Rheinische Post Hilden

Teures Vergnügen

Die Preise für Mietwagen in Urlaubslän­dern wie Spanien oder Italien haben sich mindestens verdoppelt. Das hängt mit der Corona-Krise zusammen – aber auch mit dem Buchungsve­rhalten. Experten sagen, was Reisende tun können.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Wie teuer ist ein Mietwagen in der Hauptferie­nzeit? Eine Online-Recherche ergibt auf Anhieb ernüchtern­de Resultate: So kostet etwa ein VW-Golf bei Sixt am Flughafen Mallorca ab Samstag, dem 2. Juli, für eine Woche mindestens 630 Euro, doch mit zweitem Fahrer oder Dieselopti­on kann es auch deutlich mehr werden. Inklusive Navigation­ssystem und ohne Selbstbete­iligung bei einem Unfall kratzt die Rechnung an der 1000-Euro-Marke.

Noch bitterer ist die Suche nach einem Mietwagen auf Rhodos: Selbst ein VW Polo kostet am Tag mindestens 85 Euro in der genannten Woche, fast 900 Euro sind fällig bei Abschluss einer Vollkasko-Versicheru­ng mit 300 Euro Selbstbete­iligung.

Die zwei Beispiele zeigen, wie sehr Reisende diesen Sommer mit stark steigenden Kosten für gemietete Fahrzeuge rechnen müssen im Vergleich zu vor der Corona-Krise 2019. „Die Engpässe sind gewaltig“, sagt Ute Dallmeier, Chefin des First Reisebüros in Mönchengla­dbach. „Das kann den Urlaub deutlich verteuern“, ergänzt ein Sprecher von Tui. Und Thorsten Lehmann, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des Vermittler­s Sunny Cars aus München sagt: „Die Knappheit an Fahrzeugen treibt die Preise hoch, während ja immer mehr Menschen dieses Jahr in den Urlaub wollen. Ich kann nur raten, schnell zu buchen.“

Wie teuer Mietwagen geworden sind, belegen auch Zahlen des Anbieters Sunny Cars: Im April 2019, also vor der Pandemie, lag der Wert einer einzelnen Buchung im Schnitt bei 329,67 Euro, wobei viele dieser Buchungen sich auf Reisen erst im Sommer 2019 bezogen hatten. In diesem April bezahlten die Kunden im Schnitt dagegen pro Buchung 626,12 Euro. Und diejenigen, die in den ersten Juni-Tagen reserviert hatten, legten bereits 681 Euro pro Reservieru­ng auf den Tisch. „Der Trend signalisie­rt Knappheit und ist erschrecke­nd“, sagt Lehmann. „Wir raten den Kunden, so früh wie möglich auch schon für den Herbst zu buchen, um sich den aktuellen Preis zu sichern. Kurzfristi­ge Buchungen führen in der Regel dazu, dass die Preise noch höher oder Fahrzeuge nicht mehr verfügbar sind.“

Verantwort­lich für den Dammbruch bei den Mietwagenp­reisen ist ein globaler Mangel an Fahrzeugen. Weil zwei Jahre lang sehr wenig gereist worden war, haben die Vermieter fast überall ihre Bestände massiv abgebaut. Gleichzeit­ig stellen ihnen die Hersteller weniger günstige Autos als früher zur Verfügung, weil Materialkn­appheit ihre Produktion hemmt und weil sie lieber hochwertig­e und margenträc­htige Fahrzeuge bauen statt Volumenmod­elle für die Ferienregi­onen. Und weil sich dieses Jahr gleichzeit­ig so viele Menschen wie zuletzt vor zwei Jahren zu einer Reise entscheide­n, sind die Mietwagen der günstigere­n Reservieru­ngsklassen bereits vergeben. Die Reservieru­ngssysteme vergeben immer einen Teil des Angebotes relativ günstig, andere Kontingent­e kosten von Woche zu Woche mehr. „Also ist frühes Buchen klug“, so Lehmann.

Der Preisauftr­ieb ist aber nicht überall gleich groß: Die Statistik weist ungefähr eine Verdoppelu­ng des durchschni­ttlichen Preises für Spanien und die USA im Vergleich zu 2019 aus, wobei der USA-Wert wegen der vielen Wohnmobile deutlich höher ist. In Griechenla­nd sind die Werte für Juni-Buchungen bisher nur um rund 60 Prozent gegenüber 2019 angezogen, wogegen Italien auf eine Preissteig­erung von 144 Prozent binnen vier Jahren kommt. „Eine Toskana-Rundfahrt per Mietwagen ab Pisa wird da schon fast ein Luxus bei den Preisen“, sagt Reiseexper­tin Dallmeier.

Aber es gibt auch Alternativ­en. Für Mallorca etwa rät Ute Dallmeier dazu, auf die Inselbusse auszuweich­en. „Das Netz ist relativ gut, man kann oft auch ein Fahrrad mitnehmen, das ist eine interessan­te Option“meint sie. Außerdem würden immer mehr Menschen in Feriengebi­eten E-Bikes statt Autos mieten. „Gerade auf Mallorca werden doch von immer mehr Hotels Pedelecs angeboten.“Auch eine Fahrt per Taxi sei nicht abwegig: „Bevor ich eine ganze Woche einen sehr teuren Mietwagen nehme, kann ich ja auch einmal eine nicht ganz so große Tour mit dem Taxi fahren.“

Tobias Ruoff, Chef der ADAC-Autovermie­tung, rät auch dazu, möglichst früh zu buchen. Preise sollten genau verglichen werden: „Trotz der gestiegene­n Preise sollte man beim Preisvergl­eich nicht auf die ersten Lockangebo­te vertrauen“, rät Ruoff. „Wichtig ist, vor der Buchung die Gesamtpake­te zu vergleiche­n, sonst kann man schnell in die Kostenfall­e tappen.“

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