Agrar-Photovoltaik als Zukunfts-Chance
Der Nachteil der Technologie für Bauern ist, dass die Solarpanele viel Schatten auf landwirtschaftlich nutzbare Fläche werfen.
WÜLFRATH Um eine Klima-Katastrophe abzuwenden, muss die Energiewende kommen. Bis 2030 möchte die Bundesregierung die Solarstromleistung mit 215.000 MegaWatt (MW ), mehr als verdreifachen. Auch NRW setzt auf Photovoltaik. Schlüssel zum Erfolg soll die sogenannte Agri-Photovoltaik sein. Hinter der Zauberformel „Agri-PV“verbirgt sich die doppelte Nutzung von Flächen für die Agrar- und umweltfreundliche Stromerzeugung.
Zu den Agri-PV-Pionieren in Nordrhein-Westfalen zählt der Betrieb der beiden Landwirte Fabian Karthaus und Josef Kneer in Büren-Steinhausen, Kreis Paderborn. Das Duo hat ein innovatives Gewächshaus gebaut, das mit etwa 2700 lichtdurchlässigen Solarmodulen bestückt ist, die insgesamt eine Leistung von 740 Kilowatt besitzen. Himbeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren und sogar Apfelbäume und Tafeltrauben wachsen unter dem Photovoltaikdach, das im Februar 2020 errichtet wurde und etwa einen halben Hektar Ackerfläche abdeckt.
„Eine schöne Idee“, findet auch Landwirt Bernd Kneer aus Wülfrath. „Aber das Projekt muss man unbedingt differenziert betrachten“, sagt er über Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen. „Die Energiewende muss kommen, keine Frage“, lautet sein Plädoyer. „Unterm Windrad kann der Landwirt vernünftig ackern“, lautet seine Einschätzung, „je nachdem, wie man sein Land nutzt“. Bei Photovoltaik aber gehe sehr viel Fläche verloren, die eigentlich anders genutzt werden muss – der Landwirt sei ja nicht bloß Bauer, er sei auch sein eigener Finanzmanager.
Der Wülfrather Bernd Kneer vertritt die Interessen seiner Zunft bei der Landwirtschaftskammer NRW. Er selbst betreibt mit seinen Söhnen einen konventionell bewirtschafteten Agrarbetrieb, er baut etwa Brotund Futtergetreide, Raps, Zuckerrüben und Ackerbohnen an. Die Herausnahme von Fläche aus dem wirtschaftlichen Betrieb bedeutet eine Einbuße bei Erträgen, das müsse bei allen theoretischen Überlegungen in der praktischen Abrechnung mit bedacht werden. „Nach dem jetzigen technischen Stand der Dinge sollten Flächen, die ohnehin bereits versiegelt sind, für Photovoltaik genutzt werden“, spricht er sich für die Installation beispielsweise auf Dächern oder Parkplätzen aus. In der Landwirtschaft ginge das derzeit nur „in begrenztem Maße“.
Das habe sich bereits rund um das Thema Artenschutz und dem Anlegen sogennannter Blühstreifen und der Umwidmung für BioDiversität gezeigt – die die EU subventioniert. Als nächste Maßnahme in diesem Kontext stehen ab 2023 die Anlagen von Buntbrachen zur Debatte und die Stilllegung von bis zu vier Prozent der Ackerfläche. „Auch das ist eine spannende Geschichte, bei der wir Landwirte uns ebenso fragen, wie in der Konsequenz das Ergebnis ausschauen wird“, äußert Kneer sich vorsichtig, ob dieser Aspekt der Agrarreform tatsächlich etwas als artensteigernde Maßnahme bringen wird, ohne Landwirten neue finanzielle Einbußen zu bescheren.