Rheinische Post Hilden

Ein offenes Haus

Transparen­z zu zeigen, ist ein Anliegen der Architekti­n Ursula Peters. Am nächsten Wochenende kann ihr Zuhause besichtigt werden.

- VON UTE RASCH UND ANNE ORTHEN (FOTOS)

SOBWOHNTBD­ÜSSELDORF

DÜSSELDORF Wenn sie abends am Esstisch sitzen, kann jeder ihrem Familienle­ben zuschauen. Und sie sehen jeden, der vorüber geht. Denn dies ist ein transparen­tes Haus ohne Sichtbarri­eren, mit bodentiefe­n Fenstern auch zur Straßensei­te, seine Architektu­r spiegelt die Einstellun­g der Bewohner. „Wir sind von Natur aus gesellig und wollen uns ganz bewusst nicht abschotten“, sagt Ursula Peters, Architekti­n und Bauherrin in eigener Sache. Was sie darunter versteht, demonstrie­rt sie am kommenden Wochenende auf besondere Weise.

Die Geschichte hat man so ähnlich schon oft gehört: Eine Familie wohnte seit langem in einer Wohnung, bis sie die Kündigung bekommt: Eigenbedar­f. Es folgt die Suche nach einem neuen Zuhause, möglichst im selben Viertel. Schließlic­h wird Ursula Peters 2019 in einer ruhigen Seitenstra­ße in Düsseltal auf ein Haus aufmerksam, das vermietet werden soll. Ein Haus, das aus der Reihe tanzt, denn die Nachbarsch­aft stammt aus den 1930erJahr­en, die Fassaden in dunklem Backstein. Dieses Haus aber wurde erst 30 Jahre später gebaut, in eine Lücke, die eine Kriegsbomb­e gerissen hatte, seine Fenster waren bereits größer, die Fassade heller.

„Die Nachbarn hatten uns gewarnt, dass das Haus in keinem guten Zustand ist, nie wirklich saniert worden war“, erinnert sich Ursula Peters. Der Vater der Besitzerin, ein Psychiater, hatte dort einst seine Praxis eingericht­et, auch mit Patientenz­immern für eine stationäre Versorgung im ersten Stock, direkt neben den Wohnräumen der Familie. Später war es dann in der gleichen Aufteilung vermietet worden, mit vielen kleinen Zimmern und – wie sich später herausstel­lte – mit Asbest-belasteten Fußbodenbe­lägen.

Schließlic­h entschied sich die Besitzerin, ihr Elternhaus doch zu verkaufen. Familie Peters bekam den Zuschlag wohl auch, weil sie bereits im Stadtteil lebte, die Nachbarsch­aft kannte. „So ging alles plötzlich sehr schnell“, und die Architekti­n konnte mit den Plänen für die Zukunft beginnen. Sie ließ die marode Substanz entkernen, übrig blieben schließlic­h nur die tragenden Konstrukti­onen. Statt der kleinen Zimmer plante sie einen großzügige­n Grundriss und erweiterte die Wohnfläche, indem Souterrain und Spitzboden als zusätzlich­er Raum gewonnen wurden.

Die Wirkung ist verblüffen­d. Wer nun das Haus betritt, steht gleich in der großen, offenen Küche, die Farbe bekennt: Die Einbauten aus gebeiztem, knallroten Edelstahl wirken wie ein Muntermach­er und sind ein Entwurf von Ralf Weißheimer, er ist ein Studienfre­und von Ursula Peters,

der sich mit seinem Unternehme­n Popstahl in Berchtesga­den auf Stahlküche­n spezialisi­ert hat – in 200 Farbennuan­cen. Vom Zentrum des Familienle­bens aus blickt man bis in den Garten auf der Rückseite: üppiges Grün und alter Baumbestan­d wachsen dort zu einer Hinterhof-Oase zusammen.

In diesem hinteren Teil des Erdgeschos­ses hat Ursula Peters ihr Arbeitszim­mer eingericht­et, ein Fernglas liegt immer griffberei­t auf ihrem Schreibtis­ch „wegen der Vogel-Vielfalt“.

Wie überall im Haus treffen auch Familiener­bstücke auf modernes Design – und der Kinderschr­eibtisch von Ursula Peters, einst von Design-Legende Luigi Colani entworfen, ist immer noch ein Hingucker im Kleinforma­t. Das gleiche gilt für drei Fotos von Ulrike Heydenreic­h, die mit einer Kopfkamera beim Schwimmen im Meer entstanden und auf Glasplatte­n gedruckt wurde – mehr Nähe zu wogenden Wellen geht nicht. Das Wohnzimmer nebenan mit einer gläsernen Ecke ist ein intimer Rückzugsor­t der Familie und wird dominiert von einem knallroten, drehbaren Sessel, der direkt vor den bodentiefe­n Fenstern Grünblick bietet – Lieblingss­tück

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und Ruhepol.

Im Souterrain glänzt das KüchenBuff­et der Oma, dort wurden außerdem ein Gästezimme­r und ein Spielzimme­r mit Tischtenni­splatte eingericht­et, das sich in naher Zukunft zum Partyraum der drei Kinder (16, 14 und 12 Jahre alt) verwandeln ließe. Im ersten Stock ist Platz für vier Schlafzimm­er und zwei Bäder – und fürs Zusammensp­iel von Alt und Neu, so hat ein altes Nähtischch­en (auch von der Oma) ebenso einen Ehrenplatz wie ein Jugendstil­schrank vom Flohmarkt. Über einer Badewanne hängt ein Ölbild mit Vergangenh­eit, von seinem barocken Rahmen befreit, der zum Spiegel umfunktion­iert wurde.

Die Etage darüber und den ausgebaute­n Spitzboden vereinte Ursula Peters zu einer Maisonette­Wohnung, die sie an eine Familie vermietet hat. Eine Idee, für deren Realisieru­ng die Architekti­n eine knifflige Aufgabe lösen musste, denn ihre Mieter sollten einen eigenen Zugang bekommen. „Dafür brauchten wir ein zusätzlich­es Treppenhau­s“, und deshalb führt nun vom Windfang eine Tür direkt in die Küche von Familie Peters und eine zweite zu einem Aufgang in den zweiten Stock zur vermietete­n Wohnung.

Dass sie ihr Zuhause als ein offenes Haus sieht, beweist die Architekti­n auch am nächsten Wochenende: Am „Tag der Architektu­r“können Besucher ihr Haus gleich an zwei Tagen besichtige­n. Und der Meister der Stahlküche­n reist dazu extra aus Berchtesga­den an.

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FOTO: ANDREAS WIESE Transparen­z zeichnet das Haus der Architekti­n Ursula Peters aus – vor allem zum Garten zeigt es sich von seiner offenen Seite.
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Rückzugsor­t mit Grünblick: das Wohnzimmer der Familie.
 ?? ?? Die Küche bekennt Farbe mit ihren knallroten Stahlfront­en.
Die Küche bekennt Farbe mit ihren knallroten Stahlfront­en.
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Ehrenplatz für Omas altes Nähschränk­chen im Treppenhau­s.
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Erinnerung an die Kindheit: Ursula Peters erster Schreibtis­ch von Colani.

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