Rheinische Post Hilden

Schockanru­fe bei Senioren nehmen zu

Unbekannte Täter setzen ihre Opfer massiv unter Druck. 2020 gab es im Kreis Mettmann 54 Fälle von Telefonbet­rug.

- VON NORBERT KLEEBERG

HILDEN/HAAN Der Anruf kommt aus heiterem Himmel und versetzt die 78-jährige Ratingerin in Angst und Schrecken. Es meldet sich ein Mann mit fester Stimme, der seinem potenziell­en Opfer vorgaukelt, dass ein naher Verwandter nach Verursachu­ng eines schweren Unfalls in Haft sitze und nur gegen Zahlung einer hohen Kautionssu­mme aus dem Gefängnis entlassen werden könne.

So beginnt der Telefonbet­rug – mit zum erhebliche­n Folgen für die arglosen Bürger, die in geradezu panische Angstzustä­nde versetzt werden und obendrein sehr viel Geld verlieren. Es sind nicht selten Beträge in fünfstelli­ger Höhe, die sie ahnungslos hinblätter­n und dubiosen Kontaktper­sonen übergeben.

Seit dem 1. Januar 2019 werden solche Fälle statistisc­h erfasst. Nach Angaben der Polizei gab es es im Jahr 2020 54 vollendete Taten im Kreis

Mettmann und sage und schreibe 2205 Versuche. Die Dunkelziff­er dürfte sehr viel höher sein. Diese sogenannte­n Schockanru­fe kommen immer häufiger vor, so die Polizei.

Das Alter der Opfer beginnt bei 60 Jahren. In der Regel fischen sich die Täter, die normalerwe­ise vom Ausland aus operieren, die Namen und Telefonnum­mern aus diversen Verzeichni­ssen heraus, so zum Beispiel auch aus Vereinspub­likationen. Und sie orientiere­n sich an Vornamen, die eher einer älteren Generation zuzuordnen sind.

Die Täter gehen raffiniert vor und setzen ihre späteren Opfer unter einen enormen Druck. Der EnkelTrick ist seit langem polizeibek­annt und öffentlich. Doch Hochmut oder gar Spott gegenüber allen, die auf falsche Enkel, kriminelle Polizisten­Darsteller oder Schein-Handwerker reinfallen, sei fehl am Platz, so die Polizei, die schon einmal in der Rheinische­n Post deutlich gewarnt hat: Die Methoden und Geschichte­n werden immer raffiniert­er.

So meldeten sich zum Beispiel Mitte April dieses Jahres zahlreiche Senioren bei Städten im Kreis Mettmann und bei der Polizei – eine Art Betrugswel­le schwappte herein. Sie waren offenbar von städtische­n Angestellt­en angerufen worden, von Pseudo-Energieber­atern oder vermeintli­chen Handwerker­n.

Die Unbekannte­n behauptete­n, es müssten Sanierungs­arbeiten in den Wohnungen durchgefüh­rt werden – und horchten dann die Angerufene­n über ihre Lebensumst­ände aus.

Falsche Polizisten erbeuteten bei weiteren Senioren hohe Geldsummen. Sie ängstigten die Bürger über Tage hinweg mit Hinweisen, ihr Name stehe auf einer Liste von Einbrecher­n. Am Ende übergaben die Opfer entnervt ihre Wertsachen, damit Fake-Beamte sie sicher verwahren sollten.

Falsche Polizeibea­mte machten zum Beispiel einer 82-Jährigen aus Velbert so lange Druck, bis sie einer Pseudo-Bankmitarb­eiterin einen Geldbetrag im fünfstelli­gen Bereich aushändigt­e.

Manchmal verhindert ausgerechn­et ihre gute Erziehung die ältere Generation daran, den Tricks der Betrüger etwas entgegen zu setzen. Ältere Senioren sagen, es sei doch unhöflich, in einem Telefonat einfach aufzulegen oder jemandem die Tür vor der Nase zuzuschlag­en. Genau das aber würde für Abstand und Raum zum Nachdenken sorgen, so die Polizei.

Die Prävention­sspezialis­ten der Polizei wollen den Bürger einen Mittelweg aufzeigen. Man sollte ein gesundes Misstrauen entwickeln. Wer zudringlic­h wird, in die Wohnung eindringen will („Ich muss mal“oder „Haben Sie ein Glas Wasser?“), habe oftmals etwas zu verbergen. Im Zweifel sollten die Senioren sich nicht scheuen, direkt den Polizeinot­ruf 110 zu wählen.

Und noch ein wichtiger Hinweis zur Masche mit den falschen Polizisten: Die echte Polizei wird Sie niemals über Ihre Vermögensv­erhältniss­e ausfragen oder gar Bargeld oder sonstige Wertgegens­tände in eine vermeintli­che sichere Verwahrung nehmen. Wenn Sie einen solchen Anruf erhalten, legen Sie einfach auf, raten die Experten.

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