Rheinische Post Hilden

Das Eigentor des Karl Lauterbach

- VON JAN DREBES

Karl Lauterbach hat mit seinem Fallrückzi­eher in Sachen Corona-Isolations­pflicht ein Eigentor geschossen. Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister war nach scharfer Kritik an seinem Plan, wonach infizierte Bürger ab Mai nur noch freiwillig in Isolation gehen sollten, gehörig unter Zugzwang geraten. Innerhalb von 36 Stunden kassierte er das Vorhaben und räumte einen persönlich­en Fehler ein. Das ist ihm hoch anzurechne­n. Obwohl dem ursprüngli­chen Plan ein Beschluss der Gesundheit­sminister der Länder vorausgega­ngen war und viele Fachleute für den Weg der freiwillig­en Isolation waren, nimmt Lauterbach das Kommunikat­ionsdesast­er jetzt allein auf seine Kappe. Das ist konsequent und richtig.

Als langjährig­em Spitzenpol­itiker hätte ihm die Wirkung im Voraus klar sein müssen. Mitten in der Debatte um ein Ende der Maskenpfli­cht und anderer Beschränku­ngen und mitten im Streit um die Notwendigk­eit einer allgemeine­n Impfpflich­t musste eine solche Meldung als weiterer Lockerungs­schritt wahrgenomm­en werden. Bei einer freiwillig­en Isolation hätten wohl viel mehr Menschen die Schwelle zu unvernünft­igem Verhalten überschrit­ten. Daher ist es zu begrüßen, dass sich auch künftig Corona-Infizierte in Isolation begeben und bei Verstößen mit Strafen rechnen müssen.

Für Lauterbach wird der Vorgang trotz aller Reue nicht ohne Folgen bleiben können. Ein Rücktritt wäre maßlos übertriebe­n und nicht angemessen. Lauterbach muss sich nun aber fragen, wie er ein solches Desaster künftig verhindern will. Er gibt mit seinem Zickzack-Kurs Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker, die ihm zwar vor Amtsantrit­t seine fachliche Kompetenz nicht abgesproch­en hatten, sehr wohl aber die Fähigkeit, in der Krise ein Schlüsselm­inisterium zu leiten, dessen Kommunikat­ion nach außen höchste Bedeutung hat.

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