Caritas verzeichnet mehr Privatinsolvenz-Fälle in Haan
HAAN 72 Klienten haben im vergangenen Jahr die Schuldnerberatung der Caritas in Haan aufgesucht. Das waren acht weniger als im Jahr davor, wie Schuldnerberater Klaus Gärtner jetzt im Sozialausschuss berichtete. Gleichzeitig stieg die Zahl der Privatinsolvenz-Beratungen deutlich an. Sie übertraf bereits im März 2021 mit 20 Fällen das gesamte Jahr 2020.
Grund für den plötzlichen Ansturm: eine Gesetzesänderung. Seit 1. Januar vergangenen Jahres müssen nur noch drei Jahre in einem Verbraucherinsolvenzverfahren vergehen, bis der Antragsteller von allen Restschulden befreit werden kann. Vorher seien es sechs Jahre gewesen, berichtete Gärtner – damit habe sich die Laufzeit also halbiert: „Viele haben bewusst darauf gewartet, bevor sie die Beratung aufgesucht haben.“
Weitere Zahlen aus dem Bericht: 14 Schuldner hatten mehr als 50.000 Euro Verbindlichkeiten, bei sieben belief sich die Anzahl der Gläubiger auf mehr als 20. Genau 44 wohnen in einem Haushalt ohne Kind. Die meisten Schuldner (66) sind zwischen 26 und 66 Jahre alt, vier sind jünger, nur zwei sind älter.
Eine zusätzliche Herausforderung in der Schuldner- und Insolvenzberatung hat sich der Caritas zufolge durch die Auszahlung der 9000 Euro Corona-Soforthilfe an Selbstständige ergeben. Die Hilfen seien zunächst zwar ohne lange Prüfung gezahlt worden, berichtete Gärtner, gerade zu Beginn sei es aber unklar gewesen, für welche Zwecke das Geld ausgegeben werden durfte. Vor allem bei Klienten mit Teilselbstständigkeit sei es wahrscheinlich, dass die Gelder wegen falscher Verwendung zurückgezahlt werden müssten, da sie oft für persönliche Verbindlichkeiten verwendet worden seien, sagt der Caritas-Berater: „Zudem besteht das Risiko einer Anzeige wegen Sozialbetrugs.“
Die massiv gestiegenen Energiepreise und die damit verbundene Inflation sind ebenfalls Thema in der Schuldnerberatung. Der Krieg in der Ukraine werde diese Entwicklung noch verschärfen, ist sich Gärtner sicher. Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II seien schon lange nicht mehr kostendeckend. Gärtner fürchtet: „Es ist damit zu rechnen, dass spätestens mit den nächsten Heiz- und Nebenkostenabrechnungen Menschen mit geringem Einkommen in massive Zahlungsschwierigkeiten geraten.“