Rheinische Post Hilden

Sohn attackiert Mutter – Tränen vor Gericht

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Ohne erkennbare­n Anlass hatte der Sohn seine Mutter mit einem Messer schwer verletzt.

DÜSSELDORF Das Wiedersehe­n mit ihrem Sohn nach rund sechs Monaten ging für eine Mutter (63) einfach über ihre Kräfte. Plötzlich laut aufschluch­zend sank sie im Zeugenstuh­l des Landgerich­ts weinend in sich zusammen, konnte sich nur mühsam wieder beruhigen.

Auf der Anklageban­k sitzt ihr 41-jähriger Sohn wegen eines schweren Messerangr­iffs auf seine Mutter. Anfang Dezember 2021 hatte der psychisch kranke Sohn sie in der gemeinsame­n Wohnung in Hassels mittags ohne erkennbare­n Anlass attackiert und erheblich verletzt. Jetzt prüft das Landgerich­t, ob er als gemeingefä­hrlich gelten soll und dauerhaft in einer Psychiatri­eKlinik untergebra­cht werden muss.

Bis ihre Tränen trocknen, wird für die 63-Jährige noch sehr viel Zeit vergehen. Das wurde deutlich, als sie den Gerichtssa­al betrat und kurz zu ihrem Sohn hinüber sah. Im Zeugenstuh­l sackte die Frau völlig zusammen, wand sich unter Tränen und Schluchzen, brachte kein Wort heraus. Nach einer Unterbrech­ung mühte sie sich dann aber, eine Aussage zu liefern. „Eigentlich ein ganz lieber Kerl“sei ihr Sohn, auch harmlos und unauffälli­g. Doch seit er 2013 an Schizophre­nie erkrankt sei, habe auch für die Mutter ein Martyrium begonnen.

Trotzdem habe sie im häuslichen Umfeld weiterhin für ihn da sein wollen, ihn betreuen und umsorgen. Doch wenn er seine Medikament­e nicht einnahm, habe sich sein Zustand regelmäßig verschlech­tert. Einmal soll sich der jetzt 41-Jährige sogar selbst in einer Psychiatri­eKlinik

vorgestell­t und dort um seine Behandlung gebeten haben. Doch am Mittag des Tattages gewann die Krankheit offenbar alle Gewalt über ihn. Mit einem Küchenmess­er soll er seine Mutter laut den Ermittlung­en rücklings ins Schulterbl­att gestochen haben. Als sie sich umdrehte, habe die Klinge ihren Oberkopf getroffen, mehrfach ihr Gesicht und auch den Oberkörper­bereich. Die Frau erlitt teils erhebliche Stich- und Schnittwun­den, auch unter dem rechten Auge, am Jochbein und dem Schlüsselb­ein. Zudem war nach der Attacke des Sohnes ihr Nasenbein gebrochen. Wie sich der 41-Jährige, der seitdem vorläufig in einer Klinik untergebra­cht ist, zu diesen Abläufen stellt, wird wohl nicht zu erfahren sein. „Er möchte keine Angaben machen“, so sein Anwalt – und krankheits­bedingt kann der 41-Jährige das womöglich auch nicht. Zur Frage der Schuldfähi­gkeit des Sohnes soll ein psychiatri­scher Gutachter gehört werden – und dazu, ob der Mann als Gefahr für die Allgemeinh­eit einzustufe­n ist, deshalb dauerhaft in einer geschlosse­nen Klinik bleiben muss. Der Prozess wird fortgesetz­t..

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FOTO: WUK Der Angeklagte wird von Davide Alesci verteidigt.

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