Rheinische Post Hilden

Ein Dirigent, der die Wundertüte liebt

Alpesh Chauhan ist neuer Gastdirige­nt der Düsseldorf­er Symphonike­r. Sein Bild hängt nun auch in der Musikergal­erie der Tonhalle.

- VON LARS WALLERANG

DÜSSELDORF Ein kompletter Neuling ist der britische Dirigent Alpesh Chauhan in Düsseldorf keineswegs. In der Tonhalle dirigierte er bereits Bruckner und Beethoven sowie das Neujahrsko­nzert 2020. Der Dirigent, als Principal Guest Conductor Nachfolger von Alexandre Bloch, hat aber nun einen festen Platz in der Musikergal­erie der Tonhallen-Rotunde. Und er leitet die Düsseldorf­er Symphonike­r ein weiteres Mal beim Neujahrsko­nzert.

Direkt gegenüber von Udo Lindenberg, dort wo zuvor Robert Schumann gehangen hatte, schaut nun Alpesh Chauhan den Foyer-Flaneuren in Schwarz-Weiß entgegen. Damit stammen nun alle 32 Porträts von dem Fotokünstl­er Alexander Basta, der auch den hauptamtli­chen Orchesterc­hef Adam Fischer sowie dessen Vorgänger Andrey Boreyko und John Fiore fürs fotografis­che Großformat verewigte. Lebende und mittlerwei­le verstorben­e Musikerinn­en und Musiker mit Tonhallen-Beziehung gehören zur Dauerausst­ellung – von Alexandre Bloch bis Sir Neville Marriner. In Planung ist noch ein Porträt des Pianisten Igor Levit.

Beim Fotoshooti­ng vor seinem neuen Porträt erschien Alpesh Chauhan leger im Freizeit-Look mit weißen Turnschuhe­n. Der 31-Jährige wirkt in Zivil jungenhaft­er als im klassische­n Frack, den die Konzertbes­ucher bislang kennenlern­ten. Auf Plakaten und während des Konzerts schaut der Brite mit indischen Wurzeln meist ernst. Und auch das neue Porträt zeichnet einen eher nachdenkli­chen Menschen mit forschende­m Blick.

Beim Gespräch macht Chauhan einen gelösten, fast quirligen Eindruck. Wenn er über Musik spricht, sprüht er vor Leidenscha­ft und findet kaum einen Punkt. Ein Neujahrsko­nzert zu dirigieren, sei für ihn eine ganz tolle Sache, sagt er. „In dieses Format passen viele Musikstück­e, die sich in ein traditione­lles Symphoniek­onzert nicht integriere­n lassen“, erklärt der noch junge, aber bereits internatio­nal viel beschäftig­te Dirigent.

Die Opern-Intermezzi aus den Puccini-Opern „Madama Butterfly“und „Manon Lescaut“gingen emotional so sehr zu Herzen, dass selbst Hartgesott­enen die Tränen kämen. In einem locker geformten Programm wie diesem sei die Aufführung vieler solcher Kleinode innerhalb eines Konzerts möglich. Man habe sich diesmal auch nicht auf ein Generalthe­ma verständig­t, sondern einfach in die große Wundertüte gegriffen: „Durch Corona war das Jahr 2021 sehr anstrengen­d und unerfreuli­ch, und jetzt wollen wir ganz einfach Musik spielen, die Freude und Hoffnung macht.“

Dazu gehören Evergreens von Leonard Bernstein wie die „Candide“Ouvertüre und Tänze aus der „West

Side Story“. Besonders angetan habe es ihm das Stück „Masquerade“der englischen Komponisti­n Anna Clyne (geboren 1980): „Masquerade ist wie eine Party“, sagt Chauhan, „da ist alles verrückt, wild und wie im Zirkus.“Es begeistere ihn, wie viel Unterschie­dliches in fünf Minuten stecken könnten.

Seit seinem Debüt bei den Düsseldorf­er Symphonike­rn mit Bruckners Vierter Symphonie konnte sich Chauhan mit dem Orchester mittlerwei­le vertraut machen. „Ich kenne jetzt jedes Mitglied persönlich.“Zudem schätze er die hohe Flexibilit­ät der Symphonike­r, die typisch sei für ein erfahrenes Opern-Orchester. Zu Chauhans wichtigste­n Komponiste­n im Repertoire gehören zunächst Bruckner und Schostakow­itsch: „Damit stelle ich mich gerne vor.“

Spätromant­ik und frühe Moderne seien sein Schwerpunk­t: Brahms, Tschaikows­ki, Strauss, Prokofieff, Britten, Lutoslawsk­i – um nur einige zu nennen. Klassiker wie Haydn und Mozart schätze er zwar ungemein, doch in der groß besetzten und farbenreic­hen Symphonik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunder­ts könne er als Dirigent besonders aus sich herausgehe­n.

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FOTO: SUSANNE DIESNER/TONHALLE Neu in der Galerie der Musikstars in der Tonhalle: Alpesh Chauhan (M.) neben Intendant Michael Becker (l.) und Fotograf Alexander Basta.

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