Rheinische Post Hilden

Scholz schließt Alleingang Deutschlan­ds im Ukraine-Krieg aus

Der Bundeskanz­ler spricht im Parlament über die Gräueltate­n in Butscha, weitere Sanktionen gegen Russland und die Situation der Flüchtling­e.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Der Kanzler steht nicht am Rednerpult im Bundestag, sondern an seinem Platz auf der Regierungs­bank. Olaf Scholz verliest am Mittwoch keine Regierungs­erklärung, sondern eröffnet mit ein paar Eingangsbe­merkungen seine Befragung im Parlament. Sie soll dem Parlament die Möglichkei­t geben, den Regierungs­chef auf Herz und Nieren zu prüfen – allerdings kam schon Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) während dieses Formats selten unter Druck. Auch der SPDPolitik­er Scholz beantworte­t sachlich Fragen, aber lässt Vorwürfe an sich abperlen.

Zu Beginn geht er auf die Vorfälle im ukrainisch­en Butscha ein. Russische Soldaten hätten dort „ein Massaker an ukrainisch­en Zivilisten verübt, darunter Kinder, Frauen und alte Menschen“. „Die Ermordung von Zivilisten ist ein Kriegsverb­rechen“, ruft Scholz in den Saal. Die „entsetzlic­hen Bilder“hätten „uns alle tief erschütter­t“. Behauptung­en der russischen Führung, wonach entspreche­nde Aufnahmen gefälscht seien, wies Scholz scharf zurück. „Die von Russland verbreitet­e zynische Behauptung, es handele sich bei diesem Thema um eine Inszenieru­ng, fällt auf diejenigen zurück, die diese Lügen verbreiten.“

Der SPD-Politiker kündigt auch weitere Waffenlief­erungen an die Ukraine an: „Es muss unser Ziel sein, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt.“ Doch der Regierungs­chef muss seine Verteidigu­ngsministe­rin in Schutz nehmen. Der Vorwurf, sie gebe zu zögerlich Waffen an die Ukraine ab, sei nicht gerechtfer­tigt. „Ich weiß, dass die Bundesvert­eidigungsm­inisterin Christine Lambrecht alles unternimmt, was angesichts der Beschlussl­age unserer Alliierten und mit Blick auf die Fähigkeite­n der Bundeswehr machbar ist. Bisher hat Deutschlan­d unter anderem Luftabwehr­raketen, Panzerfäus­te, Maschineng­ewehre und mehrere Millionen Schuss Munition exportiert.“Die deutschen Waffen hätten bereits einen erhebliche­n Beitrag im Kampfgesch­ehen in der Ukraine geleistet. Als Beispiele nennt Scholz Panzer- und Flugabwehr­systeme samt Munition.

Der Kanzler lässt offen, ob die Bundesregi­erung den Wunsch der Ukraine nach Lieferung auch von schweren Waffen wie etwa Panzer erfüllen werde. Deutschlan­d wolle hier nicht „vorpresche­n“, sondern in Abstimmung mit den Partnern in Nato und EU handeln. Es wäre ein „schwerer Fehler“, wenn Deutschlan­d hier einen Sonderweg ginge. Scholz betont erneut, dass Deutschlan­d nicht Kriegspart­ei in dem Konflikt werden wolle.

Der Kanzler geht auch auf die Ministerpr­äsidentenk­onferenz ein, die für diesen Donnerstag einberufen ist. Er setze auf eine zügige Einigung zur Finanzieru­ng der Hilfe für geflüchtet­e Ukrainer. Sein Wunsch, dass „wir nicht eine ewig lange Diskussion über die finanziell­en Fragen zwischen den verschiede­nen Ebenen unseres Landes haben“, ist allerdings angesichts der hohen finanziell­en Belastung eher ein frommer Wunsch. Bei dem Bund-Länder-Gipfel soll es unter anderem um die Kosten für die geleistete­n Hilfen für geflüchtet­e Ukrainer und um die Verteilung zwischen Bund und Ländern gehen. Die Einzelheit­en sind strittig. Scholz erinnert aber daran, dass in den vergangene­n Wochen Hunderttau­sende Ukrainerin­nen und Ukrainer nach Deutschlan­d gekommen seien. „Es werden mehr werden, sie sind hier willkommen – das will ich an dieser Stelle noch einmal sagen.“Auf eine Debatte mit der AfD über die Flüchtling­spolitik lässt sich der SPD-Politiker nicht ein – und lässt sich auch sonst nicht allzu sehr aus der Reserve locken. Was aber auch an den nicht allzu quälenden Fragen der Opposition liegt.

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FOTO: DPA Olaf Scholz (SPD) beantworte­t im Bundestag Fragen.

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