Rheinische Post Hilden

Unbekümmer­te Hauptstadt

Wegen Omikron-Ausfällen kommen Busse und Bahnen nicht mehr so oft. Na und?

-

In manchen Dingen sind sich das Rheinland und Berlin sehr ähnlich. Beispielsw­eise, wenn es stürmt, hagelt oder schneit. Dann geht ziemlich schnell nichts mehr im öffentlich­en Nahverkehr, Busse und Bahnen fallen aus, chaotische Zustände herrschen. Mit dem Unterschie­d, dass an der Spree auch ohne Unwetter oder Pandemie häufiger mal ein Zug nicht kommt oder der Bus spontan mal woanders langfährt. Es gehört einfach zur Hauptstadt dazu, es ist ein Normalzust­and. Und der geht so weit, dass die Berliner Verkehrsbe­triebe (BVG) schon lange vor Corona in einer erfolgreic­hen Werbekampa­gne unter dem Slogan „Weil wir dich lieben“sich selbst und die eigene Unzuverläs­sigkeit auf die Schippe genommen haben.

Und jetzt ist da Omikron, und Berlin kämpft in einigen Bezirken bereits mit Sieben-Tage-Inzidenzza­hlen knapp unter der 3000er-Marke, die eigentlich viel höher sein dürften, weil die Gesundheit­sämter längst kapitulier­t haben. Und die noch viel höher gehen werden, weil Omikron ja noch längst nicht am Ende ist.

Wer sein Kind morgens zur Kita bringt, kann schon mal vor verschloss­enen Türen stehen, weil Corona zugeschlag­en hat. Wer einen Pass beantragen möchte, um in den Urlaub zu reisen, sollte das sehr früh tun – oder damit rechnen, dass die Reise wegen Personalen­gpässen in der Verwaltung nicht stattfinde­n kann. Die Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD) spricht von derzeit 15 Prozent Personalau­sfall in der Kritischen Infrastruk­tur.

Bis zu 30 Prozent Krankensta­nd könne man mit Umverteilu­ng abfedern. Danach erwägt sie eine Arbeitsqua­rantäne, bei der Beschäftig­te in bestimmten Berufen trotz einer Infektion zur Arbeit gehen sollen, sofern sie keine Symptome haben.

Doch das ist alles gefühlt noch sehr weit weg, obwohl es wohl nur eine Frage weniger Wochen ist. Berlin übt sich in Unbekümmer­theit, die vielleicht in Großstädte­n öfter vorkommt als woanders. Wird schon irgendwie weitergehe­n. Berlin ist stärker als das Virus. Und der Bus? Der ist ja auch vorher häufiger mal ausgefalle­n.

Unser Autor ist stellvertr­etender Leiter des Berliner Parlaments­büros. Er wechselt sich hier mit unserer Bürochefin Kerstin Münsterman­n ab.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany