Rote Paprika für Temposünder
HAAN Auf dem Gerätekoffer stehend schaut Greta (9) von der Ecke Goethestraße aus angestrengt durch den Geschwindigkeitsmesser in Richtung Grundschule Mittelhaan. Wie ihr gesagt, fixiert sie das Kennzeichen, doch das Gerät schlägt nicht aus. Die Autos kommen ihr entgegen, sehen sie mit ihrer Warnweste von Weitem und bremsen frühzeitig ab. Das Gerät gibt keine Geschwindigkeit an. Wachleiter Wolfgang Nellen und sein Kollege sind ratlos, versuchen noch, die Pistole wieder in Gang zu bringen, und brechen ab. Ausgerechnet an diesem für das Kinderparlament so wichtigen Tag, versagt die Technik. Doch Wolfgang Nellen hat eine andere Idee und zückt die Polizeikelle aus seinem Gürtel. „Wir halten jetzt einfach mal alle an.“
Nach langen Vorbereitungen und Diskussionen hatten sich Vertreter des Kinderparlamentes mit den Polizisten verabredet, um eine in ihren Augen gefährliche Straße näher zu beleuchten und bei den Autofahrern mit einer kleinen Aktion um mehr Rücksicht zu werben.
Grüne und rote Paprika hatten die Kinder im Gepäck und waren willens, diese, je nach Verkehrsverhalten, an die Autofahrer zu verteilen. Für eine vorbildliche Fahrweise gab es das grüne Gemüse, für schlechtes Fahrverhalten rotes.
Als sich ein dunkles Auto nähert, winkt Nellen mit der Kelle und bringt den Fahrer dazu, stehenzubleiben. Verdutzt schaut der Mann aus dem Auto. „Habe ich etwas falsch gemacht?“, will er wissen. Greta und Julia (11) grinsen den irritierten Mann freundlich an und reichen ihm eine grüne Paprika. Der Mann schaut noch ungläubiger als vorher. „Wir sind vom Kinderparlament“, beginnt Julia mit der Erklärung, ehe der Mann erfährt, dass er für sein vorbildliches Verhalten gelobt wird. Er lacht als er die Paprika entgegennimmt. „Danke, aber die kann ich nicht gut vertragen. Die gebe ich lieber meiner Frau.“
Die nächste Autofahrerin erwischt die Polizei auf frischer Tat beim Halten im absoluten Halteverbot. „Ich bin ein bisschen im Stress und wollte meinen Sohn nur kurz zum Musikunterricht hier rauslassen.“Nellen nickt. Dieses Argument hat er schon tausende von Malen gehört. Dennoch bleibt es eine Ordnungswidrigkeit, die er ahndet. Die Kinder reichen ihr eine rote Paprika. „Ich mache das normalerweise nie“, versucht sie sich dann vor den Kindern zu erklären und muss verschämt lachen. „Dumm gelaufen“, sagt sie dann, zahlt ihre Strafe und fährt weiter.
Nach knapp eineinhalb Stunden fällt das Fazit gemischt aus: „Wir haben 20 Fahrzeuge angehalten und alle Paprika verteilt, sowohl die grünen als auch die roten“, berichtet die Koordinatorin. Die erste Reaktion der Autofahrer sei bei allen gleich gewesen: „Sie waren erstmal erschrocken, dachten, sie wären zu schnell gewesen und freuten sich nach der Aufklärung, wenn es eine grüne Paprika gab. Die meisten fanden es eine schöne Aktion der Kinder.“Ein anderer Fahrer hingegen, der den Zebrastreifen übersehen und eine Frau nicht hatte passieren lassen, wurde mit einer roten Paprika verwarnt und fand die Aktion wenig witzig. „Wirklich pampig ist aber keiner geworden. Ich denke, es hat bei allen Fahrern einen Eindruck hinterlassen, dass sie direkt von den Kindern angesprochen wurden. Die Kinder hatten Erfolgund den Erwachsenen bleibt es hoffentlich lange in Erinnerung“, hofft Wendel. Wiederholt werden soll die Aktion auf jeden Fall.