Ist nicht bös gemeint
Rheinländer nutzen Floskeln, um schlechte Nachrichten angenehm zu vermitteln.
Nix für unjut, nicht bös gemeint – der Rheinländer ist stets bemüht, selbst Unangenehmes freundlich zu verpacken. Da helfen Floskeln, die deutlich machen, dass in der Tiefe des Herzens das Verständnisvolle und Liebenswerte den Wert des Miteinanders ausmachen. Auch wenn man anderer Meinung ist oder partout einer Entscheidung nicht zustimmen kann, wird das gerne mit der fast entschuldigenden Anmerkung garniert: Nicht bös gemeint! Das ist sympathisch, kann aber auch als unbestimmt gedeutet werden.
So glaubt Armin Laschet, wie jüngst über die „Zeit“zu erfahren war, dass es Rheinländer verdammt schwer haben, als Schwergewichte in der Politik wahrgenommen (und gewählt) zu werden. Denkt man das weiter, könnte Laschets Wahldebakel 2021 (nix für unjut!) als Abrechnung mit dem lebenslustigen Rheinländer verstanden werden. Richtig ist: Seit Adenauer gab es keinen rheinischen Kanzler mehr. Aber der war vor allem eins: ein rheinisches Schlitzohr. An Klarheit in den Aussagen und Stärke in der Umsetzung mangelte es ihm nicht. Bestenfalls, so ist überliefert, soll er sich wandlungsfähig gegeben haben. Zugeschrieben wird ihm die Aussage: „Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?“Das Tünnes-Image aber, das dem Rheinländer anhängt, galt für Adenauer, obwohl lange Kölner Oberbürgermeister, nicht. Gelacht hat er gern, aber immer an der richtigen Stelle. Zurück zu Laschet (der diese Kunst nicht so gut beherrschte): Ob Rheinländer an sich oder nur im Speziellen
nicht ernst genommen werden, müsste wissenschaftlich untersucht werden. Denn rheinische Toleranz und Offenheit, Diplomatie und Überzeugungskunst sind durchaus erfolgversprechend im Diskurs – ob am Tresen oder im Parlament.
Da wird so lange geredet, bis der andere kaum noch weiß, worüber eigentlich gestritten wurde (wat sull dä Quatsch?!) und am Ende zustimmt: Wenn et denn sein muss... Wie gut, dass bei den NRW-Koalitionsverhandlungen auf beiden Seiten Rheinländer sitzen. Wie wichtig aber auch, dass auch andere Charaktere vertreten sind: Nicht bös gemeint!
Unser Autor ist stellvertretender Chefredakteur. Er wechselt sich hier mit Politikredakteurin Dorothee Krings ab