Warum die USA die Zinsen viel schneller erhöhen
Die US-Notenbank Fed hat soeben bereits zum dritten Mal die Leitzinsen heraufgesetzt. Und auch dies dürfte noch nicht der letzte Schritt in diesem Jahr gewesen sein. Höhere Zinsen sind gut für Investoren, aber schlecht für die Exportwirtschaft. Und auch f
DÜSSELDORF Monatelang waren 2021 die Zentralbanker in der Eurozone und den USA bei ihrer Geldpolitik in schwer erträglicher Untätigkeit vereint. Doch als in den Vereinigten Staaten schon zum Ende des vergangenen Jahres die Inflation die Acht-Prozent-Marke übersprang, war die Notenbank Fed zum Handeln gezwungen. Im März war die Teuerung schon bei 8,5 Prozent angekommen, aktuell liegt sie bei 8,6 Prozent, mehr als einen halben Prozentpunkt über der in Deutschland. In Amerika wird schon lange nicht mehr über das Für und Wider von Zinserhöhungen geredet, sondern nur noch über deren Zahl in diesem Jahr und das Ausmaß.
Am Mittwochabend hat die Fed ein weiteres Mal die Zügel angezogen, zum dritten Mal in diesem Jahr und mit höherem Tempo. Der Leitzins stieg um 0,75 Prozentpunkte und liegt jetzt in einer Spanne zwischen 1,5 und 1,75 Prozent, und man darf davon ausgehen, dass das nicht der letzte Schritt in diesem Jahr gewesen ist. Den Amerikanern sind dann die Briten und überraschenderweise auch die Schweizer gefolgt. Wobei die Eidgenossen bei 2,9 Prozent noch eine vergleichsweise moderate Preissteigerung verzeichnen, in den USA werden 2022 wohl noch weitere Zinsschritte folgen. Wenn man den bisherigen Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell glauben darf. Und das wird 2023 wohl noch weitergehen, während die EZB noch versucht, den Spagat zwischen dem Eindämmen der Inflation und der Vermeidung einer neuerlichen Schuldenkrise zu schaffen.
Dass die Amerikaner bei ihren Zinserhöhungen 2022 ein weitaus höheres Tempo anschlagen als die Europäer, hat unter anderem damit zu tun, dass sie nicht auf die unterschiedliche Verfassung einzelner Mitgliedstaaten Rücksicht nehmen müssen. Zudem ist der Preisdruck jenseits des Atlantiks noch stärker als bei uns. Die Konjunktur läuft besser, Bewerber können sich immer noch häufig die Jobs aussuchen und höhere Löhne fordern. Da ist der Weg in die Lohn-Preis-Spirale noch kürzer als in Deutschland, wo die Gefahr indes durch entsprechende Tarifabschlüsse wie zuletzt im Stahl auch gewachsen ist. Und dass die US-Wirtschaft floriert, hängt auch damit zusammen, dass die Amerikaner weitaus weniger als die Europäer von Energielieferungen aus Russland abhängig sind.
Für das Jahresende wird jedenfalls in den USA mit einem Leitzins von drei Prozent gerechnet. Ob er genau da liegt oder womöglich noch höher, ist nicht entscheidend. Die Commerzbank hat jüngst eine Analyse veröffentlicht, der zufolge der Zins im Frühjahr 2023 sogar die 3,5-Prozent-Marke erreicht haben könnte. Das könnte dann die Nachfrage in Amerika auch deutlich bremsen und die Investitionen der Unternehmen genauso. Und dies abseits der Auswirkungen, die der Krieg in der Ukraine
und Störungen in den globalen Lieferketten auf die immer noch größte Volkswirtschaft der Welt haben könnten. Die seien nach wie vor schwer abschätzbar, hat FedChef Powell jüngst erklärt. Er muss natürlich auch darauf achten, dass die drastische Kurskorrektur in der Geldpolitik das Wirtschaftswachstum nicht abwürgt und die Vereinigten Staaten in eine Rezession stürzt.
Bis die Inflationsgefahren eingedämmt sind, profitiert auf jeden Fall der Kurs des US-Dollar vom wachsenden Zinsabstand zwischen Amerika und Europa. Die europäische Gemeinschaftswährung hat seit Jahresbeginn gegenüber dem Dollar etwa acht Prozent an Wert verloren. Für institutionelle Anleger sind Investments in die amerikanische Währung deutlich attraktiver geworden als in sicher erscheinende Staatspapiere aus der Alten Welt.
Aber: Umgekehrt erzielen viele amerikanische Konzerne große Teile ihres Umsatzes außerhalb der USA. Ein steigender Dollar bedeutet daher für sie: Der Wert ihres im Ausland verdienten Geldes sinkt. Und die amerikanischen Exporte werden mit steigendem Dollar-Kurs teurer und sind damit ein Nachteil für die Ausfuhrunternehmen. Zudem könnte das Geschäft mit ausländischen Touristinnen und Touristen unter einem starken Dollar leiden. Denn für die werden Ferien in Amerika kostspieliger. Zu guter Letzt hat der Dow Jones binnen einer Woche mehr als siebeneinhalb Prozent verloren, weil die Börsianer darüber spekulierten, ob die Fed die Zinsen sogar um 0,75 Prozent erhöhen könnte. Mit steigenden Zinsen verlieren Aktien im Vergleich zu anderen Anlageformen nämlich an Attraktivität.
Deutliche Nachteile für US-Unternehmen und Kursverluste an der Börse – das sind zwei Argumente, die die Amerikaner bei ihrer Zinssteigerungswelle im Auge behalten müssen. Dass sie diese stoppen werden, erscheint trotzdem kaum vorstellbar.