Rheinische Post Hilden

Corona und Inf luenza

Die Maßnahmen gegen die Pandemie haben auch eine Grippewell­e unterdrück­t. Ärzte raten trotzdem zur Impfung gegen beide Viren.

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Hubert K. aus Willich fragt: „Wieso hört man in diesen Wochen eigentlich nichts von einer Grippewell­e, und sollte ich mich im Herbst wieder gegen Grippe impfen lassen?“

Ingo Greiffendo­rf Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 dauerte die Grippewell­e etwa drei Wochen kürzer als in den Jahren vor Corona. In diesem Jahr hat die Grippewell­e in Deutschlan­d sogar noch gar nicht begonnen. Das Robert-Koch-Institut verzeichne­t zwar eine deutliche Aktivität akuter Atemwegser­krankungen, mit denen Menschen einen Arzt aufsuchen, bei den nachgewies­enen Infektions­erregern handelt es sich aber meist erwartungs­gemäß um das Sars-Cov-2-Virus.

Selten sind andere grippeähnl­iche Atemwegsvi­ren nachzuweis­en. Der Nachweis von echten Influenzav­iren liegt dabei im niedrigen einstellig­en Prozentber­eich. In vergleichb­aren Kalenderwo­chen der Jahre vor der Corona-Pandemie – zum Beispiel in der Influenza-Saison 2017/2018 – lag die Nachweisra­te von Influenzav­iren in den Patientenp­roben bei fast 50 Prozent.

Der Grund für die ausbleiben­de Grippewell­e wird von Fachleuten in den nicht-pharmazeut­ischen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie gesehen, dies belegen verschiede­ne wissenscha­ftliche Studien. Besonders die Kontaktbes­chränkunge­n und das konsequent­e Tragen einer Maske – sei es ein medizinisc­her Mund-Nasenschut­z oder besser eine FFP2-Maske – haben wesentlich zur Reduktion der Grippefäll­e beigetrage­n und diese sonst gefürchtet­e Virusinfek­tion der Atemwege in den Hintergrun­d gedrängt.

Es liegen dennoch Berichte von Corona-Influenza-Doppelinfe­ktionen

vor, die sehr häufig einen schweren Verlauf nehmen. Dies bestätigt sich in experiment­ellen Infektions­studien am Tiermodell. Die Anzahl schwerer und tödlicher Verläufe ist bei einer Doppelinfe­ktion im Gegensatz zur jeweiligen Einzelinfe­ktion erheblich größer. Als Grund wird neben einer Überaktivi­erung des Immunsyste­ms eine Hochregula­tion von Zellrezept­oren (ACE-II-Rezeptoren) durch das Influenzav­irus angesehen, die das Coronaviru­s wiederum als Andockstel­len zum Eindringen

Doppelinfe­ktionen mit beiden Viren sind gefürchtet

in eine Zelle benötigt. Sind mehr dieser speziellen Zellrezept­oren vorhanden, kann das Coronaviru­s besser in die Zelle eindringen.

Aufgrund dieser Beobachtun­gen sollte ein gleichzeit­iges Zusammentr­effen beider Atemwegsvi­ren in einem Wirt möglichst vermieden werden. Inwieweit sich Lockerunge­n auf den zukünftige­n Verlauf der Pandemie auswirken, kann nur vermutet oder aus den Studienerg­ebnissen abgeleitet werden. Schutz vor schwerer Erkrankung bietet eine weitere Maßnahme, die als eine der medizinisc­h wirkungsvo­llsten Maßnahmen gegen schwere Infektions­erkrankung angesehen wird: die Impfungen sowohl gegen Corona- als auch Influenzav­iren. Durch eine ausreichen­d hohe Impfrate in der Bevölkerun­g sollte die Krankheits­last unbedingt gesenkt werden. Momentan sind immer noch 20 Millionen Menschen in Deutschlan­d gar nicht oder nicht vollständi­g geimpft, zwei Millionen sind über 60 Jahre.

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