die Schafe und Ziegen in regelmäßigen Abständen das Gras kurz weiden. Auch ein altes Zirkuspferd durfte hier seinen Lebensabend verbringen. „Ticky“wird die Eröffnung jedoch nicht mehr erleben: Im Winter war das Pferd gestürzt, hatte sich die Hüfte gebrochen und musste im hohen Alter von 33 Jahren eingeschläfert werden.
Neu hinzugekommen sind inzwischen ein Hahn und eine Gruppe Hühner, die teils von privaten Haltern nicht mehr gewollt, teils aus industriellen Betrieben gerettet wurden. Noch leben sie in einer eigens gebauten Voliere, nach einer Eingewöhnungszeit von fünf Wochen
dürfen sie den Hof erkunden. „Wir wollen sie mit einem Klicker trainieren und ihnen ein paar Kunststücke beibringen“, sagt Natascha Karvang. „Auf diese Weise lernen die Kinder dann, dass am Klischee vom dummen Federvieh nichts dran ist.“
Die Kinder, die hier im Rahmen des pädagogischen Programms „TiNa (Tier- und Naturschutz) macht Schule“des Düsseldorfer Tierschutzvereins arbeiten werden, können Umwelt und Natur sowohl theoretisch als auch praktisch erfahren. Dazu gibt es zwei Klassenräume – auch für die Erwachsenenbildung geeignet, hier soll es unter anderem Fortbildungen zum Umweltpädagogen geben.
Ein Höhepunkt befindet sich im Keller. Hier hat der Tierschutzverein mit dem Zoll zusammengearbeitet: In Koffern sind Souvenirs aus verschiedenen Ländern versteckt, vollkommen harmlose wie eine Kokosnuss und ein Rindsleder-Portemonnaie, aber auch verbotene wie eine Kette mit einer Bärenkralle und eine Handtasche aus Pythonhaut. „Die Stücke sind Originale, die vom Zoll beschlagnahmt wurden. Die Kinder können sie untersuchen und lernen, warum es beispielsweise nicht okay ist, Korallen oder Teile von geschützten Tieren als Andenken mitzubringen“, erklärt Karvang.
Mittelpunkt auf dem Hellerhofer Tierschutzhof ist aber die praktische Arbeit, der Kontakt mit Tier und Natur, der für viele Kinder eine seltene Gelegenheit ist. Im Naturteich, den Karvang und ihr Team in Zusammenarbeit mit dem Aquazoo angelegt haben, summt und quakt es inzwischen. „Wir haben keine Tiere in den Teich gesetzt, sondern lediglich die Umweltbedingungen geschaffen. Frösche und Kröten, Libellen und Wasserkäfer sind von selbst gekommen“, sagt die Umweltpädagogin. Die Kinder können am Teich die Entwicklung vom Ei über die Kaulquappe zum Frosch mitverfolgen.
Auf der anderen Seite der Anlage stehen momentan die Ähren hoch, dazwischen blühen Korn- und Mohnblumen. „Dafür mussten wir die Sträucher, die hier gewuchert sind, mit dem Bagger entfernen, das war ein ganz schönes Stück Arbeit“, erzählt Karvang. Auf der Wildwiese gibt es einen Sandplatz für erdlebende Bienen und ein Insektenhotel, das gerade von den ersten Gästen bezogen wird. Eine Firma hat zudem einen Projekttag auf dem Tierschutzhof verbracht und aus alten Europaletten Hochbeete gebaut. In diesen wächst nun Spinat und anderes Gemüse. „Auch hier sollen die Kinder die Entwicklung beobachten, vom Samen bis zur fertigen Frucht, und somit hoffentlich lernen, Lebensmittel wertzuschätzen“, sagt Karvang.
Zukünftig sollen viele Düsseldorfer Schulkassen die Gelegenheit bekommen, hier zu arbeiten und zu erleben. Bis es richtig losgehen kann, wird es aber noch etwas dauern. „Der Präsenzunterricht läuft ja gerade wieder an, noch sind solche Projekte für die meisten Lehrer keine Option“, sagt Karvang. Sie hofft, im Spätsommer zu einer Eröffnungsfeier auf den Tierschutzhof einladen zu können.
„Die Anlage soll in erster Linie dazu dienen, Tiere artgerecht unterzubringen“