Der moralische Druck nach Butscha
Die Bilder der Gräueltaten von Butscha sind kaum zu ertragen. Es sind Kriegsverbrechen gegen wehrlose Zivilisten. Das Leid ist übergroß, der Pfad zurück in die zivilisierte Welt scheint für Wladimir Putins Russland derzeit kaum noch zu beschreiten. Was kann die deutsche Politik dem noch entgegensetzen? Bundeskanzler Olaf Scholz trat am Sonntag vor die Presse und kündigte weitere Sanktionen im Kreise der europäischen Verbündeten an. Und sprach von weiteren Waffenlieferungen aus Deutschland in die Ukraine. Hier muss Deutschland deutlich nachlegen, auch bei schweren Waffen. Die Warnung vor einer Eskalation der militärischen Situation in der Ukraine hat sich bereits erübrigt. Es gilt, schnell zu klären, warum sich Lieferungen verzögern oder gar ausbleiben. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wirkt, als hätte sie die Lage nicht im Griff, weder kommunikativ noch logistisch. Wenn sie ihr Haus nicht bestellen kann, dann ist sie falsch an diesem Platz. Kanzler Scholz sollte sich das nicht allzu lange anschauen.
Der Druck wächst, auch die russischen Energielieferungen auf den Prüfstand zu stellen. Polen etwa weist mit dem Finger nach Deutschland und will selbst die russischen Importe zum Jahresende hin beenden. Ein überstürztes Handeln wäre falsch und würde das eigene Land zum Nachteil aller schwächen, so die Argumentation der Regierung. Die Begründung ist nicht von der Hand zu weisen. Für die Protagonisten – den Kanzler, den Wirtschafts- und den Finanzminister – wird allerdings der moralische Druck angesichts der Gräuel immer größer. Doch wenn sie sich für diesen Weg entschieden haben, um Schaden vom eigenen Land abzuwenden, dann sollten sie ihn immer wieder gut begründen. Und eine Alternative erarbeiten. Denn bisher haben die westlichen Sanktionen Putin von gar nichts abgehalten.