EZB muss Europas Schuldnern beispringen
Der Zinsanstieg unter anderem bei italienischen Staatsanleihen zwingt die Währungshüter zum Handeln.
DÜSSELDORF Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) die Ratsmitglieder zu einer Ad-hoc-Sitzung bittet, ist die Lage kompliziert. Am Mittwoch ist genau das passiert, und es ging darum, wie man im Grunde den Rückfall in eine europäische Schuldenkrise verhindert. Ergebnis: Die EZB will Gelder aus dem Ende März ausgelaufenen Corona-Notkaufprogramm namens Pandemic Emergency Purchase Programme (Pepp) „besonders flexibel“einsetzen. Außerdem soll es ein neues Kriseninstrumentarium geben, an dem jetzt gearbeitet wird. Das Problem ist sozusagen eines mit Ansage: Die
EZB will angesichts der starken Inflation Ende Juni ihr bisheriges Anleihenkaufprogramm auslaufen lassen und die Zinsen erhöhen. Das führt dazu, dass für die Länder Europas mit einer hohen Schuldenlast die Aufnahme neuer Schulden teurer zu werden droht. Dazu gehören beispielsweise Italien, Spanien, Portugal und Griechenland.
Schon jetzt klaffen die Renditen auf bestimmte Staatsanleihen wieder auseinander: Italien beispielsweise muss seinen Investoren schon vier Prozent und mehr zahlen; wer eine Bundesanleihe zeichnet, bekam dagegen jüngst nur ein Verzinsung in Höhe von 1,3 Prozent. Und das war schon ein Acht-JahresHoch.
Der Spread, der den Abstand der Renditen einzelner Staatsanleihen bezeichnet, war zuletzt auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren gestiegen.
Was kann die EZB jetzt tun? Eine Maßnahme ist angekündigt: Gelder aus auslaufenden Anleihen des Kaufprogramms Pepp sollen noch bis 2024 wieder angelegt werden und könnten beispielsweise in Anleihen der Krisenländer fließen. So könnte man die steigenden Renditen einigermaßen im Zaum behalten. Pepp war vor zwei Jahren als Notfallprogramm in der Pandemie geschaffen worden. Der Kauf neuer Anleihen aus diesem Programm ist Ende März dieses Jahres beendet worden. Den gleichen Schritt könnte die Zentralbank beim längerfristigen Anleihekaufprogramm PSPP gehen, das bereits seit 2015 besteht und Ende Juni ausläuft.
Die Zentralbank in Frankfurt steckt geldpolitisch im Dilemma. Sie ist einerseits aufgrund ihres Auftrags verpflichtet, die Preisstabilität zu gewährleisten, und hatte daher zuletzt kaum eine andere Wahl, als eine Zinserhöhung anzukündigen. Die kann aber dazu führen, dass in Zeiten von Krieg und gestörten Lieferketten mit globalen Auswirkungen die Konjunktur erlahmen und nach einem Jahrzehnt wieder die Gefahr einer Euro-Schuldenkrise heraufbeschwören könnte.