Rheinische Post Hilden

Freizeitge­meinschaft erhält Aufschub

Die Freizeitge­meinschaft Behinderte und Nichtbehin­derte ist ein freier Träger mit rund 170 Angestellt­en und einem Umsatz von rund 5,6 Millionen Euro im Jahr. Es gibt Streit mit der Stadt ums Geld. Wir klären die wichtigste­n Fragen.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Die Freizeitge­meinschaft ist ein traditions­reicher, großer sozialer Träger. Sie betreibt nicht nur den Abenteuers­pielplatz, sondern auch drei inklusive Kindergärt­en sowie einen familienun­terstützen­den Dienst.

Die Stadt hat den Vertrag über einen freiwillig­en Betriebsko­stenzuschu­ss gekündigt. Ist die Freizeitge­meinschaft jetzt pleite? Nein, auf Antrag von CDU und Grünen hat der Stadtrat mit Mehrheit beschlosse­n, der Freizeitge­meinschaft für das erste Halbjahr 2022 einen freiwillig­en Betriebsko­stenzuschu­ss in Höhe von 293.088,50 Euro (wie im Vorjahr) zu gewähren. Damit ist die Finanzieru­ng bis 31. Juni 2022 gesichert.

Welche Bedingunge­n sind damit verknüpft? Im alten, gekündigte­n Vertrag standen viele Leistungen, die die Freizeitge­meinschaft angeblich nicht erbracht habe – sagt Dezernent Sönke Eichner. Die Freizeitge­meinschaft soll jetzt bis Ostern ein Konzept für ihre Arbeit vorlegen, dass mit detaillier­ten Kostenrech­nungen für die einzelnen Leistungen hinterlegt ist, hat der Stadtrat beschlosse­n. Das soll die Verwaltung dem Fachaussch­uss rechtzeiti­g vorlegen. Dieser soll prüfen und dann entscheide­n, ob die Stadt die Zusammenar­beit mit der Freizeitge­meinschaft fortsetzt.

Was ist mit dem Abenteuers­pielplatz? Die Freizeitge­meinschaft betreibt den Abenteuers­pielplatz seit mehr als 40 Jahren. „Er gehört zu unseren Wurzeln“, sagt FZG-Vorsitzend­er Michael Krambrock. Die Stadt soll den Abenteuers­pielplatz selber betreiben, hat Eichner vorgeschla­gen. Das Angebot für Kinder könnte auf dem Abi gekürzt und stattdesse­n ein Angebot für Jugendlich­e neu eingericht­et werden. Dann könnte man den benachbart­en Jugendtref­f Area 51 aufgeben und Geld sparen. Dies bedeutet eine völlige Neukonzept­ion

für den Abi. Diese Vorschläge haben sowohl die Politik als auch die Freizeitge­meinschaft überrascht. Das Jugendamt sagt, es könne den Abi „wirtschaft­licher“betreiben als die Freizeitge­meinschaft. Die hat dem widersproc­hen und andere, eigene Zahlen vorgelegt. Damit ist die Verwirrung bei der Politik komplett. Für eine Entscheidu­ng brauche man vergleichb­are Zahlen, sind sich die Stadtveror­dneten einig. Hinzu kommt: Die Freizeitge­meinschaft ist nach wie vor Eigentümer­in des Abi-Grundstück­s. Dieser Vertrag kann erst 2023 gekündigt werden. „Wir haben die Hoffnung, dass wir uns mit der Freizeitge­meinschaft einigen können“, sagt Dezernent Sönke Eichner. Die CDU ist „sehr verärgert“, dass dieser Vertrag übersehen wurde. Das (direkt dem Stadtrat unterstell­te) Rechnungsp­rüfungsamt hatte die Abschlüsse der Freizeitge­meinschaft in der Vergangenh­eit überprüft, sagte Leiter Michael Witek – und offenbar nicht beanstande­t. Wegen des Vergaberec­htes finde er es „schwierig“, einfach einen neuen Vertrag mit dieser hohen Summe mit der Freizeitge­meinschaft abzuschlie­ßen. Egal, was am Ende herauskomm­t: Der Abenteuers­pielplatz

wird bestehen bleiben, möglicherw­eise aber ein anderes Konzept bekommen.

Was ist mit den Kindergärt­en? Die Freizeitge­meinschaft betreibt drei integrativ­e Tageseinri­chtungen („Ellen Wiederhold“, „Karnaper Regenbogen“und „Nordlichte­r“) mit zusammen fast 220 Betreuungs­plätzen. Die Finanzieru­ng dieser drei Kitas ist nicht strittig. Sollte die Freizeitge­meinschaft als Träger ausfallen, müsste die Stadt oder ein anderer freier Träger in die Bresche springen. Wichtig für Eltern und Kinder: Die Kita-Plätze sind auch bei einem Trägerwech­sel in keiner

Weise gefährdet.

Gibt es noch weitere Streitpunk­te? Ja, die die Miete der Freizeitge­meinschaft für ihr Domizil Gerresheim­er Straße 20b. Die aktuell 90.000 Euro hält die Verwaltung für zu hoch, zudem werde das Erdgeschos­s nicht wirklich genutzt. Das Gebäude gehöre der Grundstück­sgesellsch­aft der Stadtwerke Hilden, sagt dazu Marc Kürten, zweiter Vorsitzend­er der Freizeitge­meinschaft: „Die Stadt hat das Gebäude zu dem Preis gepachtet und an uns vermietet, weil das damals Vorteile für die Stadt hatte.“Der große Saal im Erdgeschos­s werde seit zwei Jahren von Ratsfrakti­onen oder dem Behinderte­nbeirat genutzt – kostenfrei.

Was war eigentlich der Auslöser der Krise? „Der letzte Stadtrat hat die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob die Freizeitge­meinschaft möglicherw­eise eine ,Doppelförd­erung’ (Geld ohne Gegenleist­ung) bekommt“, sagt Finanzdeze­rnentin Anja Franke: „Das lässt sich einfach klären. Die Gespräche müssen deshalb weitergehe­n.“Die SPD fordert von der Verwaltung bis 31. Juni 2022 auch ein Konzept, wie es mit der Jugendarbe­it im Hildener Norden weitergehe­n soll (Aufgabe des Area 51, Neuausrich­tung des Abi).

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FOTO: KÖHLEN Der Abenteuers­pielplatz an der Richard-Wagner-Straße ist die bekanntest­e Jugendeinr­ichtung Hildens. Er wird jährlich von rund 20.000 Kindern und Erwachsene­n besucht.
 ?? FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Die Freizeitge­meinschaft betreibt drei integrativ­e Kitas mit zusammen rund 220 Betreuungs­plätzen.
FOTO: STEPHAN KÖHLEN Die Freizeitge­meinschaft betreibt drei integrativ­e Kitas mit zusammen rund 220 Betreuungs­plätzen.

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