Freundlich, aber ahnungslos
Die Gastronomie ist in der Servicekrise. Als Gast fühlt man sich bisweilen wie in einer Komödie.
MEIN DÜSSELDORF
Es ist nicht so, dass vor Corona alles glatt gelaufen wäre in der Gastronomie-Branche. Schon immer gab es Aushilfen und Angestellte, die nicht durch TopPerformance glänzten. Mit Corona kam nun aber eine Zäsur, die eindeutiger nicht sein könnte. Es fehlt nicht nur Personal, es fehlt vor allem gutes und pfiffiges. Die Folge ist ein nicht zu übersehendes Servicechaos – nicht in allen, aber doch in vielen Restaurants. Dazu ein paar Erlebnisse aus den letzten Wochen.
Nehmen wir nur den Burgerladen in der City, der seine Gäste erst einmal mindestens (!) 15 Minuten sitzen lässt, bis die Bestellung aufgenommen wird. Oder nehmen wir eine Traditionspizzeria mitten in der Altstadt. Die schmutzigen Tische lassen wir mal außen vor, konzentrieren wir uns auf die lustige Bedienung: Da ist eine junge Frau, die ganz offensichtlich keine Ahnung vom Bedienen hat und – das muss man ihr lassen – das ganz offensiv verkauft und ihre eigene kleine Comedy-Show draus macht. Geschäftig geht sie zwischen den Tischen umher, nimmt irgendwann Bestellungen auf, sucht vergebens nach den passenden Gästen zum Gericht und fragt dabei fast an jedem Tisch ungeniert nach. Sie muss dabei selber schmunzeln, die Gäste zum Glück auch. Da ist es halb so schlimm, dass Pizza und Pasta am Ende etwas abgekühlt sind.
Ein wenig was von einem Clown hat ein junger Kellner in einem urigen Lokal an der Rheinuferpromenade. Erst einmal geht es schnell, emsig drückt er den Gästen die Speisekarten in die Hand und macht ein paar Witzchen. Locker duzt er alle Gäste einfach, dann ist er weg, 20 Minuten passiert nichts. Ein erfahrener Kollege checkt dann die Situation und reagiert schließlich auf recht auffälliges Winken. Der
„Clown“wirbelt noch den ganzen Abend auf der Terrasse herum, zwischendurch lacht er – sicher hat der Job für ihn etwas Bizarres, weil er schlicht überfordert ist und alles vergisst: Besteck, das Glas zum Bier. Und Raucher drücken ihre Zigarette auch lieber im Aschenbecher aus statt auf dem Pflaster.
Vollmundig waren die Versprechungen von einem Restaurant in der Stadtmitte, beim Besuch des Lokals überwog dann aber die Überraschung – zu groß ist die Diskrepanz zwischen Marketing und realem Erleben. Wer Nudeln mit Walnusspesto
bestellt, hätte diese auch gerne. Es kommt aber Basilikumpesto (inklusive lauwarmer Nudeln) auf den Teller. Auf Nachfrage erweckt der Kellner den Eindruck, er sei überzeugt, die Geschmacksnerven des Gastes seien verkalkt. Aus der Küche besorgt er ein Pöttchen mit Pesto und stochert vor der Nase des Gastes mit der Gabel darin herum. Auf der Suche nach minimalsten WalnussStückchen lässt er sich partout nicht abbringen von seinem Glauben an die Walnüsse in der Dose. Erst eine Kollegin bringt Licht ins Dunkel und Verblüffung ins Gesicht: Dem Koch war schlicht ein Versehen passiert. Dass es als Entschuldigung für eine insgesamt groteske Diskussion ein Getränk oder Nachtisch aufs Haus gibt? Fehlanzeige!
Und nehmen wir ein Lokal mit gehobener Küche in der Innenstadt. Am Eingang des sehr stylischen Restaurants gibt es einen Stehtisch mit der Info, dass man zum Platz geleitet wird – wegen Corona. Wer brav die Anweisung befolgt, ist selber schuld. Denn obwohl einige Servicekräfte dort herumschwirren, kümmert sich niemand darum, dass da zwei Leute einfach blöd in der Gegend herumstehen. Bemerkenswert ist auch dieses Erlebnis: Eine angeblich sehr erfahrene Servicekraft in einem gehobenen AltstadtRestaurant („Ich habe schon für viele Top-Lokale gearbeitet!“) lässt den Teller mit den Vorspeisen-Abfällen (Garnelen-Köpfe und -schwänze) bis zum Ende auf dem Tisch stehen.
Fazit: Wer essen geht, hat danach oft eine gute Anekdote zu erzählen. Diese häufen sich im Freundesund Bekanntenkreis, was deutlich macht: Die Gastro-Branche hat es nicht leicht mit den wenigen Kräften, die es überhaupt noch gibt auf dem Markt. Kleiner Trost für den Gast: Das Servicepersonal ist zwar ahnungslos, aber in der Regel freundlich – und oft auch amüsant.