„Fortuna weckt Interesse. Und das ist auch gut so“
Der Düsseldorfer Trainer erzählt, wie zufrieden er mit der Vorbereitung ist und auf welcher Position er noch Bedarf sieht.
Herr Preußer, wann halten Sie es für angemessen, dass man Ihre Arbeit erstmals ernsthaft beurteilt und Ihnen ein Zwischenzeugnis ausstellt? PREUSSER Eigentlich erst am 34. Spieltag. Ich denke aber, dass man nach acht Ligaspielen ein erstes Fazit ziehen kann. Dann haben wir auch eine Richtung in der Tabelle drin. Lassen Sie uns also gern nach dem achten Spieltag nochmal reden.
Sind Sie sicher, dass Sie nach acht Spieltagen noch Lust auf ein Gespräch mit uns haben?
PREUSSER (lacht) Ich bin da jetzt einfach mal optimistisch. Die Verabredung steht, Sie melden sich.
Sind Sie und die Mannschaft schon auf einer Wellenlänge?
PREUSSER Es wird Phasen geben, die gut sind und Phasen geben, die schlecht sind. Das wird über die ganze Saison gehen. Aber die Vorbereitung haben wir gut hinter uns gebracht. Man sieht, welche Sachen wir aktiv angeschoben haben. Und das wollen wir natürlich auch schon am Sonntag gegen Sandhausen sehen. Wir wollen gut starten.
Hat Sie denn irgendetwas an Fortuna überrascht, was Sie vorher nicht erwartet hätten? Sowohl in positiver als auch negativer Hinsicht? PREUSSER Weder noch. Klar, man bereitet sich im Vorfeld auf die Aufgabe vor. Aber es ist ja dann anders, wenn man wirklich hier ist. Es ist einfach etwas anderes die Spieler, die man vorher nur im auf Video gesehen hat, dann live auf dem Platz zu sehen. Woran ich mich noch gewöhnen muss, ist die mediale Bewertung.
Falls Sie mal schwanken: Unsere Bewertung ist natürlich immer die Richtige!
PREUSSER (lacht) Gut zu wissen. Aber im Ernst: Man muss sich schon dran gewöhnen, dass Dinge, die ich im Training oder im Spiel mache, anschließend auch detailliert bewertet werden. Das meine ich auch gar nicht negativ, mir ist vollkommen bewusst, dass das dazu gehört. Fortuna weckt Interesse. Und das ist auch gut so.
Was erwarten Sie denn von den kommenden Wochen?
PREUSSER Wir haben uns natürlich die Spiele der kommenden Gegner angeschaut und können die jeweiligen Mannschaft inhaltlich einschätzen. Bei Oldenburg ist das ein bisschen schwieriger, weil die seit eineinhalb Jahren kein Pflichtspiel mehr absolviert haben. Das wird ein bisschen tricky, aber ich will da auch nicht zu devot rüberkommen: Wir wollen da schon gewinnen. Eine
Sache ist mir dabei ganz wichtig.
Welche?
PREUSSER Dass Sandhausen die gleiche Aufmerksamkeit von uns bekommt wie Werder Bremen. Ich verstehe natürlich, dass das Spiel gegen Bremen durch die Bekanntheit des Vereins mehr mediale Aufmerksamkeit erfährt. Aber wir müssen uns bewusstmachen, dass es in beiden Spielen die gleiche Punktzahl zu vergeben gibt.
Schade, dass wir hier kein Phrasenschwein haben.
PREUSSER (lacht) Das ist eine Floskel, ich weiß. Aber ich will damit klarmachen, dass mir das Spiel gegen Bremen nicht mehr wert ist als das Spiel gegen Sandhausen. Wenn wir es hinbekommen, dass unser Emotionslevel in beiden Spielen gleich ist, auch wenn gegen Bremen viel mehr Zuschauer
im Stadion sein werden, dann haben wir schon viel gewonnen. Das Bewusstsein der Spieler dahingehend zu schärfen, ist eine große Aufgabe.
Wir nehmen Sie als sehr detailversessen war. Besteht die Gefahr, dass Sie die Spieler überfordern? PREUSSER Wir müssen schon das umsetzen, was wir im Kopf haben. Aber natürlich holen wir uns auch Rückmeldungen der Spieler ein. Aber man beobachtet im Training auch viel. Ich achte schon sehr darauf, dass ich solche Dinge dann auch sehe und im Falle dessen auch geplante Sachen noch einmal ändere.
Matthias Zimmermann sprach davon, dass ihm der Kopf raucht. Was machen Sie denn mit den Jungs? PREUSSER Leider kann ich Sie ja nicht zur Videoanalyse mitnehmen, damit
Sie das beurteilen können.
Doch können Sie.
PREUSSER (lacht) Guter Punkt - das hätten Sie natürlich gern. Aber ich kann es Ihnen ja verraten: Ich fordere schon sehr viel und bin kritisch mit uns.
Sie sind sehr akribisch im Training. Versuchen Sie den Spieler zu vermitteln, wie wichtig Training ist? PREUSSER Selbst, wenn ein Spieler gute Leistungen im Spiel bringt und auch die Ergebnisse stimmen, kann es trotzdem sein, dass wir mal wechseln, weil ein anderer Spieler drei Wochen lang überragend trainiert hat. Ich werde immer die Leistung im Training belohnen. Das heißt auch, dass ich das Bewusstsein der Spieler dahingehend schärfe: Du bekommst nicht die Chance, wenn ein anderer Spieler schlecht spielt, sondern du bekommst eine Chance, wenn du im Training zeigst, dass du dir verdient hast zu spielen.
Sie sind bei Fortuna mit dem Ziel angetreten, junge Spieler weiterzuentwickeln und sie im Team zu integrieren. Wieso haben Sie Daniel Bunk und David Savic, die einen sehr guten Eindruck in der Vorbereitung hinterlassen haben, dann kurz vor dem Saisonstart in den Urlaub geschickt.
PREUSSER Weil Sie einfach eine Pause brauchten. Die Jungs haben den ganzen Sommer komplett durchtrainiert. Und es gibt da auch ganz persönliche Dinge: Die wollen auch nochmal mit Mama und Papa in den Urlaub fahren. Das ist bei einem 16-Jährigen schon noch ein wenig anders als bei einem 25-Jährigen.
Aber wir lehnen und mal weit aus dem Fenster und behaupten, dass die beiden ihren Eltern einen Korb gegeben hätten, wenn sie die Chance bekommen hätten, in Sandhausen ihr Pflichtspieldebüt für Fortuna zu feiern.
PREUSSER Uns war diese Verschnaufpause für die Jungs wichtiger als eine kurzfristige Kadernominierung für Sandhausen. Ich möchte aber gleichzeitig betonen, dass sie einen guten ersten Eindruck hinterlassen haben. Wir sind gerade dabei, zusammen mit dem NLZ ein Modell zu finden, wie wir alles mit Training und Schule unter einen Nenner zu bekommen. Das sind die tollen Herausforderungen, die ein 16-Jähriger neben dem Fußball auch noch hat. In einem Fach ist man gut, in einem eher nicht so. Wir müssen eine gute Mischung dafür finden, dass sie irgendwann für uns eine Kaderoption sind, gleichzeitig aber auch die Schule nicht vernachlässigen und einfach ein 16-jähriger Junge sein dürfen.
Apropos Schule: Haben Sie als Fußballlehrer alle Ihre Schüler lieb? PREUSSER Da kann ich ja jetzt schlecht Ja oder Nein sagen (lacht). Ich beschäftige mich mit allen. Ich möchte das Beste aus jedem Spieler rausholen. Aber klar ist auch, dass ich Entscheidungen treffen muss. Ich kann nur elf Spieler aufstellen. Das gehört dann auch dazu.
Anderes Thema: Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Transferperiode?
PREUSSER Ich bin mit den Jungs, die wir neu dazugeholt haben, sehr zufrieden. Wir haben uns sehr detailliert mit ihnen beschäftigt. Dragos Nedelcu bringt eine richtige Spielaufbau-Komponente mit. Wir wollen flexibler auftreten können. Ich bin zufrieden mit dem Kader. So können wir in die Liga starten. Klar ist aber auch: Wir schauen noch nach einem Innenverteidiger.
Haben Sie sich schon Videos von Luka Krajnc angesehen?
PREUSSER Natürlich. Luka ist auch Inhalt eines der Videos gewesen. Ein Linksfuß in der Innenverteidigung fehlt uns noch. Aber wir beschäftigen uns nicht nur mit ihm, sondern auch noch mit anderen Kandidaten.
Also würde Krajnc schon sehr gut passen?
PREUSSER Ein Innenverteidiger, mit den Komponenten, die er mitbringt, würde gut passen.
Werden Sie mit Dawid Kownacki durch die Saison gehen?
PREUSSER Ein ganz klares Ja! Er ist in einer sehr guten Verfassung zu uns gestoßen. Natürlich muss er jetzt noch das aufholen, was er bislang verpasst hat. Aber er ist ein sehr guter Spieler. Und wir wollen eine gute Saison mit ihm spielen.
Bleibt der Kader so zusammen oder kann es auch sein, dass ein Spieler noch verliehen wird?
PREUSSER Das kann ich nicht ausschließen. Die Transferperiode ist noch sehr lang. Ich muss den Jungs die Tendenz mitgeben, wie viel Spielzeit für sie realistisch ist. Junge Spieler müssen einfach spielen.
Reden Sie mit Ihren Spielern auch über gesellschaftliche Themen, die über den Fußball hinausgehen? PREUSSER Natürlich gibt es Themen, über die man reden sollte. Mir ist sehr wichtig, dass die Jungs niemals vergessen, dass es allen sehr, sehr gut geht. Wir reden untereinander schon darüber, was man machen kann, um den Menschen, denen es vielleicht nicht so gut geht, auch etwas zurückzugeben. Das kann man auch machen, ohne dass es öffentlich wird. Wir können anderen helfen.