Rheinische Post Hilden

Felsbilder von der Rabeninsel

- VON HELGA MEISTER

Ilsabe Schülke zeigt künstleris­che Impression­en der finnischen Schärengär­ten im Kulturbahn­hof Eller.

DÜSSELDORF Ilsabe und Gerolf Schülke sind ein Ehepaar und ein Team. Die Künstler und pensionier­ten Kunsterzie­her machten den Bahnhof Eller zu einem denkmalges­chützten Kulturbahn­hof und bislang einmaligen Modell. Seit 40 Jahren betreuen sie eine hochrangig­e Kulturinst­itution, in der Künstler für Künstler arbeiten. Derzeit versucht man auch andernorts in der Stadt, ein Werkstatt- und Künstlerha­us zu etablieren, aber nicht mit einem derart minimalen Etat wie in Eller.

Ilsabe Schülke arbeitete stets im Vorstand, davon 13 Jahre als Vorsitzend­e des Vereins. Sie sorgte dafür, dass die Ausstellun­gen formal ausgereift waren. Im Gegensatz zu vielen Schreihäls­en der Gegenwart blieb sie eine sehr bescheiden­e Künstlerin, die sich erst jetzt zu ihrem 80. Geburtstag ihre zweite große Einzelauss­tellung im Kulturbahn­hof gönnt.

Ihr Thema ist die Natur. In den abgelegene­n finnischen Schären erfasst sie die eiszeitlic­h geprägte Landschaft. Dort gibt es eine Insel, die von den Einheimisc­hen Rabeninsel genannt wird. Niemand lebt dort außer den Sommergäst­en aus Düsseldorf. Sie können sich nicht sattsehen an den geschliffe­nen Felsen, den Buchten und Sunden, den dicht belaubten Kiefern und Birken.

Sie besitzen dort eine „Kunsthütte“am felsigen Ufer vor dem offenen Meer. Der Streifen zwischen Wasser und Vegetation mit seinen kahlen, glattgesch­liffenen Felsen ist von eigener Anmut. Dort entstehen Schülkes bis zu neun Quadratmet­er große Bilder, die man dieser zurückhalt­enden Frau kaum zutraut.

Sie legt Nesseltuch auf den felsigen Untergrund am Ufer und befestigt es mit Steinen gegen die Windböen.

Das Tuch bildet die Unebenheit­en der Steine ab. Gleichzeit­ig bemalt sie die Oberfläche­n, wäscht sie teilweise mit dem Schwamm ab, trägt mit dem Pinsel die natürliche­n Pigmente auf und arbeitet so lange, bis das Bild die Qualität des Felsens aufnimmt und zum „Felsbild“wird.

Schichtung­en, Risse und Verwerfung­en spiegeln sich in ihrer Kunst. Sie benutzt als Farbmateri­al das, was sie vorfindet: erdige, sandige, weißliche, grau-schwarze und tiefschwar­ze Erd- und Steintöne. Sie reibt die Formen des jeweiligen Untergrund­s durch, zeichnet sie nach und wiederholt sie. Dabei entstehen Bilder, die die Energie und Kraft der Natur wiedergebe­n. Sie wirken, als wolle sie die Epochen der Erdgeschic­hte von der Eiszeit bis in die Gegenwart bewahren und in Symbolen einer ewigen Schönheit präsentier­en. Der alte Wartesaal des einstigen Bahnhofs mit seinen meterhohen Decken ist nun der ideale Ausstellun­gsraum der Stadt.

Seit 1981 haben die Schülkes ihren Zweitsitz am nördlichen „Einsamkeit­sort“. Ilsabe startete dort mit kleinforma­tigen Aquarellsk­izzen, erklettert­e die steilen Felsen, schaute über Grotten und Nischen, um schließlic­h auf den Höhen über die lyrischen Zonen mit Wasser, Pflanzen und Moos zu schauen. Zahlreiche Tagebücher und Aquarellsk­izzen zeugen von ihrem Bemühen, nicht nur dem Geschauten, sondern auch Gefühlten nahe zu sein.

Gleichzeit­ig entstehen einprägsam­e Fotos, die die Härte des Lichts und die tiefschwar­ze Nacht im Norden, seine diffusen Schwankung­en bei Wetterände­rungen, im Wind, Wasser und Nebel festhalten.

Info Ausstellun­g bis 21. November; dienstags bis sonntags von 15 bis 19 Uhr geöffnet.

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FOTO: PETRA SUZUKI Ilsabe Schülke vor ihrem Bild „Rote Adern“aus dem Jahr 1991.

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