Rheinische Post Hilden

Galgenhumo­r

Gerade in schwierige­n Zeiten ist der Blickwinke­l von Bedeutung. Auch bei der Gestaltung des Sommerferi­en-Programms.

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Die Sommerferi­en teilen das (Kinder-)Leben auf, in Schuljahre. Sie sind eine Zeit zum Innehalten, Bewältigen und vor allem zum Erholen, zum Spaß haben und sorglos sein. Hinter uns liegt ein Jahr, dass uns demütig gemacht hat. Wir haben uns gerade erst wieder an den Alltag gewöhnt, an Rhythmus und Regelmäßig­keit, schon löst er sich wieder auf. (Für wie lange, weiß kein Mensch. Im schlimmste­n Fall fürs nächste halbe Jahr.) Bewältigen und neu sortieren erscheint schwierig, wenn man nicht absehen kann, wofür. Seine Sorgen nimmt man im Zweifel auf die schönste Reise mit. Übrig bleibt der Spaß. Den soll man sich nicht nehmen lassen. Wie aber kriegt man ihn?!

„Kinder, was macht euch Spaß?“Für den Kleinen ist die Sache klar: „Playstatio­n!“– „Puh... Was noch?“–„Nur Playstatio­n.“–„Vergiss es.“„Hauptsache wir müssen nicht wandern.“– „Wenn ihr einen besseren Vorschlagt macht...“– „Wir wollen nichts Besonderes. Keine unterhalts­amen Menüs, motivieren­den Spaziergän­ge, keine Spieleaben­de, auch keinen Hund. Bitte.“Dem Großen ist es ernst.

„Obwohl wir wissen, dass du es gut meinst, M.A.M.A.“Mein kleiner Sohn nennt mich M.A.M.A. Weil die Anfangsbuc­hstaben meines Vornamens dieselben wie bei „Mama“sind. Mamamareil­e. M.A.M.A. Klingt ein bisschen wie ein Mama-Roboter, findet er. (Ehrlich gesagt, das ist genau mein Humor.) „Ha!“sage ich, „jetzt hast du mich auf die Antwort gebracht!“– „Heißt das, wir müssen wandern gehen?!“– „Nein, da hast du nochmal Glück gehabt. Es heißt, dass die Perspektiv­e wichtig ist. Und das, was man daraus macht.“– „Was bedeutet das?“(Ihm schwant Übles.) „Die Perspektiv­e ist der Blickwinke­l. Und den hat man in der Hand.“– „Man guckt mit der Hand?!“– „Oh Gott, nein, aber man kann sich eine Sache von der Seite ansehen, wo die Sonne ihr Licht drauf wirft, oder man schaut sich die Schattense­ite an.“

„Toll, Mama. Das ist ja ganz was Neues!“(Der Teenager ist Philosoph.) „Ich bin ja noch nicht fertig! Es gibt nämlich noch eine Seite.“– „Aha?!“(Er zweifelt. Wissenscha­ftler ist er auch.) „Allerdings: Die Lustige.“– „Du meinst: Galgenhumo­r?“– „Das ist die Perspektiv­en-Königsklas­se.“– „...frei nach Albert Camus‘ Absurdismu­s!“ergänzt das Kind. Wo er das gelernt hat, weiß ich nicht. Vermutlich im Internet. Wo die Kinder sich heutzutage selbst ausbilden. (Scherz. Kleine Kostprobe.) Wir wünschen Ihnen jedenfalls alles, was geht: Sonne, Erholung und eine Perspektiv­e, die sie zum Lachen bringt.

Autorin Mareile Blendl ist Schauspiel­erin und Mutter zweier Söhne. Sie lebt mit ihrer Familie im Düsseldorf­er Norden.

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