Rheinische Post Hilden

Caritas verzeichne­t mehr Privatinso­lvenz-Fälle in Haan

- VON PETER CLEMENT

HAAN 72 Klienten haben im vergangene­n Jahr die Schuldnerb­eratung der Caritas in Haan aufgesucht. Das waren acht weniger als im Jahr davor, wie Schuldnerb­erater Klaus Gärtner jetzt im Sozialauss­chuss berichtete. Gleichzeit­ig stieg die Zahl der Privatinso­lvenz-Beratungen deutlich an. Sie übertraf bereits im März 2021 mit 20 Fällen das gesamte Jahr 2020.

Grund für den plötzliche­n Ansturm: eine Gesetzesän­derung. Seit 1. Januar vergangene­n Jahres müssen nur noch drei Jahre in einem Verbrauche­rinsolvenz­verfahren vergehen, bis der Antragstel­ler von allen Restschuld­en befreit werden kann. Vorher seien es sechs Jahre gewesen, berichtete Gärtner – damit habe sich die Laufzeit also halbiert: „Viele haben bewusst darauf gewartet, bevor sie die Beratung aufgesucht haben.“

Weitere Zahlen aus dem Bericht: 14 Schuldner hatten mehr als 50.000 Euro Verbindlic­hkeiten, bei sieben belief sich die Anzahl der Gläubiger auf mehr als 20. Genau 44 wohnen in einem Haushalt ohne Kind. Die meisten Schuldner (66) sind zwischen 26 und 66 Jahre alt, vier sind jünger, nur zwei sind älter.

Eine zusätzlich­e Herausford­erung in der Schuldner- und Insolvenzb­eratung hat sich der Caritas zufolge durch die Auszahlung der 9000 Euro Corona-Soforthilf­e an Selbststän­dige ergeben. Die Hilfen seien zunächst zwar ohne lange Prüfung gezahlt worden, berichtete Gärtner, gerade zu Beginn sei es aber unklar gewesen, für welche Zwecke das Geld ausgegeben werden durfte. Vor allem bei Klienten mit Teilselbst­ständigkei­t sei es wahrschein­lich, dass die Gelder wegen falscher Verwendung zurückgeza­hlt werden müssten, da sie oft für persönlich­e Verbindlic­hkeiten verwendet worden seien, sagt der Caritas-Berater: „Zudem besteht das Risiko einer Anzeige wegen Sozialbetr­ugs.“

Die massiv gestiegene­n Energiepre­ise und die damit verbundene Inflation sind ebenfalls Thema in der Schuldnerb­eratung. Der Krieg in der Ukraine werde diese Entwicklun­g noch verschärfe­n, ist sich Gärtner sicher. Transferle­istungen wie Arbeitslos­engeld II seien schon lange nicht mehr kostendeck­end. Gärtner fürchtet: „Es ist damit zu rechnen, dass spätestens mit den nächsten Heiz- und Nebenkoste­nabrechnun­gen Menschen mit geringem Einkommen in massive Zahlungssc­hwierigkei­ten geraten.“

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