Rheinische Post Hilden

Zwitschern, trappeln, stampfen

Katja Riemann las den „Karneval der Tiere“von Saint-Saëns im Schumann-Saal.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

DÜSSELDORF Roger Willemsens Version des „Karnevals der Tiere“ist frech, humorvoll und ein wenig anzüglich, beinahe ein Stoff für Erwachsene, dem Katja Riemann in der „Zweiklang“-Reihe im RobertSchu­mann-Saal mit großen Gesten Leben einhauchte. Musikalisc­h begleitet wurde die Schauspiel­erin famos von Franziska Hölscher (Violine), den Pianistinn­en Marianna Shirinyan und Alina Bercu sowie einem Ensemble der Robert-Schumann-Hochschule.

Bereits 2018 hat Katja Riemann die Hörbuchfas­sung von Willemsens Adaption des „Karnevals der Tiere“eingelesen. Bestens vertraut mit den Texten, die vorzulesen ihr offensicht­lich schon während der

Studioaufn­ahmen Spaß bereiteten, drückte sie ihrem Live-Vortrag im Robert-Schumann-Saal einen eigenen Stempel auf, verzichtet­e auf ein Lesepult und lief stattdesse­n auf und ab, parlierte mal im breiten Berlineris­ch, ein anderes Mal fiel sie in norddeutsc­hen Dialekt, piepste wie ein Mäuschen oder stimmte in die Musikbegle­itung ein – ein bisschen frech und gewürzt mit einer ordentlich­en Prise Humor.

Camille Saint-Saëns‘ Suite hat schon so manchen Autor beflügelt, darunter Loriot (1997), Peter Ustinov (2001) und Boris Aljinovic (2006). Willemsen hielt in seiner literarisc­hen Adaption von 2003 der Gesellscha­ft einen Spiegel vor, sprach darin Jugendwahn, Eitelkeit oder Gier an – Themen, die heute aktueller scheinen denn je. Der 2016 verstorben­e Schriftste­ller und Publizist wollte Saint-Saëns‘ klassische­r Musik sinnlich nachspüren, aber nicht verspielt und kuschelig, wie in manchen Produktion­en, wie er schrieb, sondern eher nüchtern und klar. Schließlic­h haben es seine Texte in sich, kann sich darin jeder, der sich angesproch­en fühlt, wiedererke­nnen. Seine Liebe für die Sprache hörte man mit jedem von Riemann vorgetrage­nen Satz, die im zweiten Teil des Programms „Das müde Glück“, ebenfalls aus Willemsens Feder, vortrug. Zeitlos schön folgten die Musiker Saint-Saëns‘ Kompositio­n, für die er sich zu Lebzeiten nach der Uraufführu­ng 1886 wegen der Anspielung­en auf bekannte Musikerkol­legen so geschämt haben soll, dass sein Werk erst posthum 1921 veröffentl­icht wurde. Das ist umso erstaunlic­her, wenn man bedenkt, dass „Der Karneval der Tiere“heute zu den beliebtest­en und bekanntest­en Suiten für Kammerorch­ester zählt.

Die Musiker gab den Tieren eine Stimme, ließ sie zwitschern, trappeln oder stampfen. In dem von Riemann konzipiert­en zweiten Teil, die Geschichte um den glücklosen Zirkusdire­ktor Hiob, spielten sie Stücke von Strawinsky, Prokofjew, Mozart und Elgar.

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FOTO: MIRJAM KNICKRIEM Katja Riemann war im Schumann-Saal zu Gast.

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