„Ratsmitglieder betreiben einen hohen Zeitaufwand“
Der CDU-Politiker erklärt in der Debatte um freies Parken für Ratsmitglieder bei Sitzungen, warum eine Verbotskultur falsch ist.
DÜSSELDORF Für die Umweltorganisation BUND ist es scheinheilig, wenn der Stadtrat den Klimanotstand ausruft, „aber bei den kleinsten Lösungsansätzen kneifen will“– zum Beispiel zuletzt, als die Politiker einen Antrag ablehnten, während der Sitzungen nicht mehr frei parken zu können. Ratsherr Stefan Wiedon (CDU) erklärt als begeisterter Radfahrer in der Diskussion, warum nicht jeder, der kein Rheinbahn-Ticket hat und lieber mit dem Auto kommen möchte, ein Klimaleugner ist. Die Fragen stellte Hendrik Gaasterland.
Herr Wiedon, warum haben Sie gegen den Antrag gestimmt, obwohl Sie selbst doch fast jede Strecke in der Stadt mit dem Fahrrad erledigen?
STEFAN WIEDON Weil ich für mich persönlich entschieden habe, innerhalb Düsseldorfs, wann immer es möglich ist, das E-Bike zu benutzen. Aber mir widerstrebt es, dass meine persönliche Entscheidung anderen quasi aufgezwungen wird. Dies entspricht nicht meiner Geisteshaltung.
Hat der Rat nicht eine Chance verpasst, ein klares und einfaches Signal für den Klimaschutz zu setzen? WIEDON Der Rat stellt unter der neuen Kooperation von Schwarz-Grün 60 Millionen Euro für den Klimaschutz pro Jahr bereit. Das halte ich für ein sehr starkes Signal. Die Ratsmitglieder betreiben einen hohen zeitlichen Aufwand in einem Ehrenamt. Sitzungen beginnen um 14 Uhr. Ich arbeite als abhängig Beschäftigter in Duisburg und bin meinem Arbeitgeber für seine tolerante Haltung sehr dankbar. Aber ich bin dann auch auf das Auto angewiesen, um nicht noch früher meinen Arbeitsplatz verlassen zu müssen. Und leider ist die Fahrtzeit mit dem ÖPNV doppelt, mit dem E-Bike dreimal so lange. Ich habe manchmal das Gefühl, die, die alle ihre Lebensmittelpunkte in einem Fünf-Kilometer-Radius um das Rathaus haben, halten das für den Normalfall, was er aber nicht.
Die Grünen als Ihr Kooperationspartner zeigten durchaus Sympathien für die Idee, haben sich bei dem Antrag enthalten. Für Sie nachvollziehbar?
WIEDON Die Grünen haben aus ihrer Grundsatzhaltung heraus für alles Sympathien, was den Verkehr auf die Schiene oder/und das Fahrrad verlagert. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Sie fanden aber auch diesen Ansatz nicht so zielführend, dass sie sich enthalten haben. Eben weil es auch um die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und ehrenamtlicher Ratsarbeit geht. Aber wenn wir an den Punkt kommen, wo Ratsmitgliedern die freie Entscheidung abgesprochen wird, wie sie zu einer Sitzung kommen sollen, finde ich den Punkt erreicht, wo man ein klares Stoppschild zeigen muss. Und die Begründung, es diene einem höheren Ziel, halte ich für sehr gefährlich. Sich höheren Zielen unterordnen zu müssen, hat in der Menschheitsgeschichte selten dazu geführt, dass es toleranter und aufgeschlossener zuging. Die globale Erwärmung ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Die bewältigen wir aber nicht, indem wir Menschen verbieten, zu fliegen oder mit dem Auto zu fahren. Die innovative Kraft zur Verbesserung und Veränderung entfaltet man nicht in einer Verbotskultur.