Rheinische Post Hilden

Der Tierschutz­hof nimmt seine Arbeit auf

Auf dem Gelände leben Ponys, Hühner und 35 Katzen. Nach und nach bekommen sie Besuch von Kindergrup­pen und Schulkasse­n.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

HELLERHOF In der Wirtschaft würde man das, was der Düsseldorf­er Tierschutz­verein im Augenblick auf dem Gelände der Alten Schäferei in Hellerhof macht, wohl als Soft Start bezeichnen. Bedingt durch die Pandemie und verschiede­ne Verzögerun­gen bei der Einrichtun­g des Geländes hat die offizielle Eröffnung des neuen Tierschutz­hofes noch nicht stattgefun­den – trotzdem gibt es bereits ein kleines Ferienprog­ramm, und auch erste Schülergru­ppen konnten im Rahmen von AGs das Gelände erkunden und die Tiere kennenlern­en.

Die ehemalige Besitzerin hat den Hof an den Tierschutz­verein verschenkt, seither wird dort renoviert und saniert. 2018 wurde auf der historisch­en Anlage, die direkt an der Frankfurte­r Straße liegt, Richtfest gefeiert. Seither hat sich viel verändert – und Projektlei­terin Natascha Karvang ist stolz, wenn sie heute über das Gelände geht, auf dem Hühner, Ziegen, Schafe, drei Ponys und 35 Katzen ein Zuhause gefunden haben. „Die Anlage soll in erster Linie dazu dienen, Tiere artgerecht unterzubri­ngen“, erklärt Karvang.

Die Katzen etwa stammen aus dem Düsseldorf­er Tierheim, gelten aber als nicht vermittelb­ar –

Natascha Karvang Umweltpäda­gogin und Projektlei­terin

und können deswegen in Hellerhof ihr eigenes, selbstbest­immtes Leben führen, in dem Menschen nur zum Füttern oder Säubern in Erscheinun­g treten. Manche der Tiere sind durch diese Lebensweis­e so aufgetaut, dass sie ihr Verhalten grundlegen­d geändert haben, freundlich­er geworden sind – und inzwischen tatsächlic­h adoptiert wurden. Für die Katzen gibt es ein Außengelän­de, auf dem die Schafe und Ziegen in regelmäßig­en Abständen das Gras kurz weiden. Auch ein altes Zirkuspfer­d durfte hier seinen Lebensaben­d verbringen. „Ticky“wird die Eröffnung jedoch nicht mehr erleben: Im Winter war das Pferd gestürzt, hatte sich die Hüfte gebrochen und musste im hohen Alter von 33 Jahren eingeschlä­fert werden.

Neu hinzugekom­men sind inzwischen ein Hahn und eine Gruppe Hühner, die teils von privaten Haltern nicht mehr gewollt, teils aus industriel­len Betrieben gerettet wurden. Noch leben sie in einer eigens gebauten Voliere, nach einer Eingewöhnu­ngszeit von fünf Wochen

dürfen sie den Hof erkunden. „Wir wollen sie mit einem Klicker trainieren und ihnen ein paar Kunststück­e beibringen“, sagt Natascha Karvang. „Auf diese Weise lernen die Kinder dann, dass am Klischee vom dummen Federvieh nichts dran ist.“

Die Kinder, die hier im Rahmen des pädagogisc­hen Programms „TiNa (Tier- und Naturschut­z) macht Schule“des Düsseldorf­er Tierschutz­vereins arbeiten werden, können Umwelt und Natur sowohl theoretisc­h als auch praktisch erfahren. Dazu gibt es zwei Klassenräu­me – auch für die Erwachsene­nbildung geeignet, hier soll es unter anderem Fortbildun­gen zum Umweltpäda­gogen geben.

Ein Höhepunkt befindet sich im Keller. Hier hat der Tierschutz­verein mit dem Zoll zusammenge­arbeitet: In Koffern sind Souvenirs aus verschiede­nen Ländern versteckt, vollkommen harmlose wie eine Kokosnuss und ein Rindsleder-Portemonna­ie, aber auch verbotene wie eine Kette mit einer Bärenkrall­e und eine Handtasche aus Pythonhaut. „Die Stücke sind Originale, die vom Zoll beschlagna­hmt wurden. Die Kinder können sie untersuche­n und lernen, warum es beispielsw­eise nicht okay ist, Korallen oder Teile von geschützte­n Tieren als Andenken mitzubring­en“, erklärt Karvang.

Mittelpunk­t auf dem Hellerhofe­r Tierschutz­hof ist aber die praktische Arbeit, der Kontakt mit Tier und Natur, der für viele Kinder eine seltene Gelegenhei­t ist. Im Naturteich, den Karvang und ihr Team in Zusammenar­beit mit dem Aquazoo angelegt haben, summt und quakt es inzwischen. „Wir haben keine Tiere in den Teich gesetzt, sondern lediglich die Umweltbedi­ngungen geschaffen. Frösche und Kröten, Libellen und Wasserkäfe­r sind von selbst gekommen“, sagt die Umweltpäda­gogin. Die Kinder können am Teich die Entwicklun­g vom Ei über die Kaulquappe zum Frosch mitverfolg­en.

Auf der anderen Seite der Anlage stehen momentan die Ähren hoch, dazwischen blühen Korn- und Mohnblumen. „Dafür mussten wir die Sträucher, die hier gewuchert sind, mit dem Bagger entfernen, das war ein ganz schönes Stück Arbeit“, erzählt Karvang. Auf der Wildwiese gibt es einen Sandplatz für erdlebende Bienen und ein Insektenho­tel, das gerade von den ersten Gästen bezogen wird. Eine Firma hat zudem einen Projekttag auf dem Tierschutz­hof verbracht und aus alten Europalett­en Hochbeete gebaut. In diesen wächst nun Spinat und anderes Gemüse. „Auch hier sollen die Kinder die Entwicklun­g beobachten, vom Samen bis zur fertigen Frucht, und somit hoffentlic­h lernen, Lebensmitt­el wertzuschä­tzen“, sagt Karvang.

Zukünftig sollen viele Düsseldorf­er Schulkasse­n die Gelegenhei­t bekommen, hier zu arbeiten und zu erleben. Bis es richtig losgehen kann, wird es aber noch etwas dauern. „Der Präsenzunt­erricht läuft ja gerade wieder an, noch sind solche Projekte für die meisten Lehrer keine Option“, sagt Karvang. Sie hofft, im Spätsommer zu einer Eröffnungs­feier auf den Tierschutz­hof einladen zu können.

„Die Anlage soll in erster Linie dazu dienen, Tiere artgerecht unterzubri­ngen“

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FOTOS (5): DOMINIK SCHNEIDER Projektlei­terin Natascha Karvang arbeitet seit Jahren daran, aus der Alten Schäferei ein Heim für gerettete Tiere und einen Lernort für Düsseldorf­s Schüler zu machen.
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35 Katzen, die nicht vermittelb­ar sind, leben mit minimalem Menschenko­ntakt im Katzenhaus. Sie sind oft sehr scheu.
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Für die pädagogisc­he Arbeit gibt es eine Kooperatio­n mit dem Zoll. Die Kinder lernen mit beschlagna­hmten Objekten – etwa einer Bärenkrall­e.
 ??  ?? Im Teich hinter dem Hof haben sich Frösche und Libellen angesiedel­t. Die Kinder können sie in ihrer natürliche­n Umgebung beobachten.
Im Teich hinter dem Hof haben sich Frösche und Libellen angesiedel­t. Die Kinder können sie in ihrer natürliche­n Umgebung beobachten.
 ??  ?? Hahn Torben und seine Hennen gewöhnen sich noch in einer Voliere an ihr neues Zuhause. Bald geht es auf den Hof.
Hahn Torben und seine Hennen gewöhnen sich noch in einer Voliere an ihr neues Zuhause. Bald geht es auf den Hof.

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