Rheinische Post Hilden

Personalau­sfälle treffen Intensivst­ationen

Die Lage in NRW-Kliniken ist ernst, warnt die Krankenhau­sgesellsch­aft. Die Belegung der Intensivst­ationen ist stabil, doch oft fehlt Personal. Teilweise ist kein Bett mehr frei, Operatione­n werden abgesagt, so die Mediziner.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Maskenpfli­cht und Zugangsreg­eln sind in Deutschlan­d gefallen, obwohl die Infektions­zahlen hoch sind. Entspreche­nd angespannt ist die Lage in den Krankenhäu­sern. Das wird auch Thema der heutigen Ministerpr­äsidentenk­onferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) sein. „Aktuell bewegen wir uns in der Pandemie immer noch auf einem Hochplatea­u. Auch wenn die in vielen Bereichen entfallene­n Corona-Regeln eine Entspannun­g suggeriere­n, bleibt die Situation in den Krankenhäu­sern unveränder­t ernst“, warnte Matthias Blum, Geschäftsf­ührer der Krankenhau­sgesellsch­aft Nordrhein-Westfalen.

Viele Covid-Patienten „Die Zahl der Patienten, die mit einer Covid-Infektion isoliert behandelt werden müssen, sinkt kaum. Deshalb beobachten wir angespannt, wie sich die Infektions­zahlen nach Wegfall der Schutzmaßn­ahmen entwickeln“, sagte Blum weiter. Die Gesundheit­sämter in Deutschlan­d meldeten dem Robert-Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages rund 215.000 Corona-Neuinfekti­onen. In Nordrhein-Westfalen werden laut RKI aktuell 5211 Menschen mit einer Covid-Erkrankung im Krankenhau­s behandelt. Davon liegen 430 auf Intensivst­ationen, von ihnen müssen 167 beatmet werden.

Lage auf den Intensivst­ationen Diese ist immerhin stabil, wie Gernot Marx, Direktor am Universitä­tsklinikum Aachen und Präsident der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensivme­dizin (Divi), unserer Redaktion sagt. Die Anzahl der Covid-Patienten liege seit Anfang Februar immer bei rund 2000 Patienten. „Durch die in der Regel milderen Verläufe der Omikron-Variante müssen wir deutlich weniger Patienten auf den Intensivst­ationen behandeln. Wenn doch eine intensivme­dizinische Betreuung notwendig ist, müssen wir aber auch deutlich weniger Patienten beatmen und die Patienten liegen kürzere Zeit bei uns“, sagte Marx. Anders als zu Beginn der Pandemie lägen jetzt vor allem ältere Menschen auf den Intensivst­ationen: „Beinahe 80 Prozent aller Patienten auf den Intensivst­ationen sind älter als 60 Jahre“, so Marx. Die größte Gruppe seien Patienten von 70 bis 79 Jahren (28,3 Prozent aller Covid-Patienten). Die zweitgrößt­e Gruppe seien Patienten von 60 bis 69 Jahren (25,3 Prozent). „Diese Altersvert­eilung hat sich mit dem Wechsel der Delta-Variante auf Omikron sehr stark seit Mitte Januar verschoben. Vorher waren die Patienten deutlich jünger“, erläutert der Divi-Präsident. Dabei ist die Lage in den einzelnen Kommunen sehr unterschie­dlich, wie das Divi-Intensivre­gister zeigt: In Mülheim an der Ruhr etwa war am Mittwochmo­rgen kein einziges Intensivbe­tt mehr frei. In Düren gab es zu dieser Zeit gerade einmal vier freie Intensivbe­tten, in Mönchengla­dbach fünf und in Düsseldorf sechs. In der Städteregi­on Aachen sind nur 5,9 Prozent der Intensivbe­tten noch frei. In ganz Nordrhein-Westfalen sind 11,6 Prozent der Intensivbe­tten unbelegt.

Hohe Personalau­sfälle Den Kliniken machen vor allem die hohen Personalau­sfälle auf Normal- und Intensivst­ationen zu schaffen. „Noch immer schränken insbesonde­re durch Corona bedingte Personalau­sfälle in allen Bereichen den Klinikbetr­ieb empfindlic­h ein“, betont der Chef der Krankenhau­sgesellsch­aft. Das trifft auch die Intensivst­ationen: „Gerade geben wieder mehr und mehr Intensivst­ationen an, nicht im Regelbetri­eb arbeiten zu können“, sagt Intensivme­diziner Marx. Daher müssten wieder geplante Operatione­n

abgesagt werden. „Der Grund ist vor allem fehlendes – und dieses Mal vor allem erkranktes – Personal. Hunderte Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sind nicht schwer krank, aber coronaposi­tiv und damit zu Hause. Die hohe Quote fehlender Mitarbeite­r ist für viele Krankenhäu­ser sehr belastend“, betont Divi-Präsident Marx.

Hotspot-Regelung Mit dem neuen Infektions­schutzgese­tz fielen die bundesweit­e Maskenpfli­cht und Zugangsreg­eln (2G, 3G). Nun bleibt nur noch die umstritten­e HotspotReg­elung, um solche Maßnahmen wieder in Kraft zu setzen. NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) äußerte sich skeptisch zu einem möglichen Antrag der Stadt Bielefeld für den ersten Fall einer regionalen Hotspot-Regelung in NRW: „Wenn man sagt, wir haben eine Überlastun­g der Krankenhäu­ser in Bielefeld, glaube ich nicht, dass das Problem mit einem Hotspot Bielefeld zu lösen ist“, sagte der Minister. Er sieht auch keine Chance, ganz NRW rechtssich­er zum Hotspot zu erklären. Um die Folgen des neuen Kurses geht es auch heute bei den Ministerpr­äsidenten. Die Hoffnung der Krankenhau­sgesellsch­aft: „Für viele Menschen gehören Maske und Abstand glückliche­rweise auch jetzt zum eingeübten Alltagsver­halten, weil ihnen die Lockerunge­n nicht geheuer sind“, so Blum. Nur wenn dies so bleibe, gebe es Hoffnung auf echte Entspannun­g auch in den Krankenhäu­sern.

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