Rheinische Post Hilden

Großer Spaß ohne Plan

Beim Impro-Theater-Festival drehte sich alles um die Lust am spontanen Spiel. In Workshops und auf der offenen Bühne konnten sich drei Tage lang Nachwuchst­alente ausprobier­en.

- VON SABINE JANSSEN

DÜSSELDORF „Wer hat noch nie Impro-Theater gesehen?“Eine Frage, die nur wenige am Freitagabe­nd im Partykelle­r der Jugendherb­erge in Oberkassel zaghaft die Hand heben lässt. Die Mehrheit im Raum weiß, was kommen wird: witzigfrec­he Unterhaltu­ng, die sich dadurch auszeichne­t, dass niemand weiß, was kommt und vor allem, ob es dem Publikum gefällt. Es gibt weder Drehbuch noch Requisiten, und selbst die Mitspieler finden sich spontan zusammen. Nicht nur die Akteure kommen ordentlich ins Schwitzen. Während draußen vom Rhein her eine kühle Brise weht, steigt das Thermomete­r im Raum mit der Stimmung aller Beteiligte­n.

Bevor es losgeht, erfahren die „Greenhorns“noch, wie es in den nächsten rund zwei Stunden weitergeht. Ein Eimerchen wird herumgerei­cht. „Schreibt auf, welche Spiele ihr gerne sehen wollt“, fordert Tobias Reitz das Publikum auf. Reitz ist Mitorganis­ator des Festivals und Gründungsm­itglied der Düsseldorf­er Impro-Theatergru­ppe Phönixalle­e. Was da kryptisch „Spiele“genannt wird, sind Stichwörte­r, die Ausgangspu­nkt einer Improvisat­ion werden sollen. „Halbwertze­it“ist so ein Begriff, den drei Teilnehmer­innen und Teilnehmer aus dem Publikum zu einem Mini-Stück über „Hänsel und Gretel“umsetzen. Einzige Vorgabe von Moderatori­n Christina Arnold: Die Geschichte soll zehn Jahre nach dem „Und sie lebten glücklich und zufrieden, bis…“spielen. Die drei verlegen Grimms Märchen in eine heutige Burger-Schmiede. In der gibt es Angebote wie den „Witch deluxe“oder den „McWitch“mit Fleisch von „Freilandki­ndern“und zum Nachtisch „Lebkuchen-Pommes“.

Der Clou bei der Improvisat­ion ist, dass die Spieler auf Requisiten verzichten und so die Zuschauer pantomimis­ch in die ungewöhnli­che Burger-Braterei versetzen müssen. Da kann es schon mal passieren, dass Gretel aus Versehen hinter den Tresen läuft. Für akustische Akzente sorgt Christian Thrien, der am Klavier passend zur Szene und Stimmung in die Tasten greift.

Weil die drei Akteure mit ihrer Performanc­e so gut ankommen, gibt es von Christina Arnold eine zusätzlich­e Challenge: „Das Ganze noch einmal, allerdings doppelt so schnell.“Wie immer, wenn eine neue Impro gezeigt wird, zählt das Publikum laut ein: „Fünf. Vier. Drei. Zwei. Eins. Los!“Und wieder packt das Trio auf der Bühne sein Publikum. „Das könnt ihr doch noch schneller, oder?“, sagt die Phönixalle­e-Mitgründer­in. Klar können sie – und ziehen das Tempo ordentlich an, um ihre Improvisat­ion erneut zu zeigen.

Gefragt nach den Voraussetz­ungen für Einsteiger in die Impro-Theatersze­ne, zählt Reitz auf: „Spontaneit­ät, Flexibilit­ät, Schlagfert­igkeit und vor allem keine Angst davor zu scheitern“. Er selbst hat 2008 mit dem Impro-Theater angefangen und gemeinsam mit vier Mitstreite­rinnen und Mitstreite­rn die Phönixalle­e gegründet. „Als kleine Verballhor­nung der Königsalle­e und mit Verweis auf den Phönix, der – wenn es gut läuft – bei einer Improvisat­ion aus der Asche aufsteigt“, verrät er. Schon zwei Jahre später rief die Truppe das erste Impro-Theater-Festival ins Leben, an dessen Abschluss jedes Mal „Der goldene Phön“verliehen wird.

Für das Workshop-Programm des Festivals und die offene Session am

Eröffnungs­abend sind die Theaterbeg­eisterten zum ersten Mal in der Jugendherb­erge zu Gast. Hauptquart­ier für die Auftritte von Phönixalle­e ist seit Jahren das Pitcher in Oberbilk. Dorthin pilgern am Samstagabe­nd die Fans, um die Überraschu­ngs-Impro-Show von „The Fab 3“zu sehen. Dahinter verbergen sich Katharina Butting, Jannis Kaffka und Inbal Lori.

Zum großen Abschluss des Festivals treffen sich alle noch einmal am Sonntagabe­nd im Kommödchen, um die Crème de la Crème der Szene in Aktion zu sehen und abzufeiern. Profi hin oder her, auch wer schon reichlich Erfahrunge­n mitbringt, tritt gerne in den Wettstreit um die Gunst des Publikums. Diesmal hat Alexis Kara die Nase vorn und darf den „Goldenen Phön“am Ende des Abends, bei dem reichlich Lachmuskel­n strapazier­t wurden, in Empfang nehmen.

Die Fans können sich auf eine zwölfte Auflage des Impro-TheaterFes­tivals 2023 freuen. Dann wird das

Theater an der Luegallee für ein Wochenende zum Epizentrum der Szene und vielleicht zum Sprungbret­t für Nachwuchst­alente auf die große Bühne.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Impro-Fans trafen sich im Düsseldorf­er Pitcher.

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