Rheinische Post Hilden

Distanzler­nen nur letzter Ausweg

Eltern fordern, dass alle anderen Schutzmögl­ichkeiten ausgeschöp­ft sein müssen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Angesichts steigender Infektions­zahlen durch die Omikron-Variante droht im neuen Jahr erneut Distanzunt­erricht. „Wenn die Infektions­lage im kommenden Jahr einen sicheren und regulären Schulbetri­eb nicht zulässt, wäre Distanzunt­erricht schmerzlic­herweise die Ultima Ratio“, sagte Sabine Mistler, Landesvors­itzende des Philologen­verbands NRW, unserer Redaktion. Die Gesundheit der Schüler und Lehrkräfte gehe klar vor. Homeschool­ing könne es aber nur zusammen mit einem gesamtgese­llschaftli­chen Lockdown geben: „Alle anderen Schutzmögl­ichkeiten müssten vorher ausgeschöp­ft sein“, stellte sie klar.

Im vergangene­n Jahr waren die Schulen nach den Weihnachts­ferien bundesweit in den Distanzunt­erricht zurückgeke­hrt und wochenlang geschlosse­n geblieben. Diese Phase des Online-Unterricht­s wird von Kindern, Eltern, Lehrern und Wissenscha­ftlern im Nachhinein als die belastends­te der gesamten Pandemie beschriebe­n. Bund und Länder wollen sich am 7. Januar – kurz vor Ende der Weihnachts­ferien in NRW – noch einmal zusammensc­halten, um das weitere Vorgehen auch mit Blick auf die Schulen zu beschließe­n. Auch die Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW), Maike Finnern, und der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, Heinz-Peter Meidinger, lehnen Distanzunt­erricht nicht kategorisc­h ab.

Eltern fordern, dass dieses Mal die Kinder Priorität haben sollen. „Frühestens wenn die letzte Fabrik geschlosse­n ist, ist Unterricht auf Distanz denkbar“, erklärte Oliver Ziehm, Vorsitzend­er der Landeselte­rnschaft der Gymnasien. Ein erneuter Rückzug ins Homeschool­ing könne nur das allerletzt­e Mittel sein, erst müssten alle Register durch die Erwachsene­n gezogen werden. Die Spuren, die zwei Jahre CoronaAusn­ahmezustan­d bei den Kindern hinterlass­en hätten, seien unübersehb­ar. „Die Prioritäte­n in CoronaZeit­en müssen zugunsten der Kinder gesetzt werden. Denn besonders für sie müssen Stabilität, seelische Gesundheit und Bildung gesichert sein“, fügte Ziehm hinzu.

Auch Schüler fordern, zunächst alle Möglichkei­ten auszuschöp­fen und zuerst in den Wechselunt­erricht überzugehe­n, bevor Distanzunt­erricht angeordnet werde. Die Landesschü­lervertret­ung kritisiert­e, dass die Landesregi­erung nicht viel mehr Maßnahmen zur psychische­n Gesundheit und zum allgemeine­n Schutz vor Corona an Schulen ergriffen habe. Es fehle an Sozialarbe­itern, an Luftfilter­n – und es gebe nicht genug Kontaktbes­chränkunge­n.

Der NRW-Philologen­verband sprach sich hingegen klar gegen Wechselunt­erricht aus: „Viele Lehrerinne­n und Lehrer arbeiten bereits am Limit, eine zusätzlich­e Doppelbela­stung durch parallelen Präsenzund Distanzunt­erricht sollten wir deshalb unbedingt vermeiden.“Auch sei die Ausstattun­g der Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten regional sehr unterschie­dlich. Die digitale Infrastruk­tur lasse nicht flächendec­kend einen optimalen Distanzunt­erricht zu.

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FOTO: DPA Nach den Weihnachts­ferien im vergangene­n Jahr blieben die Schulen geschlosse­n. Kinder und Jugendlich­e wurden wochenlang per Homeschool­ing unterricht­et.

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