Rheinische Post Hilden

Der Druck auf die Bundesregi­erung steigt

- VON JAN DREBES UND JANA WOLF

BERLIN Die Bilder aus Butscha haben auch für Entsetzen in der Bundesregi­erung gesorgt. Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) sprach von „furchtbare­n und grauen-erregenden Aufnahmen“und forderte Russland auf, in einen Waffenstil­lstand einzuwilli­gen und die Kampfhandl­ungen einzustell­en. Vizekanzle­r Robert Habeck und Außenminis­terin Annalena Baerbock (beide Grüne) sprachen von russischen Kriegsverb­rechen und verurteilt­en diese aufs Schärfste.

Die Kriegsgräu­el erhöhen den Druck auf den Westen, schnell neue Sanktionen gegen Russland zu beschließe­n. Auch die Bundesregi­erung

sieht sich Forderunge­n nach einer härteren Gangart gegenüber Russland ausgesetzt, besonders nach einem Embargo der russischen Importe von Gas und Öl. Doch die Ampelkoali­tion bleibt bei ihrer Linie: kein sofortiger Importstop­p, stattdesse­n eine beschleuni­gte, schrittwei­se Lösung aus der russischen Energieabh­ängigkeit.

Bereits in den kommenden Tagen sollen jedoch neue Strafmaßna­hmen gegen Russland beschlosse­n werden, wie ein Regierungs­sprecher am Montag sagte. Das neue Sanktionsp­aket soll sowohl innerhalb der Regierung als auch im Kreis der EUund G7-Staaten eng abgestimmt werden. Details wurden nicht bekannt.

Bei der Frage nach einem Energie-Embargo gehen in den Ampelfrakt­ionen die Meinungen allerdings auseinande­r. „Ich persönlich bin der Meinung, dass wir ein Embargo verhängen sollten und sich angesichts der Gräueltate­n Russlands in der Ukraine die Frage bald sowieso nicht mehr stellt“, sagte die FDP-Politikeri­n Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses im Bundestag, unserer Redaktion.

Die Fraktionsv­orsitzende der Grünen, Katharina Dröge, argumentie­rte dagegen auf Linie der Bundesregi­erung. Wegen der „grauenhaft­en Kriegsverb­rechen in Butscha“werde es weitere scharfe Sanktionen brauchen. „Es ist sehr gut, dass Robert Habeck gleichzeit­ig jeden Tag daran arbeitet, dass wir so schnell wie möglich unabhängig werden von fossilen Importen aus Russland. Damit haben wir de facto ein Embargo beschlosse­n, das wir dann langfristi­g durchhalte­n können“, sagte Dröge unserer Redaktion.

Auch in der SPD ist man zögerlich. „Ein sofortiger Stopp hätte immense

Folgen“, warnte SPD-Chefin Saskia Esken nach einer Klausurtag­ung des Parteivors­tands. Sie äußerte sich erschütter­t über die Bilder toter Zivilistin­nen und Zivilisten in zuvor von russischen Truppen besetzten ukrainisch­en Orten.

Die Vize-Vorsitzend­e der SPDBundest­agsfraktio­n, Verena Hubertz, begrüßte zwar schärfere Sanktionen, nahm aber vor allem russische Unternehme­n im Ausland in den Blick. „Angesichts der Gräueltate­n in Butscha brauchen wir verschärft­e Sanktionen gegen Putins Energiesek­tor. Der russische Atomriese Rosatom agiert weiterhin weltweit und erwirtscha­ftet Milliarden. Hier müssen wir nachschärf­en“, forderte Hubertz.

Der designiert­e FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai hat im Fall eines Embargos vor harten wirtschaft­lichen Konsequenz­en in Deutschlan­d gewarnt. „Vor dem Hintergrun­d des russischen Angriffskr­ieges auf die Ukraine und der grauenvoll­en Nachrichte­n über Kriegsverb­rechen steht außer Frage, dass wir die Abhängigke­it von Russland im Energieber­eich beenden müssen“, sagte Djir-Sarai unserer Redaktion. „Ein sofortiger Importstop­p für Erdgas aus Russland würde hierzuland­e allerdings zu erhebliche­n Problemen für die Wirtschaft führen und zahlreiche Arbeitsplä­tze kosten, da darf man sich keine Illusionen machen“, betonte der FDPPolitik­er.

„Ich persönlich bin der Meinung, dass wir ein Embargo verhängen sollten“Marie-Agnes Strack-Zimmermann FDP

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