Geschmackvoller Jahreswechsel
Im Rheinland bringt so manche Köstlichkeit Glück und Segen fürs neue Jahr.
Im Rheinland wird gefeiert – vom ersten bis zum letzten Tag des Jahres. Im großen Kalender der Bräuche hat Volkskundler Alois Döring nahezu jedes Ereignis erfasst und viel darüber geschrieben, warum und wie hierzulande Frohsinn gelebt wird. Ausgelassen aber wurde ein kleiner und dennoch wesentlicher Begriff, der grundlegend ist für jede Beziehung – ob in Partnerschaft oder Verein – und Zuneigung zum Programm erhebt: Ab und an – und gerade zu Silvester – sollten alle ein „Schmüske machen“. Der Käsemann aus dem Ruhrgebiet, bei dem ich schnell noch Brie für die Herzallerliebste holte, hörte es mit Staunen: „Bitte reichlich, dann kann ich domet e Schmüske maake.“Seine Frau verstand sofort und strahlte: „Schmüske kommt von schmusen, merk dir das.“
Nicht für jede(n) dürften allerdings Milchprodukte das probate Mittel sein, liebevolle Aufmerksamkeit zu bekunden. Aber es gibt ja Alternativen, wie sie der Brauchtumskalender nennt. Da dürfen die Neujahrsbrezel und das Neujährchen nicht fehlen. Was da aus Hefeteig geflochten und gebacken wird, soll Glück und Segen bringen. Es war über Generationen eine Gabe auch für Bedienstete und Amtsträger, die damit am 1. Januar bedacht wurden. Und auch die Männer, die nach dem Kirchgang im Wirtshaus „hexten“, erhielten als Preis beim Kartenspiel Brezeln. Manchmal wurden aber auch selbst geschlachtete Kaninchen verlost (mit Kopf, damit keine Katze untergeschoben werden konnte). Und natürlich bekam jedes Kind seine Riesenbrezel.
Meine Oma, die viele Patenkinder hatte, wurde einmal vom vorlauten Neffen Hans-Karl mit der Frage konfrontiert: „Was macht ihr eigentlich mit den ganzen Brezeln?“Omas Antwort soll ihn nachdenklich gestimmt haben: „Da koke wer Supp von.“Eine Milchsuppe mit Weckstückchen schmeckt einfach lecker. Die guten Wünsche, die Hans-Karl seinerzeit überbrachte, wird in rheinischen Familien bis heute aufgesagt: „Jlöckselich Nöhjahr, der Kopp voll Hoar, derr Büll voll Jeld, so küttse durch die jaanze Welt.“Und dieser Wunsch passt in unsere Zeit: Ein glückseliges neues Jahr mit Gesundheit und Wohlstand wünschen sich wohl alle.
Unser Autor ist stellvertretender Chefredakteur. Er wechselt sich hier mit Politikredakteurin Dorothee Krings ab.