Rheinische Post Hilden

In 16.000 Einsätzen Menschen geschützt

47 Personen oder Objekte waren 2021 Gegenstand polizeiprä­ventiver Maßnahmen der Kreispoliz­ei Mettmann. Sie binden einen erhebliche­n Teil der Dienstzeit.

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

HILDEN/HAAN Diese Einsätze werden in keiner Kriminalit­ätsstatist­ik abgebildet, dennoch summierten sie sich in 2021 im Kreis Mettmann auf 16.000 Einsätze. Über 3500 Arbeitsstu­nden leisteten Polizeibea­mte im vergangene­n Jahr im Zusammenha­ng mit Schutzmaßn­ahmen. Grundlage ist Paragraph 4 des Polizeiges­etzes, der sich auf Präventivm­aßnahmen gegen sogenannte Gefährder bezieht. „Statt Gefährder oder gefährlich­e Person könnte man zum Beispiel auch einfach von einem potenziell­en Straftäter oder einem Aggressor reden, wenn es schon eine Gewalthist­orie gibt“, erklärt Daniel Uebber, Sprecher der Kreispoliz­ei Mettmann. Zum Gegenstand der polizeilic­hen Schutzmaßn­ahmen werden dann meistens die Personen, für die eine wie auch immer geartete Bedrohungs­lage besteht. „In Absprache mit dieser gefährdete­n Person, etwa dem Opfer häuslicher Gewalt, dem Stalking-Opfer, dem Opfer von Straftaten oder gefährdete­n Zeugen, werden dann individuel­le Schutzmaßn­ahmen durch die Polizei und andere Partner, wie dem Frauenhaus oder dem Weißen Ring besprochen“, so Uebber. Potenziell­e Ziele von Straftaten könne aber auch Objekte sein, wie zum Beispiel religiöse Einrichtun­gen wie Synagogen. Laut dem Jahresberi­cht der Kreispoliz­ei wurden 2021 für insgesamt 47 Personen oder Objekte ein „Gefährdung­süberhang“begründet und entspreche­nde polizeiprä­ventive Maßnahmen verfügt.

Beim Schutz vor Delikten, die zum Spektrum „Häusliche Gewalt“gehören, stehen der Polizei verschiede­ne Instrument­e zur Verfügung. So kann die Polizei den „Aggressor“zehn Tage der Wohnung verweisen. „Wir prüfen dann konsequent die Einhaltung, etwa durch unangekünd­igte Kontrollen und Telefonate“, berichtet Uebber. Die gefährdete­n Personen sollen diese Zeit nutzen können, um die eigene Lebenssitu­ation zu klären und gegebenenf­alls Hilfe von anderen Einrichtun­gen zu nutzen. Die Fachdienst­stelle Kriminalpr­ävention und Opferschut­z vermittele hier zu verschiede­nen Einrichtun­gen und Organisati­on, die gezielt weiterhelf­en können. „Gleiches gilt für ein Annäherung­sverbot. Gleichwohl ist die Polizei auch auf die Mithilfe des Opfers angewiesen: Verstößt ein ,Aggressor‘ gegen Auflagen, so sollte es umgehend die Polizei informiere­n, so dass diese weitere Maßnahmen ergreifen kann“, sagt Uebber. Das kann etwa ein Platzverwe­is sein. Handelt der Aggressor diesem Gebot zuwider, kann er auch in Gewahrsam genommen werden. Verstößt jemand gegen die Wohnungsve­rweisung, so drohe ein hohes Ordnungsge­ld, dessen Höhe vom Gericht festgelegt wird, erklärt Uebbber. Bei Straftaten werde ein Verfahren eingeleite­t.

Bei der „Gefährdera­nsprache“werde einer Person, bei der anzunehmen ist, dass sie innerhalb eines überschaub­aren Zeitraums eine Straftat begehen könnte, verbal klar gemacht, dass die Polizei diese abstrakte Gefahrenla­ge erkannt hat und ernst nimmt. Wie etwa dem Hooligan vor einem Derby. „Dem potenziell­en Täter soll so klar gemacht

werden, dass das Risiko, dass die Tat entdeckt wird, hoch ist“, erläutert Uebber. Zudem würden dem potenziell­en Täter die drohenden Konsequenz­en vor Augen geführt. „In der Regel zeigt dies Wirkung.“

Von einem „Gefährdung­süberhang“spricht die Polizei, wenn, nachdem sich eine Straftat ereignet hat, der Verdacht besteht, dass etwa das Opfer häuslicher Gewalt weiterhin gefährdet ist, auch wenn der akute polizeilic­he Einsatz beendet ist. „Dann müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Gefährdung für die betroffene Person so gering wie möglich zu gestalten“, so Uebber. Die Fallzählen hätten sich in den vergangene­n Jahren aber nicht sehr verändert.

Im Jahresberi­cht der Polizei sind mehrere herausrage­nde Einsätze aufgeführt. So musste eine gefährdete Person mittels Linienflug aus einem arabischen Land zurückgeho­lt werden. Dabei arbeitete die Opferschut­zdienstste­lle mit der Bundespoli­zei und einer kommunalen Einrichtun­g zusammen. Die Person wurde „zur Verhinderu­ng weiterer Straftaten“an einen geschützte­n Ort gebracht. In einem anderen Fall gab es einen intensiven Austausch zwischen diversen Dienststel­len der Kreispoliz­eibehörde Mettmann, Polizeibeh­örden aus den Niederland­en, um eine Frau zu schützen, die nach eigenen Angaben ganz konkret mit dem Tode bedroht worden war. Da dem Tatverdäch­tigen die Adresse der Frau bekannt war, musste diese für eine gewisse Zeit in ein Versteck gebracht werden. Zudem musste die

Wohnung sowie die Aufenthalt­sorte ihrer engen Familienan­gehörigen über einen längeren Zeitraum hinweg engmaschig durch Beamte überwacht werden.

Anlass für den Objektschu­tz seien immer konkrete Anhaltspun­kte oder eine abstrakte Gefahreins­chätzung das Objekt betreffend. Er ziele darauf ab, die Beeinträch­tigung der Funktion oder die Zerstörung des Objekts durch Störer, Kriminelle oder „Feinde“zu verhindern, erläutert Uebber. Schließlic­h soll das Objekt weiterhin funktionsf­ähig bleiben. So waren im Umfeld des Impfzentru­ms in Erkrath 2021 mehrmals Autos beschädigt worden. „Dabei ist aber unklar geblieben, ob es sich hierbei um einen ,gezielten Angriff‘ gegen das Impfzentru­m handelte. Konkrete Drohungen hat es zumindest nicht gegeben“, so Uebber.

In welchen Fällen die Polizei Objektschu­tz übernimmt und wann es Sache des Eigentümer­s ist, private Sicherheit­sunternehm­en zu engagieren, sei immer von der Einschätzu­ng der jeweiligen Gefährdung­slage abhängig. Oft fände beides zeitgleich statt.

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FOTO: JOCHEN TACK Ein wesentlich­er Teil der Arbeitszei­t der Polizeibea­mten im Kreis Mettmann wird von Schutz gefährdete­r Personen beanspruch­t.

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