Hilfe gegen Schuppen
Viele leiden darunter, dass die Kopfhaut juckt und es auf die Schultern rieselt. Manche nehmen falsches Shampoo. Der Direktor der Düsseldorfer Uni-Hautklinik weiß Rat.
Herr Professor Homey, warum hat jeder Mensch Schuppen?
HOMEY Warum sollte jemand keine Schuppen haben? Die Hornhaut der Kopfhaut muss ja auch irgendwohin, wir verlieren sie ja regelmäßig.
Die menschliche Haut erneuert sich etwa alle vier Wochen. Stimmt das? HOMEY Ja, das stimmt. Der Mensch verliert ein Gramm Schuppen pro Tag. Jemand mit Psoriasis, also Schuppenflechte, verliert das Hundertfache.
Aber Schuppen sind nicht gleich Schuppen, oder?
HOMEY Wer ein sogenanntes seborrhoisches Ekzem der Kopfhaut hat, der hat eine feinlamelläre, kleieförmige Schuppung. Diese Schuppen sind fettig, jucken aber nur selten. Wer eine Schuppenflechte hat, der hat eine groblamelläre Schuppung, also größere Schuppen, die natürlich viel sichtbarer und auffälliger sind. Wenn ich eine erhöhte Talgproduktion habe, dann habe ich die eher fettige Schuppe. Wer eher atopisch veranlagt ist, der hat die eher trockene Schuppe.
In einem Lexikon las ich, dass auf den Schultern eher die trockenen Schuppen landen. Stimmt das? HOMEY Das ist nicht ganz korrekt. Wenn die fettige Schuppe schwer genug ist, löst sie sich ja auch vom Haar. Und wenn ich bei einem Popperschnitt das Haar oft schüttle, bleibt die fettige Schuppe nicht am Haar kleben. Da rieselt es ebenfalls in alle Richtungen.
Sollte jemand, bei dem es dauernd rieselt, wenigstens einmal zum Hautarzt gegangen sein?
HOMEY Es ist ja keine Krankheit, sondern etwas, das die Lebensqualität möglicherweise beeinträchtigt. Es ist eher ein kosmetisches Problem. Andererseits können Schuppen auf den Schultern ein Hinweis sein, dass die Menschen möglicherweise eine andere Krankheit haben. Aber tatsächlich können Schuppen, die oft in großer Menge auf den Schultern landen, ein Grund sein, wenigstens einmal zum Dermatologen zu gehen, damit der schaut, wie man das behandelt.
Was passiert denn genau, wenn ich ein seborrhoisches Ekzem habe, also die fettige Form von Schuppen?
HOMEY Sie haben eine vermehrte Talgproduktion und eine Aktivierung der Keratinozyten. Und alles wird durch eine Entzündungsreaktion durch Malassezia-Pilze angetrieben, die den Umsatz der Keratinozyten und die Talgbildung beschleunigen. So entstehen fettige Schuppen.
Sollten solche Leute ein entfettendes Shampoo verwenden?
HOMEY Diese übermäßige Besiedlung mit Malassezia-Pilzen sollte man mit Mitteln behandeln, die Ketoconazol enthalten. Das kann auch ein Shampoo sein. Flankierend kann man die Entzündung auch mit einem cortisonhaltigen Shampoo therapieren. Und dann gibt es den Wirkstoff Selendisulfid, der ebenfalls beim seborrhoischen Ekzem wirkt.
Sollte man alle Waffen gleichzeitig einsetzen? HOMEY Zunächst kann man ein Shampoo aus der Drogerie verwenden. Wenn das nicht ausreicht, kann man über den Dermatologen oder den Apotheker medizinische Produkte ausprobieren.
Und wie verfährt man bei trockenen Schuppen?
HOMEY Dann ist eine rückfettende Pflege der Kopfhaut wichtig. Da gibt es Kopfhaut-Lotionen, man kann auch eine Ölkur machen, bei der man das Öl abends einmassiert und morgens auswäscht. Auch bei trockener Kopfhaut kann eine Entzündung vorliegen, die sollte man auch entsprechend behandeln.
Wahrscheinlich wissen die allermeisten Leute gar nicht, ob sie trockene oder fettige Schuppen haben.
HOMEY Wenn ich auch Schuppen in den Augenbrauen und eine Rötung in der Nasen-Lippen-Falte habe, dann bin ich eher auf der fettigen Seite. Wer aber trockene Hände und trockene Haut hat und Heuschnupfen-Patient ist, der hat auch trockene Schuppen und zuweilen eine juckende Kopfhaut – und sollte seine Kopfhaut mit rückfettenden Substanzen behandeln, etwa mit einem hautneutralen, hautfreundlichen Pflegeprodukt
mit einem pH-Wert von etwa 5,5.
BERNHARD HOMEY
Sie sprachen soeben von einer Ölkur. Wie wirkungsvoll sind solche Produkte?
HOMEY Die kosmetische Herausforderung besteht darin, das Öl hinterher wieder aus dem Haar zu entfernen. Man möchte ja Struktur in den Haaren haben und nicht ungewaschen aussehen wie ein Klätschkopp, wie man im Rheinland sagt.
Wie oft soll man sie waschen? HOMEY Das ist ein Glaubenskrieg, bei dem man nur Fehler machen kann. Man muss sich wohlfühlen. Wer die Haare häufiger mit entfettenden Substanzen wäscht, der regt die Talgdrüsen auch stärker an.
Welche Rolle spielen jene Pilze auf der Kopfhaut?
HOMEY Sie lieben Lipide, also Fette, die brauchen sie für ihre Ernährung. Die finden sie in der Talgdrüse. Und in Arealen, die reich an Talgdrüsen sind – wie etwa das Gesicht, die Brust, der Rücken und die Kopfhaut – findet man vermehrt diese Malassezia-Spezies, die die Haut und Talgdrüsen-Follikel besiedelt. Das ist zunächst mal nicht schlimm. Doch wenn man Stress bekommt, dann produziert die Talgdrüse nicht nur mehr Talg, sondern die Pilzpopulation kann sich auch ausdehnen, sie bekommt viel Nahrung, die Haut wird schön ölig, und eine Entzündungsreaktion liegt vor, mit Ekzem und Rötung.
Man liest immer, dass man ein Shampoo etwa drei Minuten lang einwirken lassen soll. Aber das schafft unter der Dusche doch kein Mensch. Was tun?
HOMEY Das mit der Dauer stimmt. Man braucht Kontaktzeit, um Wirkung zu erzielen, das ist vor allem bei medizinischen Shampoos wichtig. Das Entfetten geht schneller.
Haben auch klimatische Veränderungen Einfluss auf die Schuppenbildung?
HOMEY Je trockener das Umfeld, desto trockener wird die Haut. In tropischen Gefilden ist die Luftfeuchtigkeit höher, und der Atopiker hat kein Problem. Wenn man immer im klimatisierten Büro arbeitet, wird das Wasser der Außenluft entzogen, und die Luft wird trockener. Das merkt man auch auf der Kopfhaut. Wenn ich die Kopfhaut heiß föhne, trocknet sie das auch aus. Wenn ich meine Haare mit heißem Haar ausspüle, entfette ich ebenfalls stärker. Für die Haut sind 38,5 Grad optimal. Für manchen fühlt sich das natürlich kalt an.