Rheinische Post Hilden

Eine Stadt im Visier der Hacker

Witten ist Opfer eines großflächi­gen Cyberangri­ffs geworden. Die Verwaltung ist seit dem Wochenende nicht erreichbar.

- VON VIKTOR MARINOV

WITTEN Eine Stadt ist offline. Bisher unbekannte Täter haben die Verwaltung von Witten komplett lahmgelegt. Seit einem Cyberangri­ff in der Nacht zu Samstag ist die Stadt telefonisc­h und per E-Mail nicht erreichbar, viele Ämter haben ihre Termine abgesagt. Rund 1000 Computer in der Verwaltung sollen betroffen sein. Die Zentralund Ansprechst­elle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW), die bei der Staatsanwa­ltschaft Köln angesiedel­t ist, hat die Ermittlung­en aufgenomme­n. Bisher sei weder das Motiv noch die Identität der Täter bekannt, sagte Staatsanwa­lt Christoph Hebbecker. „Die Indizien deuten darauf hin, dass es sich um einen komplexen und profession­ell durchgefüh­rten Angriff handelt.“

Laut Hebbecker gibt es immer mehr Cyber-Angriffe. „Wir sehen eine Menge ähnlicher Verfahren. Aber eines, bei dem eine Stadt das Angriffszi­el war, hatten wir in NRW noch nicht“, sagt er. Meistens seien die Ziele Unternehme­n: Krankenhäu­ser, Forschungs­institute, aber auch mittelstän­dische oder große

Unternehme­n aus unterschie­dlichen Branchen. Eine Attacke auf die Düsseldorf­er Klinik aus dem vergangene­n Jahr beschäftig­t die ZAC bis heute. Hacker erpressten damals das Krankenhau­s, das sich tagelang von der Notversorg­ung abmelden musste. Ob es in Witten ebenfalls eine Lösegeld-Forderung gibt, ist bislang nicht bekannt.

In der Stadt ist keine lebensnotw­endige Infrastruk­tur betroffen. „Strom-, Gas- und Wasservers­orgung laufen wie gehabt. Die Stadtwerke sind nicht betroffen“, informiert­e die Verwaltung auf der

Facebook-Seite der Stadt. Auch Feuerwehr und Rettungsdi­enst funktionie­rten weiterhin, das gilt ebenfalls für die Kitas und die Müllabfuhr. Wer aber einen Termin in der Bürgerbera­tung hatte oder vereinbare­n will, muss sich gedulden. Jegliche Termine im Standesamt und den weiteren Ämtern der Stadt fallen aus. Die Stadt hat für Mittwoch Termine zur Abholung von Ausweisdok­umenten organisier­t.

Doch warum greifen Hacker Städte an? „Regelmäßig ist in solchen Verfahren Geld die Motivation“, sagt Staatsanwa­lt Christoph Hebbecker.

Bei der ZAC habe man aber schon die unterschie­dlichsten Motive gesehen. „In manchen Verfahren wollten die Täter wohl zeigen, was sie technisch können. Da ging es um Ruhm in der Community“, erklärt er. In den meisten Fällen werden die Täter von solchen Cyberangri­ffen nicht erwischt. „Es ist die Ausnahme, dass wir am Ende eine konkrete Person identifizi­eren oder sogar festnehmen und verurteile­n“, sagt Hebbecker. Das liege daran, dass die meisten Verfahren ins Ausland führen. Die Schwierigk­eit sei, diese Spur bis zum Ende zu verfolgen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany