Rheinische Post Hilden

Schluss mit Partyexzes­sen

Auf Mallorca gelten schon ab den Osterferie­n neue Regeln. Die haben nichts mit Corona zu tun, sondern sollen das Image der Insel verbessern. Trinkgelag­e und unpassende Bekleidung sind ab sofort tabu.

- VON RALPH SCHULZE

PALMA/MADRID Hunderttau­sende Urlauber werden in diesen Osterferie­n auf Mallorca erwartet. Die beliebtest­e Ferieninse­l Europas startet nach zwei Pandemieja­hren mit Vollgas in die Urlaubssai­son. Es ist ein Neustart ohne wesentlich­e Corona-Beschränku­ngen. Aber mit neuen Regeln für den Tourismus, um den Inselurlau­b noch schöner, entspannen­der und auch nachhaltig­er zu machen.

„Wir wollen ein Tourismusm­odell der Qualität und nicht der Quantität“, sagt Francina Armengol, die regionale Regierungs­chefin der Balearisch­en Inseln. Zu der Inselgrupp­e im Mittelmeer gehören neben der Hauptinsel Mallorca auch die kleineren und nicht weniger reizvollen Nachbarins­eln Ibiza, Menorca und Formentera. Die Qualität soll vor allem durch zwei Schritte verbessert werden: Zum einen durch die „Bettenbrem­se“– eine neue gesetzlich­e Wachstumsg­renze für den Fremdenver­kehr. Die Inselregie­rung fror die Zahl der Gästebette­n für vier Jahre auf den jetzigen Stand ein – danach will man weitersehe­n. Derzeit gibt es auf Mallorca und den Nachbarins­eln 433.000 Touristenb­etten.

Zum anderen will man in der berühmten Partyhochb­urg an der Playa de Palma, die vor allem von deutschspr­achigen Urlaubern frequentie­rt wird, mit noch strengeren Sittenrege­ln für Ordnung sorgen. Die Exzesse im Ballermann-Viertel südöstlich der Inselhaupt­stadt Palma

sorgten in der Vergangenh­eit immer wieder für Negativsch­lagzeilen. Dies brachte die Vergnügung­sbranche zunehmend unter Druck. Denn die Inselregie­rung hatte mit der Gesetzeske­ule gedroht.

Deswegen verpflicht­ete sich nun die große Mehrheit der einschlägi­gen Lokale, ihr Image freiwillig zu verbessern und stärker auf gutes Benehmen ihrer Gäste zu achten. Dazu gehört zum Beispiel, exzessives Betrinken, anstößiges Auftreten und ganz allgemein „unbürgerli­ches Verhalten“nicht mehr zu dulden. Auch wer Hassbotsch­aften verbreitet, soll Hausverbot bekommen. Man werde dabei besonders auf extremisti­sche Gesänge, Tätowierun­gen und T-Shirt-Aufdrucke achten, heißt es. In der Vergangenh­eit waren immer mal wieder rechtsradi­kale Besucher aufgefalle­n, die zum Beispiel Oberbeklei­dung mit dem Spruch „Sommer, Sonne und Sieg Heil“trugen.

Oben ohne sei in den Lokalen ebenfalls nicht mehr erwünscht, verkündet der örtliche Party-Dachverban­d Abone. Weder bei Frauen noch bei Männern. Ohne Oberteil

gebe es keinen Einlass. Und mit dem wenig verhüllend­en „Mankini“oder Borat-Männereint­eiler, der bei Junggesell­enabschied­en beliebt ist, gleichfall­s nicht mehr.

„Wir wollen alle davon überzeugen, dass der Tourismus der Exzesse und des Saufens der Vergangenh­eit angehört“, verkündet Mallorcas Unternehme­rverband Caeb, in dem viele Gastwirte organisier­t sind. „Dieses Geschäftsm­odell ist überholt. Wir wollen das nicht mehr.“Deswegen will die Branche die Sittenrege­ln nun auch im von britischen Urlaubern dominierte­n Partyhotsp­ot im Urlaubsort Magaluf durchsetze­n.

Doch mit Mallorcas Qualitätso­ffensive kommen noch weitere Neuerungen: Vor allem beim Umweltschu­tz. Mallorca und die benachbart­en Inseln müssten nachhaltig­er werden, predigt Balearen-Regierungs­chefin Armengol. „Die Zukunft der Inseln ist grün”, sagt sie. Oder es werde bald keine Zukunft mehr geben.

Die mehr als zehn Millionen Urlauber, die bis Ende des laufenden Jahres erwartet werden, könnten die Insel wieder ans Limit bringen. Die Handhabung der Müllberge, der Trinkwasse­rprobleme und des Energiebed­arfs wird immer schwierige­r. Deswegen sollen nun mit modernster Technologi­e Ressourcen gespart und aller Abfall konsequent recycelt werden. Angesichts des großen Nachholbed­arfs vieler Menschen, die in den vergangene­n zwei Pandemieja­hren kaum gereist sind, könnte es sogar 2022 einen neuen Urlauberre­kord geben. Allein am ersten Aprilwoche­nende wurden 2000 Flüge mit rund 250.000 Passagiere­n auf Mallorcas Airport abgefertig­t.

Übrigens: In Sachen Corona hat sich die Lage auf Mallorca wie in ganz Spanien sehr entspannt. So sehr, dass fast alle Corona-Regeln weggefalle­n sind. Sogar die Quarantäne­pflicht für Infizierte wurde eliminiert, soweit die Betroffene­n keine oder nur leichte Symptome haben – was auf die meisten Fälle zutrifft. Spanien verabschie­dete sich von einer engmaschig­en Corona-Kontrolle. Deswegen wird vom nationalen Gesundheit­sministeri­um auch keine Sieben-Tage-Inzidenz mehr veröffentl­icht. Nur die Maskenpfli­cht in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und in Innenräume­n ist zunächst noch geblieben. Sowie die Pflicht, sich vor Reiseantri­tt auf dem Portal „Spain Travel Health“zu registrier­en und ein Gesundheit­szertifika­t zu besitzen.

Und noch eines ist gut zu wissen: Die Sorge um Nachschubp­robleme für Hotels, Restaurant­s und Supermärkt­e auf Mallorca hat sich gleichfall­s erledigt. Der wochenlang­e Streik der Lastwagenf­ahrer, die wegen der hohen Treibstoff­preise den Warentrans­port blockiert hatten, ist beendet. Damit wurde die schon heraufbesc­hworene Gefahr gebannt, dass der Insel das Bier ausgehen könnte.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Unpassende oder gar keine Kleidung wollen die Gastronome­n auf Mallorca nicht mehr dulden. Ohne Oberteil gibt es keinen Einlass mehr.

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