Rheinische Post Hilden

Karriere-Schub mit guten Vorsätzen

Im nächsten Jahr wird endlich alles anders: Oft genug fassen wir zu Silvester solche Vorsätze und scheitern an ihnen. Dabei können sie helfen, berufliche Ziele zu erreichen. Aber was tun, wenn man gar keine hat?

- VON VICTORIA VOSSEBERG

Zum Jahresende gehen wir in uns. Wir reflektier­en und überlegen, was gut war, was schlecht und was wir verändern wollen. Endlich nach mehr Gehalt fragen, endlich die Beförderun­g schaffen oder eine berufliche Veränderun­g angehen.

Wir fassen gute Vorsätze, die wir ab Januar umsetzen wollen – doch dann passiert es uns allzu oft, dass schon nach wenigen Wochen unser Elan schrumpft und wir die guten Vorsätze fallen lassen. Experten erklären, worauf es wirklich ankommt.

Welche Vorsätze lohnen sich? Was dem einen erstrebens­wert scheint, ist dem anderen lästig. Daher gibt es keine allgemein sinnvollen Vorsätze. Miriam Schneider, Wirtschaft­spsycholog­in und Verhaltens­wissenscha­ftlerin bei der Trainingsp­lattform Coach Hub, rät dazu, sich zunächst zu fragen, warum man ein bestimmtes Ziel erreichen will. „Geht es nur um Äußerlichk­eiten wie den sozialen Status oder Erwartungs­haltungen des Umfelds, hält man einen guten Vorsatz meistens nicht lang durch. Die beste Motivation kommt aus sich selbst heraus“, sagt sie.

Um Veränderun­gen ernsthaft anzugehen, bedarf es typischerw­eise zwei Voraussetz­ungen. „Tatsächlic­h braucht der Mensch oft erst mal eine Form von Leidensdru­ck, der ihm seine momentane Situation unangenehm macht“, sagt Psychologi­n und Karrierebe­raterin Madeleine Leitner. „Und dann die Erkenntnis, dass man selbst etwas verändern muss.“ (bü) Öffentlich­er Dienst Grundsätzl­ich müssen öffentlich­e Arbeitgebe­r neu zu besetzende oder neu entstehend­e Arbeitsplä­tze der Bundesagen­tur für Arbeit melden. Ziel dieser Vorgabe ist es unter anderem, schwerbehi­nderte Arbeitnehm­er zu fördern. Veröffentl­icht ein öffentlich­er Arbeitgebe­r (hier ging es um einen Landkreis) eine neue Stelle lediglich in einem Jobportal der Arbeitsage­ntur, so ist das kein Ersatz für die Meldung bei der örtlichen Behörde. Hat sich ein schwerbehi­nderter Mann auf das Online-Inserat beworben und erhält ein halbes Jahr später eine Absage mit der Bemerkung, dass ein anderer Bewerber „das Rennen gemacht“habe, so „begründet das regelmäßig die Vermutung, dass die Bewerbung wegen der Schwerbehi­nderung nicht berücksich­tigt worden ist“, urteilte das Bundesarbe­itsgericht. Für diesen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbeha­ndlungsges­etz (AGG) steht dem gescheiter­ten Bewerber eine Entschädig­ung gegen den Arbeitgebe­r zu. Sie besteht im Regelfall aus drei Monatsgehä­ltern, die in der angestrebt­en Stelle verdient worden wären. (BAG, 8 AZR 313/20)

Kurzarbeit Bei der Berechnung von Urlaubstag­en muss die in der Corona-Pandemie eingeführt­e Kurzarbeit berücksich­tigt werden. Fallen einzelne

Wie setze ich realistisc­he Ziele? Zunächst gilt es, den Veränderun­gsbedarf zu klären. „Viele unzufriede­ne Menschen überreagie­ren und schütten das Kind mit dem Bade aus. Da ist gleich der ganze Job mies, aber oft geht es nur um Teilaspekt­e“, sagt Leitner.

Das Gefühl der Unzufriede­nheit sei oft sehr diffus. Die Psychologi­n rät ihren Klienten erst mal, sich selbst zu beobachten, etwa Tagebuch zu führen, und zu verstehen, was sie umtreibt. Daraus leiten sich dann konkrete Veränderun­gsvorsätze ab.

Dann stellt man mitunter fest: „Nicht immer ist tatsächlic­h der Job die Ursache des Problems, sondern er bildet

Arbeitstag­e aufgrund von Kurzarbeit vollständi­g aus, so kann für Zeiten von „Kurzarbeit Null“der Urlaubsans­pruch komplett wegfallen. In dem konkreten Fall vor dem Bundesarbe­itsgericht arbeitete eine Verkäuferi­n in Teilzeit und hatte bei einer Drei-Tage-Woche grundsätzl­ich Anspruch auf 14 Tage Jahresurla­ub. Der Arbeitgebe­r strich insgesamt 2,5 Tage aus Monaten, in denen die Frau gar nicht gearbeitet hatte. Die Klägerin argumentie­rt, es gebe dafür keine Rechtsgrun­dlage – weder aus einem Tarifvertr­ag noch aus einer Betriebsve­reinbarung. Dennoch bejahte das Gericht die Kürzung: „Aufgrund einzelvert­raglich vereinbart­er Kurzarbeit ausgefalle­ne Arbeitstag­e seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrech­t Zeiten mit Arbeitspfl­icht gleichzust­ellen“, heißt es in dem Urteil. (BAG, 9 AZR 225/21) einen Rahmen, in dem sich ein persönlich­es Problem ausspielt“, erläutert Leitner. „Wer etwa grundsätzl­ich zum Schwarzseh­en neigt, wird auch im besten Job der Welt vor allem das Negative sehen.“Das gelte es zu reflektier­en.

Wie setze ich meine guten Vorsätze also in die Tat um? „Dieser Rappel am Jahresanfa­ng führt oft dazu, dass man sich zu viel auf einmal vornimmt und daran scheitert, was zu Frustratio­n und Vorwürfen führt“, sagt Miriam Schneider. Besser sei es, erst einmal nur ein Ziel ins Auge zu fassen.

„Ziele müssen konkret und erreichbar sein, auch zwischendu­rch schon mal ein Erfolgserl­ebnis bieten, damit man motiviert bleibt, sonst tritt irgendwann ein Gefühl der Überforder­ung ein“, sagt auch Daniela Merz, die als Stärkenund Leadership-Coach arbeitet. Entscheide­nd sei, ein großes Ziel in kleine, messbare Schritte zu unterteile­n. „Halten Sie Ihre Ziele schriftlic­h fest und setzen Sie Fristen für die einzelnen Schritte“, rät Merz. Das mache den Erfolg messbar.

Wie bringe ich persönlich­e Vorsätze und Unternehme­nsstruktur­en in Einklang? Hier sollte man das Gespräch mit den Vorgesetzt­en suchen, denn auch die Unternehme­n haben ein Interesse,

motivierte Mitarbeite­r zu halten, und sind deswegen vielleicht offener als man denkt.

„Dafür braucht es sehr viel und sehr offene Kommunikat­ion sowohl vonseiten des Mitarbeite­rs als auch des Unternehme­ns“, sagt Stephan Sandrock vom Institut für angewandte Arbeitswis­senschaft (ifaa). Mitarbeite­r müssten klar sagen, was sie wirklich benötigen. Das Unternehme­n müsse dagegen klarmachen, was realistisc­he Spielräume seien und an welchen Stellen im Unternehme­n Bedarf bestehe.

„Ebenso hat das persönlich­e Verhältnis zur Führungskr­aft einen großen Einfluss auf das eigene berufliche Vorankomme­n“,

sagt Miriam Schneider. Die Führungskr­aft könne einen im besten Fall fördern, aber auch Hinderniss­e in den Weg legen. Schneiders Rat: „Vielleicht brauche ich dann länger, um mein Ziel zu erreichen, aber das Wichtigste ist, überhaupt anzufangen“, so die Wirtschaft­spsycholog­in.

Was ist, wenn ich überhaupt keine Vorsätze habe? „Wenn mir wirklich Vorsätze fehlen, habe ich vielleicht gerade keine Dringlichk­eit, etwas zu verändern“, sagt Daniela Merz. Das müsse nicht heißen, dass man unmotivier­t ist. Vielleicht hat der Job in Bezug auf das persönlich­e Wachstum einfach gerade nicht Priorität.

„Anderersei­ts gibt es auch Leute, die grundsätzl­ich eine geringe Erwartungs­haltung und dafür eine hohe Leidensfäh­igkeit haben“, gibt Madeleine Leitner zu bedenken. Diese Menschen haben oft keine Vorsätze, weil sie ihre eigenen Bedürfniss­e schlecht wahrnehmen und verändern erst etwas, wenn sie wirklich an die Belastungs­grenze kommen.

Und dann gebe es auch jene, die einfach jammern, weil das eben ihr Ventil ist, ohne dass dahinter akuter Veränderun­gsbedarf steht. „Ob mir Vorsätze als Motivation­shilfe nutzen, ist letztlich auch eine Typsache“, sagt Psychologi­n Leitner.

Wer im Großen und Ganzen zufrieden mit sich ist, braucht keine guten Vorsätze. Auch Stephan Sandrock findet: „Wenn ein Mitarbeite­r sagt, er ist zufrieden, kommt gerne zur Arbeit und erledigt seine vereinbart­e Arbeit zufriedens­tellend und möchte gar nichts verändern, dann ist das auch in Ordnung.“

RECHT & ARBEIT

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Ob gute Neujahrsvo­rsätze wirklich etwas für die Karriere bringen, ist auch eine Frage des Typs.
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FOTO: DPA-TMN Bei „Kurzarbeit Null“kann der Arbeitgebe­r den Jahresurla­ub kürzen.

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