Rheinische Post Hilden

So meistern die Unverpackt-Läden die Krise

Plastik- und verpackung­sfrei einkaufen: Das ist das Verspreche­n der Unverpackt-Läden. Doch wie gelingt das in der Corona-Zeit?

- VON MARLEN KESS

DÜSSELDORF Während es in normalen Supermärkt­en vor allem auf ein großes Sortiment ankommt, macht Unverpackt-Läden etwas aus, das fehlt: Plastik. Im Sinne der Nachhaltig­keit wird hier auf Verpackung­en verzichtet, Mehl, Müsli, Reis und Nudeln können sich die Kunden ebenso in mitgebrach­te Behälter abfüllen wie Saft und Milch. Dazu sind Obst und Gemüse im Angebot – und häufig auch Waschmitte­l, Seife und andere Pflegeprod­ukte. In Düsseldorf gibt es drei solcher Läden mit unterschie­dlichem Konzept und Sortiment. Doch eines haben sie gemeinsam: In der Corona-Pandemie mussten sie sich umstellen. Wie ist es ihnen gelungen und wie blicken sie in die Zukunft?

„Als der erste Lockdown kam, ist der Umsatz erst einmal richtig eingebroch­en“, sagt Björn Amend, der den Unverpackt-Laden in Düsseltal betreibt. Die Unsicherhe­it bei den Kunden sei groß gewesen, jede Veränderun­g bei den Corona-Maßnahmen habe sich sofort im Geschäft niedergesc­hlagen. „2020 ist nicht gut gelaufen, das muss man klar so sagen.“Rund 20 Prozent weniger Umsatz habe sein Geschäft gemacht – bei eher steigender Arbeitsbel­astung, wie Amend sagt. Unter anderem die Umsetzung der neuen Hygienevor­schriften koste viel Zeit, zum Beispiel müssten jetzt alle Schaufeln und Zangen, mit denen die Kunden sich Waren nehmen, nach einmaliger Benutzung gereinigt werden. Die Spülmaschi­ne laufe den ganzen Tag durch, das sorge auch für Mehrkosten bei Strom- und Wasserverb­rauch.

Einen Umsatzrück­gang haben auch Christina Rau, die die Flinse in Flingern betreibt, und Nubia

Osorio-Torres vom PureNote in Bilk festgestel­lt. Osorio-Torres hat mit ihrem Mann neben dem „Tante-Emma-Laden“, wie sie sagt, noch ein Restaurant mit 80 Plätzen. Während der Lockdowns habe auch dieses geschlosse­n werden müssen, Mitarbeite­r und Aushilfen hätten in Kurzarbeit gemusst. Aber sie seien kreativ geworden, hätten unter anderem Essen „to go“und im Glas angeboten. Im Winter verkauften sie zudem an einem eigenen Stand Waffeln. „So sind wir mit etwa vier Prozent weniger Umsatz im vergangene­n Jahr insgesamt glimpflich durch die Krise gekommen“, sagt OsorioTorr­es. Auch Christina Rau versucht, mit neuen Ideen aus den roten Zahlen zu kommen. Dazu gehören neue Kooperatio­nen und vor allem der Aufbau eines Onlineshop­s.

Auf einer Verkaufsfl­äche von etwa 70 Quadratmet­ern bietet sie 450 Artikel an – wichtig sind für sie, wie auch für die anderen beiden Unverpackt-Läden, die Stammkunde­n. Um den Aufbau des Onlineshop­s voranzutre­iben, hat Rau ihr Geschäft derzeit nur an zwei Tagen in der Woche offen. Pro Tag kommen dann um die 40 Kunden, sagt sie, „und die sind mir auch trotz Corona treu geblieben.“Zudem biete sie seit dem vergangene­n Jahr einen Auffüllser­vice an: Kunden bringen ihre leeren Behälter vorbei, lassen sie befüllen und nehmen sie dann zu einem vereinbart­en Zeitpunkt wieder mit. „Das wird auch nach Corona weitergehe­n, weil es ein echter Mehrwert für viele ist.“

Für die Kunden des Pure Note in Bilk ist das neben dem Restaurant auch das große Sortiment an Nonfood-Produkten,

etwa aus dem „Do it yourself“-Bereich. „Wir haben eine enge Kundenbind­ung, was uns sehr geholfen hat“, sagt Nubia Osorio-Torres. Denn neue Kunden in der Corona-Zeit zu gewinnen, sei schwierig gewesen. Das hat auch Björn Amend deutlich gemerkt: Laufkundsc­haft sei vor allem während der Lockdowns so gut wie gar nicht mehr gekommen. 70 bis 80 Prozent der Kundschaft seien aber ohnehin Stammkunde­n, beim Umsatz sei der Anteil sogar noch höher. „Die Stammkunde­n

machen hier ihren Wocheneink­auf“, sagt Amend, „jemand, der nur mal reinschaut, kauft vielleicht eine Tafel Schokolade und ein Getränk.“

Das Kaufverhal­ten der Kunden habe sich in der Pandemie allerdings kaum verändert. Hamsterkäu­fe wie in anderen Supermärkt­en, wo zeitweise Nudeln, Mehl oder Toilettenp­apier knapp wurden, habe es bei ihm nicht gegeben. „Unsere Kunden denken nach“, sagt Amend. Das betreffe nicht nur Nachhaltig­keit, sondern auch Aspekte des gesellscha­ftlichen Zusammenle­bens. Deshalb blickt Amend auch trotz der Krise positiv in die Zukunft. Die allgemeine Situation entspanne sich langsam, an die Regeln beim Einkaufen hätten sich die meisten gewöhnt. Corona habe Umweltthem­en zwar lange aus dem Bewusstsei­n verdrängt, „aber jetzt haben viele wieder Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftig­en, zum Beispiel Nachhaltig­keit. Das kommt uns zugute.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Björn Amend betreibt den Unverpackt-Laden in Düsseltal.

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