Aus für den Verbrenner ab 2035
Die Mehrheit des EU-Parlaments stimmte für die Senkung des CO2-Ausstoßes von Neuwagen auf Null. Teile des Klimapaketes scheitern.
STRASSBURG Es gibt im EuropaParlament eine Mehrheit für verschärfte Eingriffe, um den Kontinent schneller klimaneutral zu machen. Am Nachmittag versagte eine Mehrheit der Abgeordneten wesentlichen Teilen des Klimapakets ihre Zustimmung, weil in einzelnen Punkten moderatere Detailregelungen beschlossen worden waren. Nun müssen die Verhandlungen neu beginnen. Am Abend folgte die mit Spannung erwartete Entscheidung über die Zukunft der Verbrennungsmotoren. Auch hier erwiesen sich Versuche von Wirtschafts- und Verkehrspolitikern der EVP-Fraktion als vergeblich, die Tür für alternative Kraftstoffe für Verbrenner noch einen Spalt aufzuhalten. Kann sich das Parlament mit dem klaren Votum bei den Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten durchsetzen, werden die Menschen in Europa ab 2035 kein neues Auto mit Verbrennungsmotor mehr kaufen können.
Für den Grünen-Umweltexperten Michael Bloss kommt das Votum des Parlamentes einer Entscheidung „für die Zukunft des Automobilstandortes Europa“gleich. Denn künftig würden die besten Elektroautos und Batterien aus Europa kommen. Aus Sicht des CDU-Verkehrspolitikers Jens Gieseke muss nun jedoch um Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit Europas gefürchtet werden, weil Grüne, Liberale und Sozialdemokraten „alles auf die Karte Elektromobilität“setzten.
Als nächstes haben nun die EURegierungen das Wort. Kommen auch sie zum Ergebnis, Verbrennungsmotoren für Pkw und Kleinlastwagen auslaufen zu lassen, müssen sie sich mit den Vertretern des Parlamentes nur noch auf die genauen Regelungen verständigen, um das EU-Gesetz zu beschließen. Derzeit dürfen alle verkauften Fahrzeuge eines Herstellers im Schnitt noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, 2035 könnte dieser Wert auf Null sinken.
Nicht weiter geht es dagegen erst einmal bei anderen Teilen des Fitfor-55-Klimapaketes der EU, mit dem die Verantwortlichen den CO2Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent senken wollen. Dabei handelte es sich um das Herzstück der ambitionierten Reformen: den Handel mit Zertifikaten, um die Verschmutzung immer mehr in den Griff zu bekommen. Nachdem eine Reihe von Änderungsanträgen knappe Mehrheiten gefunden hatten, lehnten Linke, Rechte, Grüne und Sozialdemokraten das nun veränderte Paket komplett ab. Weil die Zertifikate die Basis für einige weitere Gesetzesvorhaben sind, kamen auch die aufs Eis: Etwa der beabsichtigte Mechanismus, solche Importwaren an der Grenze zu verteuern, die in Drittländern weniger klimaschonend hergestellt wurden. Oder der geplante Klimasozialfonds, mit dem soziale Härten durch die immens steigenden Energiepreise abgefedert werden sollten.
Der Chefunterhändler, Peter Liese
von der CDU, stellte heraus, dass mit den erfolgreichen Änderungsanträgen der Vorschlag der EUKommission an vielen Stellen sogar verschärft worden wäre. Bei der Reduktion des Emissionshandels im Jahr 2030 wäre das Kommissionsziel von 61 auf 63 Prozent ausgebaut worden. Auch wäre die Abfallverbrennung miteinbezogen worden und der Schiffsverkehr früher dazugekommen. Grünen und Sozialdemokraten sei das jedoch nicht weit genug gegangen. Sie hätten 67 Prozent Reduktion und eine höhere einmalige Verschärfung ausgerechnet in einer Zeit gewollt, in der Europa durch Russland herausgefordert sei. „Ich finde es wirklich unanständig und hoffe, dass wir den Fehler korrigieren können“, meinte Liese.
Von einem „schwarzen Tag für die Klimaanstrengungen“sprach Tiemo Wölken, der Emissionsexperte der
Sozialdemokraten im Europa-Parlament. Die EVP habe mit den Rechten versucht, den Kommissionsvorschlag „zu verwässern, wo es nur möglich war“. Sie habe mit hauchdünner Mehrheit versucht, den europäischen Green Deal zu „sabotieren“. Wölken: „Das ist für uns nicht verhandelbar.“
Aus Sicht von Bloss hat das Parlament mit dem Vorgehen den „von der fossilen Lobby und Allianz aufgeweichten Emissionshandel“abgelehnt. Für das 1,5-Grad-Klimaziel bedeute das eine große Portion Hoffnung. Nun müssten die Verhandlungen von vorne beginnen. Der Sprecher der deutschen Grünen im Parlament, Rasmus Andresen, sagte, die Konservativen hätten „jetzt die Wahl, ob sie ein ambitioniertes Gesetz mit Grünen und Sozialdemokraten auf den Weg bringen wollen“.