Lehrerverband will sich Maskenpflicht offen halten
Pädagogen und Hausärzte üben scharfe Kritik an der FDP, die Vorbereitungen für neue Maßnahmen im Herbst bisher ablehnt.
BERLIN Lehrerverband und Hausärzte haben wegen der erwarteten starken Zunahme der Corona-Infektionen im Herbst schon jetzt Konsequenzen gefordert: „Für uns ist ganz wichtig, dass die Politik jetzt im Sommer alle Voraussetzungen und Instrumente dafür schafft und bereit stellt, damit wir im Herbst auf alle möglichen Szenarien an den Schulen schnell und effektiv reagieren können“, sagte der Chef des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, unserer Redaktion.
Der Corona-Expertenrat erwartet im Herbst und Winter erneut eine erhebliche Belastung des Gesundheitssystems. Er empfiehlt eine Rechtsbasis für schnelle Reaktionen auf möglicherweise steigende Infektionszahlen im Herbst und Winter und dringt auf langfristige Verbesserungen
– etwa bei Datenanalyse und Prognose. Der Rat fordert eine zentrale Koordination der Pandemiemaßnahmen zwischen Bund und Ländern und eine bundesweit möglichst einheitliche und schnelle Kommunikation der bestehenden Regelungen und Empfehlungen.
„Unabhängig von der Gefahr neuer gefährlicherer Virusvarianten
rechnen fast alle Expertinnen und Experten mit einer deutlichen bis sehr starken Zunahme an Infektionen im Herbst“, sagte Meidinger und warnte vor Unterrichtsausfällen oder gar Schulschließungen durch eine hohe Zahl erkrankter Lehrerinnen und Lehrer: „Wir fordern deshalb im Schulterschluss mit der Gesundheitsministerkonferenz und dem Deutschen Städtetag, sehr zügig noch vor der Sommerpause des Bundestags die rechtlichen Grundlagen für die eventuell wieder notwendige Maskenpflicht an Schulen zu schaffen. Dazu braucht es schnellstmöglich eine Verlängerung und Neufassung des bisherigen, im September auslaufenden Bundesinfektionsschutzgesetzes.“
Meidinger übte scharfe Kritik an der FDP. „Wir haben absolut kein Verständnis für die derzeitige Position des Bundesjustizministers und
Teilen der FDP, diese notwendigen Entscheidungen bis nach der parlamentarischen Sommerpause in den Spätherbst hinein zu verschieben. Bereits Anfang August beginnt in einigen Bundesländern bereits das neue Schuljahr. Bis dahin müssen die Rechtsgrundlage und die Handlungsoptionen eindeutig geregelt sein“, mahnte der Präsident des Lehrerverbandes.
Auch der Hausärzte-Verband warnte vor Verzögerungen. „Der Expertenrat hat zu recht darauf hingewiesen, dass es nicht darum gehen darf, irgendwelche Horrorszenarien an die Wand zu malen.“Vielmehr gelt es nun, „sich ruhig und nüchtern vorzubereiten. Die Ausgangssituation ist diesmal deutlich günstiger als in der Vergangenheit, allen voran, weil das Virus auf eine breite Immunität in der Bevölkerung trifft“, sagte Hausärzteverbandschef
Ulrich Weigeldt. „Nur vom Analysieren werden wir uns nichts kaufen können. Sehr vieles steht und fällt damit, dass wir es schaffen, endlich eine vernünftige und verlässliche Datenbasis zu schaffen. Das wird eine zentrale Aufgabe der kommenden Monate. Bisher befinden wir uns hier nach wie vor im totalen Blindflug.“Wenn es nicht gelinge, hier einen großen Schritt nach vorne zu machen, würden die Entscheidungen im Herbst wieder nicht auf der Grundlage von validen Zahlen und Fakten getroffen. „Nach zweieinhalb Jahren Pandemie wäre das nicht hinnehmbar“, kritisierte er. Der Fokus liege weiterhin zu sehr auf den Krankenhäusern, so der Hausärzte-Chef. „Wir erwarten, dass jetzt endlich die Arztpraxen in den Fokus rücken; denn hier werden die allermeisten Corona-Patienten abschließend versorgt.“