Vage Omikron-Daten lassen keine Wahl
In Frankreich verfolgt man besorgt die Intensivbetten-Belegung, versucht dennoch mit Laisser-faire durch die Omikron-Welle zu tauchen. In England und Spanien baut man auf gute Booster-Quoten und hofft auf viele mildere Verläufe. Und Deutschland? Blickt auf seine noch niedrigen Infektionszahlen wie das Häschen auf die Schlange. Weil an den Feiertagen bekanntlich weniger getestet und gemeldet wurde, ist die Datenlage mindestens bis 10. Januar unsicher. Bundesgesundheitsminister Lauterbach geht von einer massiven Untererfassung aus.
Das dürfte auch für den Omikron-Anteil gelten. Immerhin weiß man, dass er steigt. Dazu zeigen Studien aus den USA, dass Schnelltests bei Omikron oft falsche Entwarnung geben. Die Verantwortlichen fahren im Moment also auf Sicht – allerdings in einem äußerst spärlich beleuchteten Tunnel.
Nun kann man auf Gesundheitsämter, Politik, Ungeimpfte schimpfen oder auf andere Variablen der Corona-Mathematik. Doch hat die Physikerin Viola Priesemann recht, wenn sie sagt, dass Pandemie-Modelle oft daneben liegen, weil sie selbst Effekte auslösen: Warnen sie sacht, kommt Omikron ungebremst, die Prognosen waren zu weich. Warnen sie stark, werden viele vorsichtig, die Prognosen waren zu hart. Entsprechend entwickeln sich die Debatten.
Sicher ist, dass die gemeldeten Infektionszahlen im Januar steigen werden. Wie drastisch, hängt auch davon ab, wie viele sich an den Feiertagen vorsichtig verhalten haben – und das auch weiter tun. Nicht aus Panik, sondern um sich keine Vorwürfe machen zu müssen. Und die Familie heil durch die Omikron-Welle zu bekommen. Die Umsichtigen sollten sich nicht kirre machen lassen. Im düsteren Tunnel vorsichtig zu sein, ist nicht ängstlich, sondern vernünftig. Und gerade das einzige, was bleibt.
BERICHT MIT VORSICHT ZU GENIESSEN, POLITIK