Schluss mit Partyexzessen
Auf Mallorca gelten schon ab den Osterferien neue Regeln. Die haben nichts mit Corona zu tun, sondern sollen das Image der Insel verbessern. Trinkgelage und unpassende Bekleidung sind ab sofort tabu.
PALMA/MADRID Hunderttausende Urlauber werden in diesen Osterferien auf Mallorca erwartet. Die beliebteste Ferieninsel Europas startet nach zwei Pandemiejahren mit Vollgas in die Urlaubssaison. Es ist ein Neustart ohne wesentliche Corona-Beschränkungen. Aber mit neuen Regeln für den Tourismus, um den Inselurlaub noch schöner, entspannender und auch nachhaltiger zu machen.
„Wir wollen ein Tourismusmodell der Qualität und nicht der Quantität“, sagt Francina Armengol, die regionale Regierungschefin der Balearischen Inseln. Zu der Inselgruppe im Mittelmeer gehören neben der Hauptinsel Mallorca auch die kleineren und nicht weniger reizvollen Nachbarinseln Ibiza, Menorca und Formentera. Die Qualität soll vor allem durch zwei Schritte verbessert werden: Zum einen durch die „Bettenbremse“– eine neue gesetzliche Wachstumsgrenze für den Fremdenverkehr. Die Inselregierung fror die Zahl der Gästebetten für vier Jahre auf den jetzigen Stand ein – danach will man weitersehen. Derzeit gibt es auf Mallorca und den Nachbarinseln 433.000 Touristenbetten.
Zum anderen will man in der berühmten Partyhochburg an der Playa de Palma, die vor allem von deutschsprachigen Urlaubern frequentiert wird, mit noch strengeren Sittenregeln für Ordnung sorgen. Die Exzesse im Ballermann-Viertel südöstlich der Inselhauptstadt Palma
sorgten in der Vergangenheit immer wieder für Negativschlagzeilen. Dies brachte die Vergnügungsbranche zunehmend unter Druck. Denn die Inselregierung hatte mit der Gesetzeskeule gedroht.
Deswegen verpflichtete sich nun die große Mehrheit der einschlägigen Lokale, ihr Image freiwillig zu verbessern und stärker auf gutes Benehmen ihrer Gäste zu achten. Dazu gehört zum Beispiel, exzessives Betrinken, anstößiges Auftreten und ganz allgemein „unbürgerliches Verhalten“nicht mehr zu dulden. Auch wer Hassbotschaften verbreitet, soll Hausverbot bekommen. Man werde dabei besonders auf extremistische Gesänge, Tätowierungen und T-Shirt-Aufdrucke achten, heißt es. In der Vergangenheit waren immer mal wieder rechtsradikale Besucher aufgefallen, die zum Beispiel Oberbekleidung mit dem Spruch „Sommer, Sonne und Sieg Heil“trugen.
Oben ohne sei in den Lokalen ebenfalls nicht mehr erwünscht, verkündet der örtliche Party-Dachverband Abone. Weder bei Frauen noch bei Männern. Ohne Oberteil
gebe es keinen Einlass. Und mit dem wenig verhüllenden „Mankini“oder Borat-Männereinteiler, der bei Junggesellenabschieden beliebt ist, gleichfalls nicht mehr.
„Wir wollen alle davon überzeugen, dass der Tourismus der Exzesse und des Saufens der Vergangenheit angehört“, verkündet Mallorcas Unternehmerverband Caeb, in dem viele Gastwirte organisiert sind. „Dieses Geschäftsmodell ist überholt. Wir wollen das nicht mehr.“Deswegen will die Branche die Sittenregeln nun auch im von britischen Urlaubern dominierten Partyhotspot im Urlaubsort Magaluf durchsetzen.
Doch mit Mallorcas Qualitätsoffensive kommen noch weitere Neuerungen: Vor allem beim Umweltschutz. Mallorca und die benachbarten Inseln müssten nachhaltiger werden, predigt Balearen-Regierungschefin Armengol. „Die Zukunft der Inseln ist grün”, sagt sie. Oder es werde bald keine Zukunft mehr geben.
Die mehr als zehn Millionen Urlauber, die bis Ende des laufenden Jahres erwartet werden, könnten die Insel wieder ans Limit bringen. Die Handhabung der Müllberge, der Trinkwasserprobleme und des Energiebedarfs wird immer schwieriger. Deswegen sollen nun mit modernster Technologie Ressourcen gespart und aller Abfall konsequent recycelt werden. Angesichts des großen Nachholbedarfs vieler Menschen, die in den vergangenen zwei Pandemiejahren kaum gereist sind, könnte es sogar 2022 einen neuen Urlauberrekord geben. Allein am ersten Aprilwochenende wurden 2000 Flüge mit rund 250.000 Passagieren auf Mallorcas Airport abgefertigt.
Übrigens: In Sachen Corona hat sich die Lage auf Mallorca wie in ganz Spanien sehr entspannt. So sehr, dass fast alle Corona-Regeln weggefallen sind. Sogar die Quarantänepflicht für Infizierte wurde eliminiert, soweit die Betroffenen keine oder nur leichte Symptome haben – was auf die meisten Fälle zutrifft. Spanien verabschiedete sich von einer engmaschigen Corona-Kontrolle. Deswegen wird vom nationalen Gesundheitsministerium auch keine Sieben-Tage-Inzidenz mehr veröffentlicht. Nur die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Innenräumen ist zunächst noch geblieben. Sowie die Pflicht, sich vor Reiseantritt auf dem Portal „Spain Travel Health“zu registrieren und ein Gesundheitszertifikat zu besitzen.
Und noch eines ist gut zu wissen: Die Sorge um Nachschubprobleme für Hotels, Restaurants und Supermärkte auf Mallorca hat sich gleichfalls erledigt. Der wochenlange Streik der Lastwagenfahrer, die wegen der hohen Treibstoffpreise den Warentransport blockiert hatten, ist beendet. Damit wurde die schon heraufbeschworene Gefahr gebannt, dass der Insel das Bier ausgehen könnte.