Amtsgericht Mettmann hilft dem Landgericht
Schäden auf der Wuppertaler „Gerichtsinsel“sind noch nicht absehbar. Prozesse müssen ausweichen.
METTMANN/WUPPERTAL Eigentlich hätte der Prozess gegen einen Tunesier, der seine Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung in Erkrath mehrfach vergewaltigt haben soll, in dieser Woche mit zwei Verhandlungstagen am Wuppertaler Landgericht fortgesetzt werden sollen. Verhandelt wird stattdessen am Amtsgericht in Velbert – und das nur in einem kurzen „Sprungtermin“, um die Fristen wahren zu können.
Nach der Hochwasserkatastrophe in Wuppertal ist der Sitzungsbetrieb an der dortigen „Gerichtsinsel“noch immer ausgesetzt. Es waren dramatische Stunden in der Nacht zum Donnerstag: Nur wenige Meter liegen zwischen dem Gerichtsgebäude und dem Ufer der Wupper, die binnen Minuten zum reißenden Strom wurde. Das Wasser drückte sich durch das Gemäuer, die beiden Untergeschosse liefen voll. Die zum Abpumpen angerückte Feuerwehr musste Stunden später wegen der sich bedrohlich zuspitzenden Lage selbst evakuiert werden. „Wir wussten nicht, wie hoch das Wasser noch steigt“, spricht Landgerichtspräsidentin Dr. Annette Lehmberg über die Katastrophe, deren Ausmaß zurzeit überhaupt noch nicht absehbar ist.
An der Wuppertaler Gerichtsinsel läuft derzeit nichts mehr: Das Gebäude ist geschlossen, auch die Mitarbeiter können nicht arbeiten. Nicht nur, weil sich die aus Brandschutzgründen ummantelten Stromkabel voller Wasser gesaugt haben. Sondern auch, weil ohne Strom die Brandmeldeanlage nicht funktioniert. Immer wieder müssen Besucher abgewiesen werden – teilweise stoße das auf Unverständnis, so Landgerichtspräsidentin Dr. Annette Lehmberg. Vor allem auch deshalb, weil dem Gebäude die Katastrophe von außen nicht anzusehen sei.
„Noch bis zum Freitagabend wurden 8000 Liter Wasser in der Minute abgepumpt“, berichtet Gerichtssprecher Dr. Matthias Roth vom Einsatz der Feuerwehr. Der sei anfangs auch deshalb schwierig gewesen, weil das abgepumpte Wasser ins Gebäude zurückgelaufen sei. „Der Wasserpegel der Wupper war zu hoch“, so Roth. Wäre der Fluss über die Ufer getreten, wären die Schäden wohl noch bei weitem höher gewesen. „Dann hätten wir das Grundbucharchiv wohl nicht retten können“, so Lehmberg. Und nicht nur das: Auch einige der Gerichtssäle sind im Sockelgeschoss untergebracht, auch die wären dann wohl vollgelaufen.
So sind es vor allem die Nachlass-Akten, die nun aufwändig von einer Fachfirma abgeholt und getrocknet werden müssen. Im Serverraum stand das Wasser zentimeterhoch - wegen des Stromausfalls ist noch nicht klar, wie hoch die Schäden an der EDV sind. Die Verbindung zum Rechenzentrum in Münster ist unterbrochen, dort werden die Daten zentral gespeichert. Auch telefonisch ist das Gericht seit Donnerstag nicht zu erreichen, die Mitarbeiter müssen sich über private Handynummern vernetzen. Noch ist nicht klar, wann der Gerichtsbetrieb am Wuppertaler Eiland wieder aufgenommen werden kann.
Derweil springen die zum Gerichtsbezirk gehörigen Amtsgerichte in Mettmann, Velbert, Remscheid und Solingen helfend ein. „Wir sind gebeten worden, freie Saalkapazitäten mitzuteilen“, so Markus Zweigle, Sprecher am Mettmanner Amtsgericht.