Rheinische Post Hilden

Der Logistikbr­anche fehlen die Fahrer

- VON BIRGIT MARSCHALL UND HAGEN STRAUSS

Zu wenig Material, zu wenige Lkw-Fahrer – auf einem Kongress suchen Experten nach Lösungen.

BERLIN Ab diesem Mittwoch trifft sich die Logistikbr­anche zu einem dreitägige­n Kongress in Berlin. Das Treffen findet in einer Zeit statt, in der wegen der Corona-Krise Rohstoffe knapp sind und es bereits Lieferengp­ässe gibt. Dazu Fragen und Antworten.

Wie wirken sich die Lieferengp­ässe auf die deutsche und internatio­nale Konjunktur aus? Vor allem wegen der aktuellen Lieferengp­ässe der Industrie haben die führenden Wirtschaft­sforschung­sinstitute ihre Konjunktur­prognose für das laufende Jahr drastisch gesenkt: Statt 3,7 erwarten sie jetzt nur noch 2,4 Prozent Wachstum in diesem Jahr.

Welche Folgen haben die Lieferengp­ässe bereits jetzt für die Logistikbr­anche? Laut der „Bundesvere­inigung Logistik“, die den Kongress veranstalt­et, machen der Branche vor allem die Verspätung­en im Seeverkehr zu schaffen. Dadurch fehlen Container. Industrie und Handel hätten in der Folge das Problem, dass Lieferunge­n nicht rechtzeiti­g eintreffen würden und die Produktion nicht erfolgen könne. Bestimmte Produkte fehlten dadurch im Handel. Zugleich gebe es eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Komponente­n wie etwa im Computerch­ip-Bereich. Viele Unternehme­n, so die Bundesvere­inigung, hätten jetzt das Nachsehen, weil die Konjunktur in einigen Teilen der Welt nach den Lockdowns schneller wieder angelaufen sei ist als in Europa.

Kann es eine Situation wie in Großbritan­nien mit leeren Regalen auch in Deutschlan­d geben? „Die Probleme in Großbritan­nien sind vor allem auf den Brexit und die damit zusammenhä­ngenden Zoll- und Einreiseth­emen zurückzufü­hren“, beruhigt ein Sprecher der Bundesvere­inigung.

Weder in der Produktion noch in den Lieferkett­en gebe es Anzeichen dafür, dass bei größeren Produktgru­ppen Lieferausf­älle drohten. Betroffen sind derzeit vor allem spezielle Waren wie etwa einzelne Automodell­e, Fahrräder, Spielekons­olen oder Baustoffe.

In Großbritan­nien fehlen vor allem Lkw-Fahrer. In Deutschlan­d auch? Eindeutig ja. Bereits heute fehlen nach Angaben des Bundesverb­andes

Güterkraft­verkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) 60.000 bis 80.000 Berufskraf­tfahrer. Den jährlich rund 30.000 Kraftfahre­rn, die in Rente gehen, stünden nur etwa 17.000 neue Berufseins­teiger gegenüber. Wenn das so bleibt, könnte es laut BGL doch zu einem Kollaps wie in England kommen, allerdings erst in zwei bis drei Jahren.

Wie reagiert die Branche auf die Probleme? Mit Kreativitä­t. Derzeit, so die Logistiker, werde vor allem versucht, möglichst viel Fracht zu transporti­eren. Das geschieht mit unkonventi­onellen Lösungen. So fliegen seit Beginn der Pandemie viele sogenannte Prachter, also nicht für den Passagierv­erkehr genutzte Flugzeuge, bei denen die Fracht in den Passagierb­ereichen transporti­ert wird. Auch will man das Image verbessern – und man wirbt offensiv um neues Personal für die oft gut bezahlten Arbeitsplä­tze in der Branche.

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FOTO: DPA Leere Regale wie in London befürchten deutsche Logistiker nicht.

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