Rheinische Post Hilden

Frieden – ein Unterricht­sprojekt

Friedenspä­dagogische Workshops mit dem Politikwis­senschaftl­er Uli Jäger haben am Schulzentr­um und am städtische­n Gymnasium für große Begeisteru­ng gesorgt. Der Rotary Club hatte das Projekt finanziert.

- VON PETER CLEMENT

HAAN Ein Klassenrau­m im städtische­n Gymnasium Haan kurz nach 10 Uhr: Das Schiff auf dem Plakat an der Wand ähnelt einem der großen Kreuzfahrt-Dampfer – und ist doch so viel mehr: Das sogenannte „Peace Boat“(Friedenssc­hiff ) bereist zwar auch die Weltmeere und bietet 1200 Personen Platz, doch an Bord befinden sich keine Touristenm­assen, sondern Forscher und Studenteng­ruppen – angelaufen werden meist Häfen in Konfliktge­bieten. Dort kommen dann Personen aus dem jeweiligen Land an Bord, um mit den Fahrgästen zu diskutiere­n.

Uli Jäger hat das Plakat von der Wand genommen und wendet sich nun an die Achtklässl­er, die sich im Stuhlkreis um ihn herum gruppiert haben. „Weiß einer von euch, warum es gut sein kann, auf einem solchen Schiff zu diskutiere­n, statt anderswo?“, fragt der Politikpro­fessor, der als Friedens- und Konfliktfo­rscher für die Tübinger Berghof Foundation arbeitet. Die Antwort der Schüler kommt sofort: „Weil die Teilnehmer dann nicht so einfach weglaufen können.“

Das sei absolut richtig, sagt der Dozent und lächelt, dann erläutert er: „Peace Boat wurde gegründet, um internatio­nale Verbindung­en zwischen Gruppen aufzubauen, die sich für Frieden, Menschenre­chte, Umweltschu­tz und nachhaltig­e Entwicklun­g einsetzen.“Auch er selbst habe mit seinen Studenten schon an Fahrten mit dem Schiff teilnehmen können: „Wer weiß: Wenn ihr später bei uns in Tübingen studiert, könnt ihr vielleicht auch mal mitfahren.“

Während Jäger erzählt, beugt sich Mia Neeb (13) zu ihrer Nachbarin und übersetzt für sie ins Englische. Die Schülerin neben ihr ist erst seit kurzem in Haan. Sie stammt aus der Ukraine und spricht noch kein Deutsch. Und doch spielt ihr Land an diesem Tag eine Hauptrolle beim „Peace Day“am Gymnasium.

Was ist ein Konflikt? Wie entsteht er und wie gehe ich damit um? Zu diesen und anderen Fragen hat Friedenspä­dagoge Jäger unlängst ein 11-Punkte-Papier veröffentl­icht. Er weiß: „Gerade Schüler haben momentan besonderen Redebedarf – vor allem bei Themen wie Verschwöru­ng, Desinforma­tion und Hassreden.“

Genau dort setzen die „Peace Days“(Friedensta­ge) an, die zwei Rotary Clubs (Hilden/Haan und Neandertal) gemeinsam mit der Berghof Foundation an vier Schulen im Kreis Mettmann für die achten Klassen veranstalt­en. Den Auftakt in Haan hat die Gesamtschu­le

bestritten. Das Gymnasium ist die zweite Station im Stadtgebie­t. Im Herbst bekommt dann die Hildener Theresiens­chule ihren „Peace Day“.

Vier verschiede­ne Themenblöc­ke stehen dabei im Mittelpunk­t der Arbeit: „Frieden. Denken, Fühlen, Handeln“, ist einer von ihnen. Jäger lobt in diesem Zusammenha­ng vor allem Schüler-Aktionen kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges: Die aus Menschenma­sse geformten PeaceZeich­en als Fotobotsch­aft etwa hätten viel dazu beigetrage­n, gegen die Ohnmacht anzukämpfe­n, die angesichts der enormen Wucht eines solchen Konflikts immer drohe.

Das Programm, mit dem Jäger und sein Team versuchen, die Friedenspä­dagogik in Schulen weiter auszubauen, umfasst jedoch noch deutlich mehr als Symbole: „Streitkult­ur im (Schul-) Alltag“, „Umgang mit Hass und Hetze im Internet“sowie „Keine Chance für Verschwöru­ng“lauten die weiteren Bausteine an diesem Tag.

Gymnasiast­in Jasmin Dilmen (13) hat vor allem die Praxisbezo­genheit der Themen überzeugt. Und nicht nur sie: Gymnasiums-Leiter Dirk Wirtz ist ebenso wie Joana Lottner, die didaktisch­e Leiterin der Gesamtschu­le, fest entschloss­en, auch nach den Workshops im Sinne Jägers weiterzuar­beiten: „Die zur Verfügung gestellten Lehrmedien können wir gemeinsam weiterverw­enden“, kündigt er an. So könne kontinuier­lich am Thema gearbeitet werden.

Der Professor wiederum lobt das enorme Engagement der Achtklässl­er, die oft große soziale Kompetenz gezeigt hätten. Und dass er dabei vor allem „Übersetzer­in“Mia Neeb noch einmal einen freundlich­en Blick zuwirft, kommt nicht von ungefähr.

 ?? FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Peace Day am Gymnasium Adlerstraß­e: (v.l.) Schüler Jan (13, 8. Klasse) und Workshop-Leiterin Carolin Sokele in der Ausstelung im Foyer.
FOTO: STEPHAN KÖHLEN Peace Day am Gymnasium Adlerstraß­e: (v.l.) Schüler Jan (13, 8. Klasse) und Workshop-Leiterin Carolin Sokele in der Ausstelung im Foyer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany