Zwei Prozent der Fläche für Windkraft
Die Ampelkoalition nimmt die Bundesländer in die Pflicht, um mehr Anlagen an Land zu schaffen. Ein Gesetzentwurf gibt jetzt vor, wie viel Areal jeweils zur Verfügung gestellt werden muss. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Welches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit dem Wind-an-LandGesetz? Im Kern geht es darum, den Ausbau der Öko-Energien zu beschleunigen. Die Bundesregierung hat das Ziel ausgegeben, dass bis 2030 satte 80 Prozent der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien kommen sollen. Zum Vergleich: Im ersten Quartal dieses Jahres lag der Anteil der Öko-Energie im Stromsektor erst bei rund 47 Prozent – das ist sogar ein Rückgang im Vergleich zu 2020. Um diesen Anteil nach oben zu treiben, spielen Windräder an Land eine wichtige Rolle. Konkret sollen bis 2032 zwei Prozent der Gesamtfläche Deutschlands für die Windkraft ausgewiesen sein, in einem Zwischenschritt sollen bis 2026 bereits 1,4 Prozent erreicht sein. Die Umsetzung ist Sache der Bundesländer.
Welche speziellen Vorgaben macht der Bund den einzelnen Ländern Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt
und Thüringen müssen dem Entwurf zufolge jeweils 2,2 Prozent ihrer Fläche für Windkraft nutzbar machen. Dagegen gilt für BadenWürttemberg, Bayern, NordrheinWestfalen und das Saarland eine Vorgabe von nur 1,8 Prozent. Die anderen Flächenländer liegen dazwischen. Für die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen gilt eine Mindestfläche von lediglich 0,5 Prozent ihres Gebiets. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, es gehe vor allem um die „Windhöffigkeit“, also die Frage, wie viel Wind in den verschiedenen Regionen weht. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) beklagte, dass in seinem Land bisher lediglich 0,4 Prozent der Fläche für Windkraft genutzt würden. „Das hängt auch damit zusammen, dass die Thüringer CDU ein Verbot von Windkraftanlagen im Wald durchgesetzt hat“, sagte Ramelow unserer Redaktion. Er machte deutlich: „Zerstörte Waldflächen dürfen für Windkraftanlagen kein Tabu mehr sein.“Es brauche eine Energieoffensive, die in Thüringen breit getragen werde.
Was wird aus den bisherigen Abstandsregeln einzelner Länder Bisher stehen umstrittene Abstandsregelungen dem Windkraftausbau im Weg. In Bayern etwa müssen Windräder das Zehnfache ihrer Höhe von der Wohnbebauung entfernt sein, in
Nordrhein-Westfalen sind Windräder nur ab 1000 Meter Abstand zur Wohnbebauung erlaubt. Zwar sollen künftig Abstandsregelungen weiterhin möglich sein, allerdings muss die Erreichung der Flächenziele sichergestellt werden.
Dafür wird die sogenannte Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch angepasst. „Künftig dürfen Mindestabstandsregelungen nicht zu Flächenrestriktionen führen, die der Umsetzung des Zwei-Prozent-Flächenziels zuwiderlaufen“, heißt es im Gesetzesentwurf. Wenn ein Land seine Pflichten nicht erfüllt, sollen die Abstandsregeln „unanwendbar“werden. Das Gesetz soll Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. Es muss aber noch vom Bundestag und Bundesrat gebilligt werden. Vor allem die Länderkammer wird noch Änderungen durchsetzen.
Was soll bei Planungs- und Genehmigungsverfahren besser werden Auch die Planungsmethodik und ihre gerichtliche Kontrolle sollen vereinfacht werden. Dazu sollen die Flächenziele in das Planungsrecht
integriert werden. Konkret bedeutet das, dass Windkraftanlagen auch außerhalb ausgewiesener Flächen so lange zulässig sein sollen, bis ein Land seine Ziele erreicht hat. Sind die Ziele erfüllt, entfällt die Privilegierung außerhalb der ausgewiesenen Flächen wieder. Kurzum: Vorrang für neue Windräder.
Was ändert sich beim Naturschutz Künftig sollen Windkraftanlagen auch in Landschaftsschutzgebieten aufgestellt werden können. Zudem wird die Artenschutzprüfung für Windräder durch bundeseinheitliche Standards vereinfacht. Dabei soll auch eine Liste von „kollisionsgefährdeten Brutvogelarten“festgelegt werden. Aus Sicht mehrerer Energieverbände machen die Neuregelungen die Rechtslage aber teils komplizierter. Der Gesetzentwurf schaffe „neue Rechtsunsicherheiten“, kritisierte etwa Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) betonte dagegen, die Änderungen beim Artenschutz seien „rechtssicher“.