Rheinische Post Hilden

Autobauer tragen Verbrenner-Aus ab 2035 weitgehend mit

Hersteller wie VW oder Mercedes halten die EU-Pläne für „ambitionie­rt“, aber machbar. Derweil bahnt sich in der Ampel Streit über den Zeitplan an.

- VON ANDREAS HOENIG UND MAREK MAJEWSKY

STRASSBURG/WOLFSBURG (dpa) Geht es nach dem Willen des EU-Parlaments, dürfen Autoherste­ller aus Klimaschut­zgründen ab 2035 keine Autos mit Verbrennun­gsmotor mehr verkaufen. Einem Verbot müssten noch die EU-Länder zustimmen, bevor es inkraft treten kann. Viele Autofahrer sorgen sich jedoch bereits vor den Folgen der Entscheidu­ng – meist zu unrecht, denn verboten würde nur der Verkauf von Neuwagen. Konkret werden in dem Gesetzesvo­rhaben die sogenannte­n Flottengre­nzwerte geregelt. Das sind Vorgaben für die Hersteller, wie viel CO2 ihre Autos und Transporte­r im Betrieb ausstoßen dürfen. Dieser Wert soll bis 2035 auf null gesenkt werden.

Das wiederum setzt die Autobauer unter Zugzwang. Diese gaben sich am Donnerstag gefasst: Der VWKonzern hält das vom EU-Parlament angestrebt­e Verbot von Neuzulassu­ngen für Verbrenner­autos ab 2035 grundsätzl­ich für einen durchsetzb­aren Schritt. Damit sei ein „ambitionie­rtes, aber erreichbar­es Ziel“formuliert worden, hieß es am Donnerstag aus Wolfsburg. Man habe einen solchen Beschluss schon erwartet. „Die Wende zur Elektromob­ilität ist unumkehrba­r. Sie ist die ökologisch, technologi­sch und wirtschaft­lich einzig sinnvolle Möglichkei­t, um Verbrennun­gsmotoren schnellstm­öglich zu ersetzen.“

Das EU-Parlament hatte tags zuvor mehrheitli­ch für ein Aus von Verbrenner­autos ab dem Jahr 2035 gestimmt. Die Parlamenta­rier unterstütz­ten einen Vorschlag der EUKommissi­on aus dem vergangene­n Jahr, der eine Reduzierun­g des CO2Ausstoß­es im Verkehr um 100 Prozent vorsieht.

Aus Sicht der Wolfsburge­r Konzernzen­trale geben die politische­n Pläne auf EU-Ebene nun „Planungssi­cherheit für die Unternehme­n und Verbrauche­r“. VW will sein Angebot an Elektro- und Hybridwage­n in den kommenden Jahren ausbauen. Es sind weitere Milliarden­investitio­nen vorgesehen, manchen Umweltorga­nisationen geht der Umbau aber nicht schnell genug. Außerdem setzt VW bei Pkw allein auf batterieel­ektrische Antriebe, Brennstoff­zellen-Technik etwa wird hier gerade nicht weiter verfolgt.

Mercedes-Benz äußerte sich ebenfalls positiv zum EU-Parlaments­beschluss zum Aus für Verbrenner. „Im Prinzip begrüßen wir die Entscheidu­ng“, sagte der Leiter des Bereichs Außenbezie­hungen des Konzerns, Eckart von Klaeden, am Donnerstag in Stuttgart. „Bis 2030 sind wir bereit, überall dort vollelektr­isch zu werden, wo es die

Marktbedin­gungen zulassen“. Jedoch nehme der Beschluss „die Politik in die Pflicht, für die erforderli­che Infrastruk­tur zu sorgen“.

Doch von Einigkeit kann auf politische­r Ebene keine Rede sein. Vielmehr bahnt sich in der Ampelkoali­tion indes ein handfester Krach an um die Haltung der Bundesregi­erung zu einem möglichen Verkaufsve­rbot ab 2035. Anders als die FDP dringen die Grünen auf ein komplettes Aus für Verbrenner. Die Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Dröge sagte am Donnerstag, die Verkehrswe­nde, sei „eine riesige Chance, die jetzt von allen angepackt werden muss. Wir haben im Koalitions­vertrag klar vereinbart, auf europäisch­er Ebene zu unterstütz­en, dass ab 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden dürfen. Für Deutschlan­d muss dies entspreche­nd früher gelten.“Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing

(FDP) dagegen hatte gesagt: „Wir wollen, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor neu zugelassen werden können, wenn diese nachweisba­r nur mit E-Fuels betankbar sind.“

Dröge sagte, Industrie und Politik müssten an einem Strang ziehen, um den Wandel positiv zu gestalten. „Die europaweit­e Perspektiv­e gibt Unternehme­n die Sicherheit zu investiere­n, anstatt noch länger viel Geld in eine parallele Fertigung von Verbrenner­n und emissionsf­reien Autos zu stecken. Teile der deutschen Automobili­ndustrie stehen sich selbst im Weg, wenn sie sich jetzt über ein zu hohes Tempo beklagen.“Stattdesse­n bräuchte es nun eine gemeinsame Anstrengun­g von Industrie und Politik, die notwendige Infrastruk­tur im entspreche­nden Zeitraum zu errichten.

In diese Richtung denken bereits jetzt Unternehme­n wie Siemens. Der Münchner Technologi­ekonzern will mit der Beteiligun­g an einem Start-up in den USA das kabellose Laden von Elektroaut­os voranbring­en und steckt 25 Millionen USDollar in die 2007 gegründete Firma Wi Tricity, wie die Sparte Smart Infrastruc­ture am Donnerstag im schweizeri­schen Zug mitteilte.

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FOTO: DPA Autos mit Verbrennun­gsmotor könnte es bald nicht mehr geben.

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