E-Autokäufer brauchen langen Atem
Die Nachfrage nach Fahrzeugen mit Elektroantrieb steigt auch im Kreis Mettmann weiter, aber auch die Lieferzeiten laufen mitunter aus dem Ruder.
HILDEN/HAAN Wer mit dem Gedanken spielt, seinen alten fahrbaren Untersatz gegen ein neues Modell einzutauschen, muss derzeit frühzeitig Nägel mit Köpfen machen. „Die Lieferzeiten haben sich teilweise vervierfacht“, berichtet Ralf Gierten, Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses mit Standorten in Hilden und Langenfeld. Hätten Kunden in den Jahren vor Corona drei bis maximal vier Monate auf ihr Auto warten müssen, liege diese Zeitspanne inzwischen manchmal jenseits eines Jahres. Betroffen von diesem langen Vorlauf seien prinzipiell alle Antriebsarten – besonders aber Elektroautos.
Zu einer ähnlichen Feststellung kommt auch Birgit Niegel, Geschäftsführerin von Altmann Autoland. Die Nachfrage nach den E-Modellen des Vertragspartners Opel wie dem Mokka E oder dem Corsa E in den zwei Standorten des Haaner Händlers beschreibt sie als „extrem hoch“. Habe der Kunde das bestellte Auto anfangs nach etwa einem halben Jahr bekommen, dauere es nun doppelt so lang.
Die Gründe für die sehr langen Lieferzeiten sind vielfältig: So sieht Niegel in der weltweiten Halbleiterkrise weiterhin ein entscheidendes Problem. Der hohe Bedarf für diverse technische Geräte bei gleichzeitig bestehenden Engpässen aufseiten der Rohstofflieferanten beschäftigen die Automobilindustrie seit Jahren – und das noch einmal verschärft durch die Corona-Pandemie.
Laut Markus Ossenbühl, Verkaufsleiter des Autohauses Schnitzler mit Niederlassungen in Hilden und Langenfeld, spielt auch der Krieg in der Ukraine eine Rolle: Schließlich kämen Kabelbäume für VW und andere Autohersteller auch aus dem kriegsgeschüttelten Land im Osten Europas.
Die Nachfrage nach E-Autos und Hybridfahrzeugen habe sich sehr gut entwickelt, betont Ossenbühl vom VW- und Audi-Händler. Die beiden Hersteller hatten jüngst Bestellstopps für Plug-In-Hybride verhängt, um die Lieferzeiten nicht noch weiter aus dem Ruder laufen zu lassen.
Dass das Warten auf das nächste Auto für die Kunden mit vielen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist, liegt zweifellos auf der Hand, wie auch Birgit Niegel erwähnt: Manche Kunden hätten in der Zwischenzeit auf einen Mietwagen zurückgreifen müssen, andere verlängerten ihre Leasingverträge. Trotz aller Unannehmlicheiten, zu denen auch eine geringere staatliche Kaufprämie im nächsten Jahr gehöre, gingen viele Autokäufer entspannt mit der Situation um, stellt Niegel fest. Auch an der Entscheidung zugunsten eines Elektroautos hielten die meisten trotz der längeren Lieferzeiten fest. Einen Bestellstopp vom Hersteller gebe es aktuell nicht, betont sie.
Als „von Marke zu Marke unterschiedlich“bewertet Patrick Vogel, Leiter Groß- und Gewerbekunden beim Autohaus Schönauen, die Liefersituation: Peugeot etwa habe eine Liefergarantie für die Modelle e-208 und e-2008 für das laufende Jahr herausgegeben. Insgesamt seien die Wartezeiten aber aufgrund der bekannten Rohstoffprobleme deutlich gestiegen. Um die Nachfrage kurzfristiger abdecken zu können, sorge der Händler konstant für einen gewissen Lagervorlauf. So können Kunden eventuell doch schneller an ihr Auto kommen – wenn es nicht unbedingt auf maßgeschneiderte Extras ankommt. Eine Perspektive, dass sich die Liefersituation in Kürze deutlich verbessert, betont wiederum Ralf Gierten, sehe er nicht.