Stiftung soll Wirecard-Geschädigten helfen
Auf Initiative von Anlegerschützern sollen Ansprüche gebündelt und Anleger schnell entschädigt werden.
FRANKFURT Der Wirtschaftsprüfer EY – vormals bekannt als Ernst & Young – hat bei dem früheren DaxUnternehmen Wirecard die Bilanzen offenbar nicht gründlich genug geprüft. So kam es zum größten Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik. Auch zahlreiche Privatanleger hatten viel Geld in das Unternehmen investiert. Rund 1000 Klagen sind beim Landgericht München eingegangen, das Mitte März beschlossen hat, mögliche Schadenersatzansprüche nun in einem Kapitalanleger-Musterverfahren zu klären. Zuständig wäre das Bayerische Oberste Landesgericht. Ein Musterkläger wird noch bestimmt. Solche Verfahren dauern oft sehr lange – das bei der Deutschen Telekom zog sich über fast 20 Jahre.
Vor diesem Hintergrund möchte nun die Deutsche Schutzvereinigung
für Wertpapierbesitz (DSW) Anlegern eine schnellere Entschädigung ermöglichen. Dazu hat sie mit zwei Anwaltskanzleien – der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Frankfurter Nieding + Barth und der AKD Benelux Lawyers in Amsterdam – die „Stichting Wirecard Investors Claim“mit Sitz in Amsterdam gegründet. „Diese Stiftung bündelt dann die Schadenersatzansprüche aller Wirecard-Geschädigten“, so Anwalt Klaus Nieding, der auch Vizepräsident der DSW ist. Diese Stiftung möchte eine europäische Vergleichslösung erreichen. So hätten die Anleger und das Unternehmen Rechtssicherheit.
Insgesamt 25 Anlegerschutzvereinigungen in Europa, auch der europäische Anlegerverband Better Finance unterstützen das Verfahren. Denn es steht nicht nur deutschen, sondern auch europäischen Anlegern offen. Die Stiftung will auch die
EY-Muttergesellschaft EY Global mit einbeziehen. In Deutschland kann man nur gegen EY Deutschland klagen. Zudem habe ein Kapitalanleger-Musterverfahren neben der langen Verfahrensdauer den Nachteil, dass darin nur der Sachverhalt geklärt werde, sagt Nieding. Wie hoch am Ende der Schadenersatz ausfällt, müsste im Anschluss in Individualklagen noch einmal gesondert von Gerichten entschieden werden.
Die DSW ist zuversichtlich, dass sie gute Chancen auf einen Vergleich mit EY hat. 30.000 Privataktionäre haben sich bisher schon bei der Stiftung gemeldet. Die Registrierung ist kostenfrei, die Kosten werden zunächst von einem Prozessfinanzierer ausgelegt. Nur im Erfolgsfall erhält der dann 25 Prozent der Summe, die den Anlegern zugesprochen wird. Deren Gesamtschadensforderung beläuft sich auf 1,5 Milliarden Euro. Hinzu komme eine vierstellige Zahl an institutionellen Investoren mit ihren Forderungen. Privatanleger müssen sich verbindlich registrieren und sie dürfen nicht parallel in anderen Verfahren versuchen, ihre Forderungen durchzusetzen. Eine solche doppelte Rechtsabhängigkeit ist in Deutschland nicht erlaubt. Wer sich anschließen möchte, solle das bald tun, denn wenn die Vergleiche geschlossen seien, profitierten nur die registrierten Anleger.