„Ein guter Koch kann aus allem etwas machen“
In einer neuen Fernsehshow muss der Meerbuscher Starkoch mit Zutaten aus fremden Kühlschränken Gerichte zaubern.
MEERBUSCH Jeder kennt den ratlosen Blick in den Kühlschrank. Wie lässt sich aus den Resten noch etwas Genießbares zaubern? Diese Frage ist der Ausgangspunkt der neuen Sat.1-Kochshow „Kühlschrank öffne dich!“. Jeweils zwei Profiköche pro Folge müssen mit den Zutaten aus Kühlschränken ihnen fremder Haushalte eine leckere Mahlzeit kochen und damit gegen Alexander Kumptner und „The Taste 2021“-Finalistin Hanna Reder antreten. In einer Folge dabei ist auch der Meerbuscher Starkoch Anthony Sarpong, der im Team mit Johann Lafer am Herd steht. Ein Gespräch über Kreativität in der Küche, den falschen Umgang mit dem Kühlschrank und Ernährungsgewohnheiten.
Ist Ihr Kühlschrank immer voll? Oder sind Sie eher der Typ, der häufig frisch einkauft?
SARPONG Wir sind eine Großfamilie mit drei Kindern, da ist der Kühlschrank immer voll. Meine Tochter ist 16, mein Sohn ist 15, der Kleinste ist sechs Jahre alt. Meine Tochter kocht auch sehr gut, kreiert eigene Salate und Dressings. Deshalb ist unser Kühlschrank stets gut gefüllt – aber wir kaufen nur das, was wir brauchen.
Fängt richtiges Kochen erst dann an, wenn man mit dem arbeiten muss, was da ist?
SARPONG Sagen wir mal so: Die Show hat gezeigt, wie die Menschen leben. Man glaubt es kaum, wie unterschiedlich die Kühltruhen gefüllt sind. Man kann am Kühlschrank sehen, wie der Mensch sich ernährt, ob er gesund lebt und nachhaltig. Das ist unfassbar, was man da herauslesen kann. Aber es stimmt: Um aus dem etwas zu machen, was vorhanden ist, muss man schon ein Meister in seinem Metier sein. Wie viele Menschen können an einen fremden Kühlschrank gehen und einfach daraus etwas kochen? Man muss etwas vom Fach verstehen, man muss kreativ sein und Fantasie mitbringen.
Ich habe heute Morgen in meinen Kühlschrank geschaut: Hinkriegen würde ich etwas, aber ich wäre mir sehr unsicher, ob es schmeckt. Ist das die Kunst?
SARPONG Ja, das ist so. Wir haben Sachen miteinander kombiniert, bei denen wir uns hinterher gewundert haben, wie wir darauf gekommen sind. Daran sieht man aber, dass ein guter Koch aus jeder Situation etwas machen kann. Am Ende muss es einfach nur schmecken. Es ist aber auch nicht schlimm, wenn es nicht gelingt. Wir sind ja keine Ärzte, bei denen der Patient vielleicht tot ist, wenn man einen Fehler macht. Das ist ja das Gute an der Küche. Wenn es schiefgeht, ist ein Gericht versalzen, überwürzt oder angebrannt. Mehr nicht.
Durften Gewürze benutzt werden? Die werden ja nicht kühl gelagert. SARPONG Ja. Salz, Pfeffer, Olivenöl durften wir nehmen, auch Reis und Nudeln. Bei manchen Kühlschränken
ANTHONY SARPONG
war so wenig zu holen, da musste man noch etwas dazunehmen.
Haben Sie mal ein Gericht aus Resten kreiert, das nachher den Weg auf Ihre Speisekarte im Restaurant gefunden hat?
SARPONG Natürlich. Ich war ja sehr lange Privatkoch. Da musste man sehr spontan, sehr kreativ sein. Dass ich mit dem koche, was im Kühlschrank ist, mache ich schon mein ganzes Leben lang.
Sicher wundern sich viele Menschen, was sich aus ihrem Kühlschrank an Menüs zaubern lässt? SARPONG Die Leute in der Show waren total baff und haben gefragt: Das soll aus unserem Kühlschrank sein?
Was sind die häufigsten Fehler, die bei der Lebensmittel-Lagerung im Kühlschrank gemacht werden? SARPONG Zwiebeln muss man zum Beispiel nicht kühl lagern. Häufig stellen die Leute auch Dosengerichte in den Kühlschrank. Das ist natürlich Quatsch. Generell ist mir aufgefallen, dass die Menschen viel zu viel einkaufen. Da wird dann lieber weggeschmissen. Besser ist es, weniger und häufiger einzukaufen. Sonst vergammeln die Sachen zu schnell.
Welche weiteren Probleme im Umgang mit Kühlschränken sind Ihnen noch aufgefallen?
SARPONG Meist sind die Geräte zu kalt oder zu warm eingestellt. Vor allem Gefrierschränke. Die meisten haben minus 16, minus 17 Grad. Unser Tiefkühlfach steht eher bei minus 18 Grad aufwärts. Da ist die Gefahr von Gefrierbrand nicht so groß, wenn man das Fach öffnet.
Glauben Sie, dass sich das Ernährungsverhalten oder das -bewusstsein durch Corona verändert hat? SARPONG Viele Menschen haben zugenommen, im Durchschnitt zwei Kilo. Zur Ernährung gehört deshalb zwingend Fitness. Wer viel isst, muss auch Sport treiben. Aber natürlich ist es schön, dass mehr Menschen gekocht haben. Und es hat einen Trend gegeben zu besserer und teurerer Ausstattung in der Küche. Schick alleine reicht jedoch nicht, man muss mit den Geräten auch umgehen können.
Dass mehr gekocht wurde, heißt ja nicht automatisch, dass besser gekocht wurde.
SARPONG Das stimmt. Viele kochen falsch, lieben Gerichte mit Sahne und Butter. Alles muss fettig sein, Spätzle am besten mit Käse drauf. Ist alles lecker, klar. Aber was bringt das, wenn man das oft isst? Deshalb muss man mehr aufklären, was gutes Essen ausmacht. Viele Menschen wissen das einfach nicht.
Die derzeit steigenden Lebensmittelpreise könnten sich in dieser Hinsicht nachteilig auswirken. SARPONG Natürlich. Ich arbeite viel mit jungen Leuten in den Schulen und Kindergärten. Früher gab es noch das Fach Hauswirtschaft, das ist aber vorbei. Deshalb sind viele Kinder unwissend, wenn es um die Ernährung geht. Oft kennen sie nicht einmal den Unterschied zwischen Spätzle und Makkaroni. Da besteht ganz viel Nachholbedarf. Ich versuche, den Kindern einen Lifestyle zu vermitteln, der gutes Essen mit Bewegung verbindet.
Hat sich Ihre Beziehung zum Kühlschrank durch die Show verändert? SARPONG Nein, wir wissen in meiner Familie, wie wir unseren Kühlschrank zu füllen haben. Wie gesagt, drei Kinder, dazu ist meistens Besuch da. Wenn man zu uns kommt, egal wann, kann man immer einen schönen Salat haben oder frisches Gemüse. Ich hätte gerne mal meinen Kühlschrank gezeigt, das würde bestimmt viele aus den Socken hauen.
JÖRG ISRINGHAUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.