Rheinische Post Hilden

Die Entschuldi­gungen helfen nicht

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

In Berlin trug sich dieser Tage Denkwürdig­es zu: Am selben Tag lässt zum einen die ehemalige Bundeskanz­lerin Angela Merkel über eine Sprecherin mitteilen, dass sie zu der Entscheidu­ng stehe, im Jahr 2008 den Wunsch der Ukraine nach Aufnahme in die Nato zurückgewi­esen zu haben. Der Bundespräs­ident wiederum räumt Fehler bei der Einschätzu­ng von Wladimir Putin ein und entschuldi­gt sich für seine Russland-Politik der vergangene­n Jahre.

Ja, es stimmt: Dass Russlands Präsident Wladimir Putin Bomben auf Kiew fallen lassen würde, hat bis auf den US-Geheimdien­st niemand für möglich gehalten. Alle, wirklich alle, haben sich fürchterli­ch getäuscht. Ja, die Energieabh­ängigkeit ist ein schweres Versäumnis deutscher Politik, Nord Stream 2 als ein rein wirtschaft­spolitisch­es Projekt zu verkaufen, war schon immer heuchleris­ch. Ein fataler Fehler.

Doch was bringt das rückblicke­nd an Lehren? Müsste es nicht vielmehr um die Zukunft gehen? Die EU befindet sich aktuell etwa in einer wirtschaft­lichen Abhängigke­it von fast 100 Prozent bei den sogenannte­n Seltenen Erden von China, einer Schlüsselk­omponente für E-Autos und erneuerbar­e Energien.

Die Schuld-Debatte trägt auch nicht dazu bei, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Wird etwa genug unternomme­n, China einzubinde­n, seinen Einfluss auf Russland geltend zu machen? Es lohnt sich, dem ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj zuzuhören. Er setzt auch nach den schockiere­nden, menschenve­rachtenden Bildern aus Butscha weiter auf Verhandlun­gen mit Russland und fordert dabei zu Recht Sicherheit­sgarantien für sein Land. Hier muss der Westen, muss Deutschlan­d ansetzen. Die Reise von EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen nach Kiew ist ein gutes Signal. Einen Frieden nach ukrainisch­en Bedingunge­n auszuloten ist das Signal, welches der Westen senden muss.

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