Personalausfälle treffen Intensivstationen
Die Lage in NRW-Kliniken ist ernst, warnt die Krankenhausgesellschaft. Die Belegung der Intensivstationen ist stabil, doch oft fehlt Personal. Teilweise ist kein Bett mehr frei, Operationen werden abgesagt, so die Mediziner.
DÜSSELDORF Maskenpflicht und Zugangsregeln sind in Deutschland gefallen, obwohl die Infektionszahlen hoch sind. Entsprechend angespannt ist die Lage in den Krankenhäusern. Das wird auch Thema der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) sein. „Aktuell bewegen wir uns in der Pandemie immer noch auf einem Hochplateau. Auch wenn die in vielen Bereichen entfallenen Corona-Regeln eine Entspannung suggerieren, bleibt die Situation in den Krankenhäusern unverändert ernst“, warnte Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen.
Viele Covid-Patienten „Die Zahl der Patienten, die mit einer Covid-Infektion isoliert behandelt werden müssen, sinkt kaum. Deshalb beobachten wir angespannt, wie sich die Infektionszahlen nach Wegfall der Schutzmaßnahmen entwickeln“, sagte Blum weiter. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem Robert-Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages rund 215.000 Corona-Neuinfektionen. In Nordrhein-Westfalen werden laut RKI aktuell 5211 Menschen mit einer Covid-Erkrankung im Krankenhaus behandelt. Davon liegen 430 auf Intensivstationen, von ihnen müssen 167 beatmet werden.
Lage auf den Intensivstationen Diese ist immerhin stabil, wie Gernot Marx, Direktor am Universitätsklinikum Aachen und Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin (Divi), unserer Redaktion sagt. Die Anzahl der Covid-Patienten liege seit Anfang Februar immer bei rund 2000 Patienten. „Durch die in der Regel milderen Verläufe der Omikron-Variante müssen wir deutlich weniger Patienten auf den Intensivstationen behandeln. Wenn doch eine intensivmedizinische Betreuung notwendig ist, müssen wir aber auch deutlich weniger Patienten beatmen und die Patienten liegen kürzere Zeit bei uns“, sagte Marx. Anders als zu Beginn der Pandemie lägen jetzt vor allem ältere Menschen auf den Intensivstationen: „Beinahe 80 Prozent aller Patienten auf den Intensivstationen sind älter als 60 Jahre“, so Marx. Die größte Gruppe seien Patienten von 70 bis 79 Jahren (28,3 Prozent aller Covid-Patienten). Die zweitgrößte Gruppe seien Patienten von 60 bis 69 Jahren (25,3 Prozent). „Diese Altersverteilung hat sich mit dem Wechsel der Delta-Variante auf Omikron sehr stark seit Mitte Januar verschoben. Vorher waren die Patienten deutlich jünger“, erläutert der Divi-Präsident. Dabei ist die Lage in den einzelnen Kommunen sehr unterschiedlich, wie das Divi-Intensivregister zeigt: In Mülheim an der Ruhr etwa war am Mittwochmorgen kein einziges Intensivbett mehr frei. In Düren gab es zu dieser Zeit gerade einmal vier freie Intensivbetten, in Mönchengladbach fünf und in Düsseldorf sechs. In der Städteregion Aachen sind nur 5,9 Prozent der Intensivbetten noch frei. In ganz Nordrhein-Westfalen sind 11,6 Prozent der Intensivbetten unbelegt.
Hohe Personalausfälle Den Kliniken machen vor allem die hohen Personalausfälle auf Normal- und Intensivstationen zu schaffen. „Noch immer schränken insbesondere durch Corona bedingte Personalausfälle in allen Bereichen den Klinikbetrieb empfindlich ein“, betont der Chef der Krankenhausgesellschaft. Das trifft auch die Intensivstationen: „Gerade geben wieder mehr und mehr Intensivstationen an, nicht im Regelbetrieb arbeiten zu können“, sagt Intensivmediziner Marx. Daher müssten wieder geplante Operationen
abgesagt werden. „Der Grund ist vor allem fehlendes – und dieses Mal vor allem erkranktes – Personal. Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht schwer krank, aber coronapositiv und damit zu Hause. Die hohe Quote fehlender Mitarbeiter ist für viele Krankenhäuser sehr belastend“, betont Divi-Präsident Marx.
Hotspot-Regelung Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz fielen die bundesweite Maskenpflicht und Zugangsregeln (2G, 3G). Nun bleibt nur noch die umstrittene HotspotRegelung, um solche Maßnahmen wieder in Kraft zu setzen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) äußerte sich skeptisch zu einem möglichen Antrag der Stadt Bielefeld für den ersten Fall einer regionalen Hotspot-Regelung in NRW: „Wenn man sagt, wir haben eine Überlastung der Krankenhäuser in Bielefeld, glaube ich nicht, dass das Problem mit einem Hotspot Bielefeld zu lösen ist“, sagte der Minister. Er sieht auch keine Chance, ganz NRW rechtssicher zum Hotspot zu erklären. Um die Folgen des neuen Kurses geht es auch heute bei den Ministerpräsidenten. Die Hoffnung der Krankenhausgesellschaft: „Für viele Menschen gehören Maske und Abstand glücklicherweise auch jetzt zum eingeübten Alltagsverhalten, weil ihnen die Lockerungen nicht geheuer sind“, so Blum. Nur wenn dies so bleibe, gebe es Hoffnung auf echte Entspannung auch in den Krankenhäusern.