Rheinische Post Hilden

Landarzt – ohne Netz und doppelten Boden

-

Traumstudi­um Medizin? So sind die Werbeanzei­gen für die Medizinstu­diengänge in der sogenannte­n Landarztqu­ote überschrie­ben. Man suche engagierte Menschen, Abi-Note und Wartezeit spielten bei der Vergabe der Studienplä­tze keine Rolle, heißt es. Ist das jetzt endlich die Chance für alle, die kein Abi mit 1,0 vorweisen können? Und die das Landleben ohnehin ganz attraktiv finden?

Doch der gute Wille allein, dermaleins­t zehn Jahre auf dem Land zu praktizier­en, genügt leider doch nicht. Einen sehr gut bestandene­n Medizinert­est (TMS) und eine Ausbildung in einem Gesundheit­sberuf sollten Sie schon mitbringen, um überhaupt in dem Auswahlver­fahren ein paar Pluspunkte zu sammeln. Und bevor

Sie ins Rennen gehen, unterschre­iben Sie, dass Sie – wenn Sie einen Studienpla­tz bekommen – nach dem Examen für zehn Jahre in dem Bundesland, in dem Sie studiert haben, in einer Landarztpr­axis arbeiten werden.

Das finden Sie toll und bewerben sich in allen Bundesländ­ern, die das Modell anbieten? Lieber nicht, denn jetzt kommt der Pferdefuß: Der Vertrag gilt auch, wenn man in einem weiteren Bundesland einen Studienpla­tz bekommt, was nicht so ganz unwahrsche­inlich ist, wenn man zu den guten Bewerbern gehört.

Bekommen Sie also mehrere Studienplä­tze, von denen Sie ja nur einen annehmen können, so sind Sie trotzdem verpflicht­et, die zehn Jahre überall dort abzuleiste­n, wo Sie sich beworben haben und mit der Bewerbung diese Verpflicht­ung eingegange­n sind. Sollten Sie den Vertrag nicht erfüllen, so steht es in den Unterlagen, werden die vereinbart­en Vertragsst­rafen fällig.

Das heißt im Klartext: Wenn Sie sich in mehreren Bundesländ­ern für die Landarztqu­ote bewerben und die Verpflicht­ung unterschre­iben, so ist dieser Vertrag gültig, auch wenn Sie aufgrund Ihrer guten Abi-Note oder Ihrer Wartezeit einen Studienpla­tz bekommen. Freikaufen kann man sich natürlich auch, mit 250.000 Euro. Ich finde, dass dieser Vertrag unbedingt mit Ihrem Blut unterschri­eben werden sollte.

 ?? FOTO: BERND SCHALLER ?? Karin Wilcke ist selbststän­dige Studienber­aterin und Dozentin an der HeinrichHe­ine-Uni.
FOTO: BERND SCHALLER Karin Wilcke ist selbststän­dige Studienber­aterin und Dozentin an der HeinrichHe­ine-Uni.

Newspapers in German

Newspapers from Germany