1200 Bürger packen Pakete für Czernowitz
In der Messehalle 8b starteten Caritas und Stadt die Hilfsaktion für die Partnerstadt. Bis Montag werden 10.000 Pakete gefüllt.
DÜSSELDORF Düsseldorf zeigt praktische Solidarität mit den vom Krieg tief getroffenen Menschen in der ukrainischen Partnerstadt Czernowitz. Eine Solidarität, die über Worte hinausgeht und sich in Zahlen ausdrücken lässt. 200.000 Lebensmittel-Artikel im Wert von insgesamt 100.000 Euro werden seit Mittwoch-Nachmittag in 10.000 Pakete gefüllt. Möglich ist das, weil 1200 Bürger in der Halle 8b rund um die Uhr in DreiStunden-Schichten mit anpacken. Bis Montag werden so 278 Paletten mit jeweils 36 Kartons auf neun Lkw verteilt, nach Czernowitz gebracht und dort an Bedürftige verteilt.
Das gemeinsame Projekt von Caritas und Stadt ist eine logistische Herausforderung. Koordiniert wird es von Caritas-Direktor Henric Peeters. Menschen aus Vereinen, Schüler, Mitarbeiter von sozialen Organisationen sowie zahlreiche Bürger, die einfach nur helfen wollen, haben sich zum Dienst an der provisorisch aufgebauten Packstraße in der Messehalle 8b gemeldet. 40 von ihnen sind gleich zum Auftakt gekommen. „Ihr seid die Versuchskaninchen“, scherzt Peeters, der gemeinsam mit Schichtleiter René Trenz die Freiwilligen einweist. „Sorgfalt geht am Anfang erst einmal vor“, lautet einer der Hinweise. Zügig muss es trotzdem gehen. Denn nach vier Tagen muss eine der größten Hilfsaktionen in der Geschichte der Stadt beendet sein.
Gekauft wurden die Lebensmittel aus Spendengeldern, die Bürger der Stadt zur Verfügung gestellt haben, sowie aus Spenden aus dem Topf von Caritas International. „Jede
Seite hat 50.000 Euro beigetragen“, sagt Jessica Breitkopf vom internationalen Büro der Stadt. Verpackt werden haltbare Lebensmittel. Der Bogen reicht von Thunfisch-Konserven über Kekse, Nudeln und Haferflocken bis hin zur Dose Ananas. „Dass wir in jedes einzelne Paket 20 statt der ursprünglich geplanten zehn Lebensmittel packen können, liegt daran, dass uns fast alle Firmen die Ware zum Herstellerpreis verkauft haben“, sagt Peeters. Drei Unternehmen hätten die Produkte sogar komplett gespendet. Gerne hätten die Organisatoren auch Öl, Salz, Reis und Zucker nach Czernowitz geschickt. Doch diese Ware war nicht zu bekommen. „Unterbrochene Lieferketten, wegbrechende Ernten und langfristige Verpflichtungen gegenüber Handelsketten haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht“, meint der CaritasChef.
Die Helfer aus der ersten Schicht sind trotz sommerlicher Temperaturen gerne in die Halle gekommen. „Da niemand Putin in den Arm fällt, wird man das Leiden so schnell nicht beenden können“, sagt HansGerhard Kall. Der 62-Jährige engagiert sich ehrenamtlich beim Sozialdienst katholischer Männer und Frauen (SKFM), unterstützt dort Schüler mit Nachhilfe. Jetzt steht er für drei Stunden am Band und füllt braune Umzugskartons. Als der SKFM ihn anfunkte, haben er und seine Frau keine Sekunde gezögert. „Es ist gut, dass man in dieser Lage etwas tun kann“, sagt er. Das sieht Hiltrud Taprogge aus Kalkum genauso. „Den Mittwoch-Nachmittag mit meinen Enkeln habe ich kurzerhand verlegt“, sagt die 80-Jährige.
Tatsächlich ist die Hilfsbereitschaft
enorm. Die meisten Schichten sind längst ausgebucht. Gesucht werden nur noch Bürger, die bereit sind, eine Nachtschicht einzulegen. „Ich hatte gedacht, dass vor allem Jugendliche und Studenten einen Einsatz nach Mitternacht cool finden, aber das ist offenbar nicht so“, sagt Peeters. Sein Problem: Stehen nur fünf oder zehn Leute satt der benötigten 40 am Pack-Band, können sie die geplante Menge von 360 Kartons pro Schicht nicht stemmen. Wer nachts helfen wolle, könne sich auch kurzfristig noch melden, betont Peeters.
Helfen wird auch Oberbürgermeister Stephan Keller. Gemeinsam mit Vasyl Zazuliak, dem Vize-Bürgermeister von Czernowitz, und der Generalkonsulin der Ukraine Iryna Shum kommt er am Freitagnachmittag in die Halle, um mit anzupacken. Der Rathaus-Chef hatte gleich nach dem russischen Angriff Ende Februar die Städtefreundschaft mit Moskau auf Eis gelegt und kurz darauf die Freundschaft mit Czernowitz ausgerufen.